
Story #27
Unterwegs in die Zukunft der digitalen Neurowissenschaften
EBRAINS bietet Forscher:innen einen digitalen Zugang zum weltweit einzigartigen Gehirnatlas. Die Plattform treibt so das Wissen über unser Denkorgan voran – und hilft bei der Entwicklung neuer medizinischer und technologischer Anwendungen.
EBRAINS (European Brain Research Infrastructures) wurde im europäischen Human Brain Project entwickelt. Dieses Großprojekt der europäischen Forschung hat das globale Wissen über das menschliche Gehirn in Computermodellen und -Simulationen vereint. Fachleute des Forschungszentrums Jülich waren daran federführend beteiligt, Prof. Katrin Amunts leitete das Projekt zuletzt, das im Jahr 2023 nach zehnjähriger Laufzeit erfolgreich abgeschlossen wurde.
EBRAINS knüpft an diesen Meilenstein an: Die digitale Plattform bietet Forscher:innen aus aller Welt Zugang zu dem umfangreichen Wissen, das mit dem Human Brain Project gewonnen wurde. Das Projekt will so Forschung unterstützen, die zu einem noch tieferen Verständnis der Funktionsweise des Gehirns beiträgt, außerdem Kenntnisse daraus für Neurologie und Psychiatrie umsetzen und die Entwicklung von neuro-inspirierten Technologien, Robotik und KI vorantreiben.
Durch die kollaborative Plattform haben Wissenschaftler:innen der verschiedensten Disziplinen Zugriff auf Daten, Modelle und Software. Sie finden auf EBRAINS umfangreiche Datensätze, Analyse- und Simulationswerkzeuge und können eigene Daten mit der Community teilen. EBRAINS bietet auch einen Zugang zu Hochleistungsrechnern – zukünftig auch zu JUPITER, dem ersten europäischen Exascale-Rechner.
“Cracking the Code of the Brain” - Event Aftermovie
Zentraler Bestandteil von EBRAINS ist der Julich Brain Atlas mit hochaufgelösten 3D-Karten der zellulären Architektur von Nervengewebe für mittlerweile mehr als 230 Hirnareale: der weltweit detaillierteste Gehirnatlas, ein „Google Maps“ des menschlichen Gehirns. Er bildet Unterschiede in der Verteilung, Dichte und Gestalt von Zellen in dreidimensionalen Karten ab. Sie spiegeln so die Variabilität zwischen einzelnen Gehirnen wider und erlauben damit ein tieferes Verständnis des Organs. Das „BigBrain“, ein hochaufgelöstes Referenzgehirn, ist ebenfalls Teil des Atlas. Es wurde am Forschungszentrum Jülich in Kooperation mit der McGill University Montreal, Kanada, entwickelt.
Im 2024 gestarteten Projekt EBRAINS 2.0 vollzieht die Plattform den Übergang zu einer dauerhaften Forschungsinfrastruktur mit dem Ziel, weiterhin neue Standards für Gehirnatlanten zu setzen, multimodale neurowissenschaftliche und klinische Daten über das Gehirn miteinander zu verbinden und die Entwicklung von Computermodellierungen für sogenannte „Digital Twin“-Ansätze voranzutreiben.
Ihre Expertise aus der engen Zusammenarbeit von Hirnforschung und Computing in EBRAINS bringen die beteiligten Jülicher Wissenschaftler:innen im Joint Lab „Supercomputing and Modeling for the Human Brain“ ein, einer Programm-übergreifenden Zusammenarbeit im Helmholtz-Forschungsbereich Information.
EBRAINS wird von 59 Partnereinrichtungen aus 16 europäischen Ländern betrieben. Seit 2021 wird die digitale Plattform vom ESFRI-Strategieforum gefördert. Damit gehört EBRAINS zu den wichtigsten Forschungsinfrastrukturen Europas.
Bild: Markus Axer