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Festschrift der Helmholtz-Gemeinschaft

50 GESPRÄCH MIT JOACHIM TREUSCH ÜBER SEINE ZEIT ALS ERSTER VORSITZENDER DER HELMHOLTZ-GEMEINSCHAFT DEUTSCHER FORSCHUNGSZENTREN VON 1995 BIS 1997 Herr Treusch, wie sind Sie zur Helmholtz-Gemeinschaft gekommen? Joachim Treusch Von 1984 bis 1986 bin ich in meiner Funktion als Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft zu den Jahresversammlungen aller großen Wissenschaftsgesellschaften gefahren. Auf diese Weise war ich auch bei der Arbeitsgemein- schaft der Großforschungseinrichtungen (AGF) zu Gast, bevor ich selbst Mitglied wurde. Darüber hinaus war ich seit 1979 im Gemeinsamen Wissenschaftlichen Beirat der Institute für Festkörperphysik der Max-Planck-Gesellschaft und der Kernfor- schungsanlage Jülich (KFA), heute Forschungszentrum Jülich, einem Mitglied der AGF, der späteren Helmholtz-Gemeinschaft. Später wurde ich als Vorstandsmitglied der KFA vorgeschlagen und war zuständig für die Physik und die neu eingerichtete Infor- mationstechnik. Von da an war ich also mittendrin. Das war mein endgültiger Übergang in das Wissenschaftsmanagement und ich habe das nie bereut. Wie sahen Sie in dieser Zeit die Situation der AGF? Joachim Treusch Ich habe 1987 angefangen. Damals bestimmten zwei Ereignisse die Stimmung unter den Großforschungszentren: Das erste war die Ermordung von Karl Heinz Beckurts. Die hat die Menschen in den Zentren massiv berührt. Zwar war Beckurts zu dieser Zeit schon lange im Vorstand von Siemens, doch hatte er als langjähriger Vorstand der KFA Jülich die AGF stark mitgeprägt. Der zweite Einschnitt war der Reaktorunfall in Tschernobyl und die damit verbundene Nuklear-Problematik in der Bundesrepublik. Kurz gesagt: Die Großforschung war zu der Zeit, als ich in die Gemeinschaft kam, weder in guter Form noch hoch angesehen in der Gesellschaft und den Medien. Die vorherrschende Meinung war, dass Großforschung etwas von gestern sei. Und wie waren Großforschung und Kernforschung verknüpft? Joachim Treusch Die ersten Forschungszentren (Karlsruhe, Jülich und Geesthacht) waren für die Forschung auf diesem Gebiet gegründet worden. War die Erweiterung der AGF durch neue Forschungszentren in den fünf neuen Bundesländern nach 1989 politisch gesteuert oder setzte sich die Organisation durch, die die besten Ideen oder Kontakte hatte? Joachim Treusch In der ehemaligen DDR gab es einige fachlich wirklich großartige Akademie-Institute, die unbedingt gerettet werden mussten. Wir haben zum Beispiel von Jülich aus das sehr gute Festkörper-Institut in Dresden unterstützt. Das fand alles sehr unkonventionell statt und hat sich gelohnt. Umwelt und Geoforschung wurden politisch wichtig und so war es für uns eine Möglichkeit, auf relativ einfache Weise etwas Richtiges zu tun und mit Potsdam, Leipzig und Halle gleich drei Bundesländer zu versorgen und eine gute Struktur aufzubauen. Die Geofor- schung von Potsdam und die Umweltforschung von Halle-Leipzig passten gut ins Portfolio der Großforschungseinrichtungen. Das war für unsere Mitgliedszentren evident. Und dass auch in Berlin ein Standort sein sollte, war ebenso klar. Da bot sich eigentlich nur das spätere Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch an. Insbesondere vom Deutschen Krebsfor- schungszentrum wurde das neue Zentrum als erwünschte Erwei- terung der AGF betrachtet. Das Wachsen der Arbeitsgemeinschaft war also der besonderen Situation nach der Wende geschuldet. Hatte die AGF denn vor zu wachsen? Joachim Treusch Eigentlich bestand dafür in dieser Zeit kaum Spiel- raum: Um eine 90:10-Finanzierung, also 90 Prozent vom Bund und zehn Prozent vom Land, zu erhalten und ein neues, großes Institut zu gründen, musste man nicht nur eine Gründungsidee haben, sondern auch bereitwillige Geldgeber. Doch bereits zu Beginn der 1980er Jahre waren die Interessen der Bundesländer weitgehend ausgehandelt und das Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) mit seinen nationalen und internationalen Verpflichtungen ausgelastet. Deshalb bedeutete die Erweiterung der AGF um die neuen Zentren eine starke finanzielle Belastung für die bestehenden Zentren.

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