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Open Access

Noch immer Hürden beim freien Zugang

Open Access, der freie Zugang zu wissenschaftlichen Informationen, verbessert die Sichtbarkeit von wissenschaftlichen Ergebnissen und erleichtert die Arbeit in digitalen Forschungsumgebungen. Bild: Pixabay/SCY

Die Umstellung des wissenschaftlichen Publikationssystems hin zu Open Access geht nur langsam voran. Eine Helmholtz-Studie zeigt nun die zentralen Hindernisse. Ein Kommentar von Heinz Pampel vom Helmholtz Open Science Koordinationsbüro.

Ein kultureller Wandel vollzieht sich in der Regel nicht von heute auf morgen. Dass das auch für das wissenschaftliche Publizieren zutrifft, zeigt jetzt eine Studie des Helmholtz Open Science Koordinationsbüros: Nur 40 Prozent der wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland bekennen sich demnach in einer Leit- oder Richtlinie zu Open Access, also dem freien Zugang zu wissenschaftlichen Artikeln. An der bisher umfangreichsten Umfrage zu Open Access in Deutschland beteiligten sich im Zeitraum September bis November 2018 insgesamt 403 Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Ressortforschungseinrichtungen. Angesichts einer Diskussion, die seit gut zwei Jahrzehnten um dieses Thema geführt wird, sind die Ergebnisse ernüchternd.

„Zwar betreiben bereits 59 Prozent der befragten Einrichtungen sogenannte Open-Access-Repositorien, über die sie Aufsätze ihrer Forscherinnen und Forscher, neben der Veröffentlichung in Open-Access-Zeitschriften, frei zugänglich machen. Eine große Herausforderung ist jedoch der Umgang mit Publikationsgebühren, über die sich viele Open-Access-Zeitschriften finanzieren. Hier werden unterschiedlichste Strategien parallel verfolgt: 44 Prozent der der befragten Institutionen finanziert die Open-Access-Publikationsgebühren über ihre zentralen Serviceeinrichtungen – etwa über den Bibliotheksetat. 47 Prozent der Institutionen werben dafür Drittmittel ein. Darüber hinaus geben 43 Prozent an, die Budgets der wissenschaftlichen Abteilungen, in denen die publizierenden Forscherinnen und Forscher arbeiten, auch zur Finanzierung von Publikationsgebühren zu nutzen. 

Will die Forschung jedoch mit Verlagen auf Augenhöhe verhandeln, muss sie alle Ausgaben an Verlage monitoren. Einen solchen Ansatz verfolgen aber aktuell, lediglich 21 Prozent der Einrichtungen, so die Studie, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des „Options4OA“-Projektes, gefördert wurde. In der Folge sind belastbare Aussagen über die finanzielle Dimension der Open-Access-Transformation an einer Einrichtung schwierig.

Die Unklarheit über die Kosten hemmt den Transformationsprozess. So erfassen beispielsweise nur 12 Prozent der Hochschulen und Forschungseinrichtungen die Ausgaben für „page charges“ oder „color charges“, die viele Verlage selbst im Zeitalter des digitalen Publizierens noch erheben. Erfahrungen des Forschungszentrums Jülich und anderer Helmholtz-Zentren zeigen jedoch, dass diese Kosten gerade für Publikationen in den MINT-Fächern deutlich ins Gewicht fallen, da hier solche Kosten – die zusätzlich zu den bereits sehr hohen Subskriptionskosten anfallen – recht verbreitet sind.

Verbunden mit der Erfassung der Kosten für das Open-Access-Publizieren ist auch die Notwendigkeit, den Anteil der Open-Access-Aufsätze am Publikationsaufkommen der Einrichtungen zu erheben. Allerdings gibt nur gut ein Drittel der befragten Institutionen an, die Quote ihrer Open-Access-Publikationen aktuell zu messen. Ohne diesen Indikator ist es allerdings kaum möglich, die Maßnahmen zur Förderung von Open Access zu bewerten.

Hinzu kommt, dass nur 15 Prozent der befragten Einrichtungen angeben, eine Strategie zur Gestaltung der Transformation hin zu Open Access zu verfolgen. 46 Prozent der Institutionen sehen keine Notwendigkeit für eine solche Strategie. Das irritiert! Das international beachtete DEAL-Projekt der Wissenschaftsorganisationen beispielsweise verdeutlicht, wie wichtig es ist Open Access als strategisches Handlungsfeld an einer wissenschaftlichen Einrichtung zu verankern – geht es doch um die Frage, wie eine Forschungseinrichtung mit dem an ihrer Institution gewonnen Wissen umgeht und den Transfer ihrer Ergebnisse in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sicherstellt. Soll die Umstellung hin zu Open Access von Kriterien wie der Schaffung eines nachhaltigen Publikationssystems geleitet werden, dann ist diese strategische Verankerung dringend notwendig.

Eine hohe Bedeutung für den Erfolg der Open-Access-Transformation schreiben die befragten Einrichtungen laut Studie folgenden Faktoren zu: Richt- und Leitlinien von Förderorganisationen (67 Prozent), Übernahme von Open-Access-Publikationsgebühren durch Förderorganisationen (64 Prozent) und Beteiligung der Institution an konsortialen Open-Access-Verträgen wie DEAL (58 Prozent). Mit dieser Einschätzung liegen die Einrichtungen völlig richtig. Der “Plan S”, in dem jüngst ein breites Bündnis von Forschungsförderorganisationen ankündigte, Open Access zur verpflichtenden Bedingung bei der Vergabe von Drittmittel zu machen, oder auch das DEAL-Projekt haben Open Access zu einem deutlichen Aufschwung verholfen.

Die Helmholtz-Gemeinschaft unterstützt Open Access neben der Beteiligung an DEAL durch vielfältige Aktivitäten. Für das Jahr 2017 sind aktuell 43 Prozent der Publikationen von Forscherinnen und Forschern der Helmholtz-Gemeinschaft ohne Paywalls der Verlage zugänglich - mehr als an vielen anderen Einrichtungen, jedoch noch zu wenig. Ziel von Helmholtz ist es, im Jahr 2020 einen Open-Access-Anteil von 60 Prozent zu erreichen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die Mehrheit der wissenschaftlichen Einrichtungen weiterhin viel zu zögerlich mit dem Thema Open Access befasst. Neben der strategischen Verankerung ist insbesondere die Anpassung interner Prozesse rund um die Erfassung der Kosten und Open-Access-Publikationsanteile ist jedoch entscheidend, um den Wandel hin zu Open Access zügig voranzubringen!

Korrigierte Version vom 03.09.2019

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