
Story #21
Im Kampf gegen Katastrophen: Das Tsunami-Frühwarnsystem GITEWS
Nach der Tsunami-Katastrophe 2004 hat das GFZ gemeinsam mit anderen Forschungszentren ein Frühwarnsystem für den Indischen Ozean entwickelt. Heute sind dadurch auch zahlreiche andere Küsten besser auf solche Naturgefahren vorbereitet. Und auch das Monitoring von Vulkanen und Infrastruktur profitiert.
Die Welt stand unter Schock: Eine Viertelmillion Menschen waren innerhalb eines Tages durch das Erdbeben und die Tsunamiwellen in den Tod gerissen worden. Am 2. Weihnachtsfeiertag 2004 hatte sich vor der Küste Sumatras ein Megabeben der Stärke 9,3 ereignet, das den Ozeanboden auf 1400 Kilometer Länge ruckartig anhob. Ein Tsunami breitete sich daraufhin im Indischen Ozean bis nach Ostafrika aus und traf an den Küsten vielerorts auf unvorbereitete Menschen.
Noch unter dem Eindruck des Geschehens erarbeiteten Forschende des GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung mit Kolleg:innen anderer Einrichtungen in den Tagen nach der Katastrophe ein Konzept für ein Frühwarnsystem, um die Folgen solcher Ereignisse künftig zu mindern. Bis dahin hatten lediglich Japan und die USA Tsunami-Frühwarnsysteme für den Pazifik betrieben.
Die Bundesregierung beauftragte bereits im Januar 2005 ein Konsortium aus neun Partnern unter Leitung des GFZ mit der Entwicklung eines deutsch-indonesischen Tsunami-Frühwarnsystems, GITEWS (German-Indonesian Tsunami Early Warning System) genannt. Maßgebliche wissenschaftliche Partner waren das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI), das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (damals Leibniz-Institut für Meeresforschung IfM-GEOMAR) und das Helmholtz-Zentrum Hereon (damals GKSS-Forschungszentrum Geesthacht). Eine wichtige Rolle spielte auch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Herzstück des Frühwarnsystems ist eine eigens entwickelte Software: SeisComP analysiert Daten von Hunderten Erdbeben-Messstationen in der Region und erkennt Beben, die Tsunamis auslösen könnten. Gekoppelt mit Tsunami-Simulationen und einem Entscheidungsunterstützungssystem kann so innerhalb von Minuten im Frühwarnzentrum in Jakarta Alarm ausgelöst werden. Dort entscheiden Expert:innen, ob sie eine Warnung herausgeben. GITEWS ging 2008 in Betrieb und wurde 2011 an Indonesien übergeben. Seitdem heißt es InaTEWS (Indonesia Tsunami Early Warning System).
Das Tsunami-Frühwarnsystem hat mehrere Tausend Beben analysiert und vor gut einem Dutzend Tsunamis erfolgreich gewarnt. Es gab allerdings auch Tsunamis, vor denen es nicht oder nicht rechtzeitig gewarnt hat, vor allem, wenn die Wellen nur wenige Minuten nach dem auslösenden Beben die Küsten erreichten – noch bevor Warnungen ankommen konnten.
SeisComP wiederum, die Software zum seismischen Monitoring, wird seit 2009 sehr erfolgreich von einer Ausgründung des GFZ, der Firma gempa, weiterentwickelt. Das Programm wurde nicht nur in viele der seither entwickelten Tsunami-Frühwarnsysteme weltweit übernommen, sondern wird mittlerweile auch für das Monitoring von Vulkanen und kritischen Infrastrukturen eingesetzt.
Und die Helmholtz-Forschung zu Tsunamis geht weiter. Das Anfang 2025 gestartete Projekt SAFAtor (SMART Cables And Fibre-optic Sensing Amphibious Demonstrator) etwa nutzt Unterwasser-Telekommunikationskabel als Dehnungssensor und stattet sie zudem mit weiteren Sensoren aus, um Erdbebenzonen, Vulkane oder Ozeane zu überwachen. Das federführende GFZ arbeitet dabei eng mit dem GEOMAR und weiteren Partnern zusammen.
Bild: GITEWS
Beteiligte Zentren
Das GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung ist Deutschlands nationales Zentrum für die Erforschung der festen Erde. Mit mehr als 1.500 Mitarbeiter:innen erforscht das GFZ die physikalischen, geologischen, chemischen und mineralogischen Eigenschaften unseres Planeten.