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Festschrift der Helmholtz-Gemeinschaft

26 Zusammenarbeit zwischen dem DESY in Hamburg und dem Zeuthener Akademieinstitut für Hochenergiephysik,61 die nach dem Mauerbau faktisch eingestellt wurde und Mitte der 1980er Jahre auf der Grundlage eines Kooperationsabkommens aber wieder intensiviert wurde, sodass über 20 Zeuthener Physiker am HERA-Experiment beteiligt waren – eine für die deutsch-deutschen Wissenschaftsbeziehungen beispiellos enge Kooperation. Gleichwohl waren die deutsch-deutschen Wissenschaftskoope- rationen für die westdeutschen Großforschungseinrichtungen weder hinsichtlich ihrer Quantität noch in Bezug auf die Qualität mit den anderen internationalen Kooperationsbeziehungen ver- gleichbar, sodass man sie – wie die deutsch-deutschen Bezie- hungen generell – auch als „Sonderbeziehungen“ charakterisie- ren könnte. Die Maueröffnung im November 1989 und der Demokratisierungsprozess in der DDR änderten die Situation grundlegend und wischten alle politischen Restriktionen vom Tisch, die einer Normalisierung und umfassenden Ausdehnung der deutsch-deutschen Wissenschaftsbeziehungen bisher im Wege gestanden hatten. Rasch wurde eine Fülle neuer Ver- bindungen geknüpft, die von wechselseitigen Informationsbesu- chen und Gastaufenthalten über Gerätehilfen zur Modernisie- rung der instrumentellen Ausstattung der Institute bis hin zur Vergabe spezieller Forschungsaufträge reichten. Beispielsweise wurde bereits Anfang 1990 ein erstes gesamtdeutsches Patent an die GBF in Braunschweig und das Jenaer Zentralinstitut für Mikrobiologie und Experimentelle Therapie erteilt. Im Februar 1990 gab es etwa 40 konkrete Kooperationsvereinbarungen, deren thematische Schwerpunkte in der physikalischen Grund- lagenforschung, Reaktorsicherheit, Umweltforschung, Bio- technologie, Informationstechnologie, Material- und Gesund- heitsforschung lagen. Das finanzielle Volumen der von den Großforschungseinrichtungen geleisteten Unterstützungen belief sich für die Jahre 1990 und 1991 auf etwa 20 Millionen DM. Darin eingeschlossen war auch ein Expertenservice der AGF, der die Forschungsverwaltungen von außeruniversitären Einrichtun- gen der DDR bei der Modernisierung des Institutsbetriebs und der Einpassung in die Forschungslandschaft der Bundesrepublik beraten und unterstützen sollte. In der DDR hatte das Forschungs- und Innovationssystem auf den drei Säulen Universität, Akademie der Wissenschaften und Industriekombinat basiert und sich in seiner Konzentration fundamental von der institutionell und funktional ausdifferen- zierten Wissenschaftslandschaft der Bundesrepublik unterschie- den. Damit war die Zusammenführung so unterschiedlicher Forschungssysteme eine der kompliziertesten Aufgaben des Prozesses der deutschen Wiedervereinigung. Während die For- schung in den Kombinaten mit der Transformation der DDR- Wirtschaft faktisch eliminiert wurde, erhielt der Wissenschafts- rat nach Artikel 38 des Einigungsvertrags vom 23. September 1990 die Aufgabe, die außeruniversitäre Forschung intensiv zu begutachten. Dezidiertes Ziel dieser Evaluierung war es, die Forschung in der DDR in die föderal strukturierte gesamtdeut- sche Wissenschafts- und Innovationslandschaft zu integrieren, auf die konstituierenden Grundsätze der Autonomie, Selbstver- waltung und Subsidiarität zu verpflichten und in Kapazitäten und Ressourcen anzupassen. Im Zentrum der Evaluierung stand dabei das institutionelle Rückgrat der außeruniversitären Forschung in der DDR, die Akademie der Wissenschaften.62 Der Einigungsvertrag und die ihm vorausgegangenen Diskussio- nen sahen für das vereinigte Deutschland eine einheitliche Forschungslandschaft vor, die sich im Wesentlichen an der alten Bundesrepublik zu orientieren hatte. Damit war auch die Grün- dung von Großforschungseinrichtungen in den neuen Bundes- ländern vorgegeben. Zwar findet sich verschiedentlich die apo- diktische Feststellung, dass es in der DDR keine Großforschung gegeben habe, doch existierte mit dem 1956 in Dresden- Rossendorf gegründeten Zentralinstitut für Kernphysik zumin- dest eine Einrichtung, die den klassischen Kriterien der Groß- forschung entsprach.63 Das Zentrum in Rossendorf war sowohl hinsichtlich des Zeitpunkts als auch der Intentionen seiner Gründung ein Pendant der westdeutschen Großforschungszen- tren in Karlsruhe und Jülich. Insofern war es wohl kein Zufall, wenn es im Winter 1989/90 in Dresden erste Überlegungen gab, aus den Akademieinstituten für Kernforschung, für Fest- körperphysik und Werkstoffforschung und Teilen des Zentral- instituts für Kybernetik und Informationsprozesse eine Großfor- schungseinrichtung zu bilden. Für Dresden sprach auch, dass am Standort mit der Technischen Universität ein leistungs- fähiger Partner im Hochschulbereich existierte und der im Frühjahr 1990 gegründete Freistaat Sachsen seine forschungs- politischen Interessen an der Einrichtung eines Großforschungs- zentrums in seiner Hauptstadt artikuliert hatte. Zur Gründung Die DESY-Direktoren Volker Soergel (li.) und Paul Söding (re.) mit dem Direktor des Akademieinstituts für Hochenergiephysik Karl Lanius (Mi.) bei der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung, Hamburg 18. August 1988. Foto: DESY Die Helmholtz-Gemeinschaft in historischer Perspektive

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