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Festschrift der Helmholtz-Gemeinschaft

17 Ansicht des CERN bei Genf, um 1964. Foto: CERN Innenaufnahme aus dem Kontrollraum der Helios-Mission (Sonnensonde), Raumfahrt- kontrollzentrum des Forschungszentrums Oberpfaffenhofen, 1974. Foto: DFVLR/DLR Direktor des Heidelberger MPI für Kernphysik und in den 1950er Jahren langjähriger Forschungsdirektor des CERN, lag das Erfolgsgeheimnis der Genfer Organisation darin begründet, dass sie auf einzigartige Weise allein von den Wissenschaftlern ohne große Einflussnahme der Politik bestimmt worden sei.25 Betrach- tet man die Gründungsgeschichte des CERN näher, so wird rasch deutlich, dass auch das CERN ein typisches Kind des Kalten Krieges war, bei dessen Etablierung die USA bestrebt waren, ihre wissenschaftlich-technische Hegemonie in Europa zu stabilisieren. Ebenso fällt auf, dass selbst die Schweiz mit ihrem Angebot, dem Zentrum eine Heimstätte zur Verfügung zu stellen, manifeste politische Interessen verband.26 Mehr noch als auf das CERN schlugen nationalstaatliche Interessen auf die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) durch, und viele sinnvolle Initiativen und Projekte wurden durch partikulare Inter- essen blockiert.27 Als erstrangiges Hemmnis erwies sich zudem die Orientierung am Prinzip des „juste retour“, dem zufolge möglichst viel von dem Geld, das die einzelnen Staaten in den gemeinsamen europäischen Topf einzahlten, in Form von Projek- ten und Aufträgen wieder an „ihre“ Wissenschaftler und Unter- nehmen zurückfließen sollte. Auf das Ganze gesehen entwickelte sich die Wissenschaft dennoch zu einer wirkungsmächtigen Triebfeder der europäischen Integration, wie vor allem der Auf- bau der europäischen Weltraum- und Raumfahrtforschungs- organisationen European Space Research Organisation (ESRO) und European Launcher Development Organization (ELDO) zu Beginn der 1960er Jahre zeigen sollte. Auch die Geschichte der europäischen Raumfahrt war in ihrem ersten Jahrzehnt ein Lehr- stück für die Beharrungskraft nationaler Interessen, und es bedurfte eines zweiten Anlaufs, ehe 1972 mit der European Space Agency (ESA) eine Organisationsform gefunden wurde, die ein effektives wissenschaftliches und technisches Arbeiten jenseits partikularer Interessen ermöglichte.28 In der Bundes- republik beschleunigte die europäische Zusammenarbeit in der Raumfahrt die Suche nach einer adäquaten Form der Institutio- nalisierung der Luft- und Raumfahrtforschung. Nach zwei Jahr- zehnten zähen Ringens gelang es schließlich 1968/69, die Vor- behalte der Wissenschaftler wie auch der Bundesländer gegen den neuerlichen Machtzuwachs des Bundes zu beseitigen und jenes halbe Dutzend von Forschungseinrichtungen in der Dach- organisation DFVLR (ab 1990 DLR) zu fusionieren. Freilich ist das Management der Großprojekte der Raumfahrt ein Struktur- problem bundesdeutscher Großforschung geblieben, für das sich bis heute noch keine alle Beteiligten befriedigende Lösung gefunden hat.28 Ohnehin kann man zur Mitte der 1980er Jahre eine Zäsur in der Geschichte der Großforschung ansetzen. Der Bericht der Bundesregierung vom April 1984 über „Status und Perspektiven der Großforschungseinrichtungen“ führte zur einer Neubestim- mung der Aufgaben und Ziele der Großforschung im bundes- deutschen Wissenschafts- und Innovationssystem. Im Grunde genommen wurde eine Entwicklung nachgeholt, die in den USA bereits abgeschlossen war: die Festlegung der Großforschung auf die Funktion eines Frühwarnsystems, das die Chancen und Risiken neuer Technologien antizipieren und zur Beantwor- tung gesellschaftlich wichtiger Fragestellungen beitragen sollte. Großforschung wurde nicht mehr inhaltlich über Programme (Kernforschung, Weltraumforschung, Datenverarbeitung, Polar- forschung etc.) definiert, sondern methodologisch über die Fähigkeit zur Untersuchung großer, komplexer Systeme mit den Mitteln interdisziplinärer Teamarbeit und zum Management aufwendiger technischer und wissenschaftlicher Infrastruktur. Aus historischer Sicht kann die Bedeutung dieser Neubestim- mung der Großforschung kaum überschätzt werden. Ihre unge- sicherte Position im Spannungsfeld von politischen, ökonomi-

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