
Story #03
Wie die MOSAiC-Expedition dabei hilft, die Arktis besser zu verstehen
Das Meereis der Arktis schwindet dramatisch – mit Folgen für den gesamten Planeten. Bei der größten Arktisexpedition der Geschichte haben Forscher:innen an Bord der Polarstern deshalb untersucht, wie Atmosphäre, Eis und Ozean mit unserer Lebenswelt wechselwirken. Die Ergebnisse verbessern nun globale Klimamodelle.
Die menschgemachte Klimaerwärmung trifft die Arktis besonders stark: Das Eis dort zieht sich in bedrohlichem Tempo zurück. Um Klimaprozesse dort besser zu verstehen, müssen wir dort ganzjährig Daten erfassen. Doch die zentrale Arktis ist im Winter nicht leicht zu erreichen.
Der Forschungseisbrecher Polarstern ließ sich deshalb im Herbst 2019 im arktischen Eis an einer Scholle einfrieren und dann ein Jahr lang mit der natürlichen Eisdrift quer durch den arktischen Ozean treiben. 442 Menschen nahmen an der Expedition teil – der größten in der Geschichte der Arktisforschung. Heute kann deshalb eine ganze Generation von Forscher:innen einen einmaligen Datenschatz aus der Arktis nutzen.
Dieser immense wissenschaftliche Erfolg fußt auf der Arbeit zahlreicher Helmholtz-Wissenschaftler:innen: Rund zehn Jahre vergingen von der ersten Projektidee bis zum Start der MOSAiC-Expedition: Wissenschaftliche Fragestellungen mussten erarbeitet, Messungen vorbereitet werden – und auch die logistische Organisation war bei diesem Mammut-Vorhaben eine Herausforderung.
Federführend war dabei das Alfred-Wegener-Institut (AWI): Das Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung koordinierte die Expedition, an der sich neben der Polarstern als zentralem Observatorium sechs weitere Schiffe und mehrere Flugzeuge sowie mehr als 80 Institutionen aus 20 Ländern beteiligten. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt lieferte höchstauflösende Radaraufnahmen der Arktis, die dann mit den parallel aufgenommenen In-situ-Daten analysiert werden konnten. Wissenschaftler:innen vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, und vom GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung gehörten zu den Teams, die biogeochemische Kreisläufe erforschten.
MOSAiC - ein Überblick
Rund um das Schiff wurde ein Forschungscamp auf dem Eis errichtet. So konnten Beobachtungsdaten aus der arktischen Atmosphäre, aus Eis und Schnee sowie aus dem Ozean darunter erhoben werden. Über einen vollen Jahresverlauf hinweg konnte das MOSAiC-Team so das Epizentrum des Klimawandels präziser erforschen, als es jemals zuvor möglich war, und damit das Wissen um das Klimasystem der Erde und seine Veränderungen einen entscheidenden Schritt weiterbringen.
Heute stehen die erhobenen Daten der Öffentlichkeit zur Verfügung: Mehr als 200 wissenschaftliche Veröffentlichungen wurden mit ihrer Hilfe bereits publiziert, darunter zahlreiche wegweisende Studien. So zeigt zum Beispiel die Auswertung von meteorologischen Daten und Modellrechnungen, dass sich der Ozonabbau im arktischen Polarwirbel bis zum Ende des Jahrhunderts noch intensivieren könnte, wenn eine schnelle und konsequente Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen ausbleibt.
20 Stürme fegten während der Expedition über die Scholle hinweg und bewegten warme Luftmassen in die zentrale Arktis. Die damit zusammenhängenden Wolken verursachten signifikante Verschiebungen in allen Komponenten der Oberflächenenergiebilanz und beeinflussten Temperatur, Wachstum und Schmelzen des Meereises.
Außerdem gelang der Nachweis, dass Photosynthese durch arktische Mikroalgen in der Natur auch bei extrem niedrigem Lichteinfall und damit bis in viel größere Tiefe stattfinden kann als bisher angenommen.
Im Sommer 2025 wird die Polarstern wieder das Meereis der zentralen Arktis erforschen und die MOSAiC-Daten bilden die Basis für vergleichende Studien.
Helmholtz steht für die zuverlässige Bereitstellung essenzieller Klimadaten für die Gesellschaft – und kann dieses Engagement auch zukünftig sicherstellen: Das AWI hat den Neubau der bereits über vierzigjährigen Polarstern beauftragt, und das neue Flaggschiff der deutschen Polarforschung soll im Jahr 2030 an die Wissenschaft übergeben werden.
Bild: AWI/Stefan Hendricks
Beteiligte Zentren
Die Wissenschaftler des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) erkunden Pole, Meer und Klima. Ihr Ziel ist es, die Veränderungen der globalen Umwelt und des Erdsystems zu entschlüsseln, die teils natürlich, teils durch den Menschen hervorgerufen sind.