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Festschrift der Helmholtz-Gemeinschaft

63 GESPRÄCH MIT JÜRGEN MLYNEK ÜBER SEINE ZEIT ALS PRÄSIDENT DER HELMHOLTZ-GEMEINSCHAFT DEUTSCHER FORSCHUNGSZENTREN VON 2005 BIS 2015 Herr Mlynek, als Sie 2005 Präsident der Helmholtz-Gemein- schaft wurden, kamen Sie von der Humboldt-Universität. Worin unterschieden sich Universität und Forschungsorga- nisation? Jürgen Mlynek ln der Helmholtz-Gemeinschaft herrschte mehr Strategie- und Entscheidungsfähigkeit, mehr Umsetzungsstärke. Man konnte stärker darauf vertrauen, dass wirklich das beste Sachargument zählt, was in einer Gruppenuniversität mit sehr unterschiedlichen Partikularinteressen nicht immer der Fall war und ist. Sicher kam hinzu, dass das Themenspektrum der Helm- holtz-Gemeinschaft dichter an dem dran war, was mich als Naturwissenschaftler fachlich interessiert. Schließlich war es auch die Größe der Aufgabe, die mich reizte, da ich schon immer ein Freund von „groß denken, groß handeln“ war. Damals ver- fügten wir über einen Haushalt von rund 2,5 Milliarden Euro, was schon zu dieser Zeit eine große Summe war. Jetzt haben wir einen 3,9 Milliarden-Euro-Jahreshaushalt. Ich hatte das Gefühl – Helmholtz war ja noch nicht so bekannt, auch nicht als Marke –, dass diese Forschungsorganisation großes Potenzial besitzt, einen besonderen Beitrag zum Forschungsstandort und auch zum Wirtschaftsstandort Deutschland zu leisten. Von daher gab es wirkliche Gestaltungsspielräume, nicht nur finanzieller Art, die ich an der Universität so nicht kannte. Dort gab es Spar- diktate der Landespolitik mit der Notwendigkeit, damit verbun- dene einschneidende Strukturmaßnahmen zu realisieren. Dagegen stand bei den außeruniversitären Forschungseinrich- tungen zu der Zeit bereits der erste Pakt für Forschung und Innovation an mit für fünf Jahre gesicherten Jahresbudgets und einem dreiprozentigen Mittelaufwuchs pro Jahr, eine im Ver- gleich zu den Universitäten geradezu paradiesische Situation. Ernüchternd war, als ich feststellen musste, dass ich bei Helm- holtz endgültig in der Welt der Erwachsenen angekommen war. Das heißt, der unmittelbare Kontakt mit Studierenden und jungen Leuten fehlte mir nun. Das war etwas, woran ich mich gewöhnen musste. Und wie würden Sie die Atmosphäre damals, die Stimmung in der Helmholtz-Gemeinschaft beschreiben? Jürgen Mlynek Neugierig, abwartend, teilweise auch skeptisch, aber … erwartungsvoll wohlwollend. Schließlich hatten mich die Mitglieder ja einstimmig gewählt. Wohlwollend? Jürgen Mlynek Ja, erwartungsvoll wohlwollend. Die Frage stand im Raum, in welche Richtung Helmholtz sich als Gemeinschaft weiterentwickeln sollte. Die auf Empfehlung des Wissenschafts- rats 2001 von der Bundespolitik beschlossene Helmholtz-Reform lag noch nicht lange zurück. Die erste Runde der Programm- orientierten Förderung war zwar gelaufen, wurde aber in der Gemeinschaft nach wie vor skeptisch beurteilt. Von daher gab es Offenheit für einen Präsidenten, der als ausgewiesener Wis- senschaftler von außen kam und einen frischen Blick auf die Gemeinschaft werfen konnte. Zudem erkannte die Gemein- schaft, dass die Kooperationen mit den Universitäten gestärkt werden mussten, was ja auch eine Absicht der Helmholtz-Reform war. Die Wahl eines auch im Kampf mit der Politik erprobten Universitätspräsidenten war daher aus meiner damaligen Sicht fest mit der Erwartung der Helmholtz-Zentren verbunden, dass das der Organisation am Ende vielleicht ganz guttun würde. Welche Herausforderungen standen vor der Gemeinschaft? Jürgen Mlynek Die Mission der Helmholtz-Gemeinschaft hat mich von Anfang an überzeugt: Das ist heute übrigens mehr denn je so. Mir war aber relativ schnell klar, dass wir die wissenschaft- lichen Inhalte unserer Arbeit noch stärker in den Vordergrund stellen mussten. Also die Frage: Haben wir eigentlich die richti- gen Themen, nicht zuletzt unter strategischen Gesichtspunkten? Und dann die Qualitätsfrage: Wie stehen wir mit unserer For- schung da, und zwar nicht nur im nationalen, sondern auch im internationalen Vergleich. Verfügen wir über die entsprechen- den Forschungsinfrastrukturen, um unsere ambitionierten Forschungsziele erreichen zu können? Und schließlich: Haben wir die richtigen Leute dafür? Rekrutieren wir adäquat, auf allen Ebenen – von den Nachwuchswissenschaftlern bis hin zu den Spitzenforschern und Spitzenforscherinnen? Wie gehen wir überhaupt mit dem Thema „Talentmanagement“ um, eine Frage, die später unter anderem zur Gründung der Helmholtz-Akademie führte im Sinne der Professionalisierung von Führungsaufgaben. Sie legten also ein starkes Gewicht auf die inhaltlichen Fragen? Jürgen Mlynek Ich wollte das liefern, was die Mission verspricht – und die Mission von Helmholtz galt schon damals so wie heute und das ist nach wie vor eine Herausforderung: nämlich, Bei- träge zu leisten zur Lösung großer gesellschaftlicher Fragen durch strategisch ausgerichtete Forschung im nationalen Auf- trag. Das hieß 2005 schon Spitzenforschung. Hinzu kam die Strukturfrage: Damit meine ich einerseits die Gemeinschafts- ebene, andererseits die Ebene der rechtlich selbstständigen Zentren. Mit diesem Spannungsfeld teilweise unterschiedlicher Interessen musste man umgehen, was übrigens bis heute gilt. In jedem Fall galt es, das vorhandene Synergiepotenzial in den Forschungszentren zusammenzuspannen, um hier einen Mehrwert im nationalen Interesse auch unter strategischen

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