
Story #25
Teilchen im Plasma-Turbo: Laserbeschleuniger für Physik und Medizin
Teilchenstrahlen auf kürzesten Strecken auf nahezu Lichtgeschwindigkeit zu bringen — das ist keine Science-Fiction, sondern dank Hochleistungslasern bereits Realität in der Plasmabeschleunigung. Diese zukunftsweisende Technologie eröffnet spannende Perspektiven für Grundlagenforschung, Medizin und Trägheitsfusion.
Seit fast zwanzig Jahren arbeiten Wissenschaftler:innen am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) an der Entwicklung kompakter, laserbasierter Teilchenbeschleuniger. Dabei nutzen sie extrem intensive Lichtpulse, um Plasmawellen zu erzeugen, die geladene Teilchen auf hohe Geschwindigkeiten bringen. Ursprünglich standen diese kompakten Protonenstrahlen vor allem im Fokus innovativer Krebstherapien. Einen entscheidenden Meilenstein konnten die Forscher:innen im Jahr 2012 erreichen, als ihnen die erste dosiskontrollierte Bestrahlung von Tumorzellen gelang. 2021 folgten die erfolgreiche Bestrahlung sowie Kontrolle von Tumoren in Mäusen.
Möglich machte diese Fortschritte die kontinuierliche, gemeinsame Weiterentwicklung von Hochleistungslasern und Teilchenbeschleunigern bei Helmholtz. Dadurch erreichten die Forscher:innen 2020 einen bedeutenden Durchbruch: einen deutlichen Anstieg der Protonenenergien und ihrer Stabilität. Die erzeugten Protonenpulse sind nicht nur extrem intensiv, sondern auch sehr kurz. Deshalb können sie biologisches Gewebe mit einer bisher unerreicht hohen Dosisleistung bestrahlen. Dies könnte die sogenannte FLASH-Bestrahlung zu einem vielversprechenden Ansatz für eine präzisere Tumorbehandlung machen, die gesundes Gewebe schont.
Extreme Zustände im Labor
Mit ihrem Hochleistungslaser DRACO haben die HZDR-Wissenschaftler:innen so neue Maßstäbe gesetzt. Vergleichbare Systeme haben sich inzwischen weltweit als zuverlässige Werkzeuge zur Erzeugung von lasergetriebenen Protonen- und Elektronenstrahlen etabliert. Der energieeffiziente PENELOPE-Laser soll künftig noch höhere Protonenenergien liefern und die Plasmabeschleunigung vorantreiben. Auf dieser Grundlage wollen das HZDR, das Helmholtz-Institut Jena, das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung und das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) im Projekt ATHENA eine breit angelegte Plattform für innovative Laserbeschleunigertechnologien schaffen.
Die geplanten Anwendungen reichen von kompakten Elektronenbeschleunigern als Injektoren für Speicherringe und Lichtquellen (DESY) bis hin zum direkten Einsatz als Treiber Freier-Elektronenlaser (HZDR). In den vergangenen Jahren konnten hier dank Methoden des maschinellen Lernens erhebliche Fortschritte erzielt werden, insbesondere zur Stabilisierung nichtlinearer Plasmaprozesse.
Gerade dieses Verhalten dynamischer Plasmainstabilitäten spielt eine Schlüsselrolle für Beschleunigertechnologien, astrophysikalische Prozesse und die Entwicklung von Fusionsreaktoren. Seit einigen Jahren erforschen Wissenschaftler:innen diese Phänomene an der Helmholtz International Beamline for Extreme Fields (HIBEF). Dort kombinieren sie Theorie, Simulation und Experiment, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Laser und Plasma besser zu verstehen. Dafür nutzen sie am European XFEL kohärente Röntgenpulse, um Festkörperplasmen in bislang unerreichter Auflösung zu untersuchen.
Mit all diesen Ansätzen treiben die Forscher:innen der Helmholtz-Gemeinschaft die Plasmabeschleunigung entscheidend voran – für präzisere Krebstherapien und ein besseres Verständnis der extremen Zustände von Materie.
Bild: Frank Bierstedt/HZDR
Beteiligte Zentren
Wie lassen sich Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig nutzen? Wie können wir Krebserkrankungen besser visualisieren, charakterisieren und wirksam behandeln? Und Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen? Es sind genau solche Fragen, die die Wissenschaftler*innen des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) antreiben.