Kometenlandung
"Wir sind nahe hundert Prozent"
500 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist das bisher spektakulärste Ereignis der unbemannten Raumfahrt geglückt. Trotz holpriger Landung und Energieknappheit haben alle zehn Instrumente des Kometenlanders Philae ihre Arbeit aufgenommen
Philae hat geliefert. "Alle zehn Experimente sind gelaufen und von allen gibt es Daten", erklärt Thomas Schütz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Dei Erleichterung ist groß, denn Philae ging der Strom aus. Aufgrund der ungünstigen Landeposition bekommen die Sonnensegel deutlich weniger Sonne als geplant. Nach dem Senden der Daten hat sich Philae in den Tiefschlaf verabschiedet.
Die Landung des Minilabors auf dem Kometen 67P war der Höhepunkt und das heikelste Manöver der gesamten Mission. Zehn Jahre lang flog die etwa 100 Kilogramm schwere Landeeinheit Philae huckepack mit der Raumsonde Rosetta durchs All. Dabei legte sie sieben Milliarden Kilometer zurück.
Am 12. November hatte Rosetta den Punkt erreicht, an dem sie den Lander mit einem leichten Schubs losgeschickt hatte. Von diesem Zeitpunkt an war Philae auf sich selbst gestellt – die Flugingenieure konnten die Flugbahn von Philae nun nicht mehr beeinflussen. Im Schritttempo sank der Lander etwa 22 Kilometer auf den Kometen hinab, dessen Oberfläche aus Kratern und zerklüfteten Tälern besteht. Auch in dem Gebiet, das die Wissenschaftler für die Landung ausgewählt haben, gibt es unwegsames Gelände. Wäre Philae ungünstig an einem Hang oder mit einem Bein auf einem Brocken gelandet, hätte der Lander umkippen und mit den Antennen nach unten liegen bleiben können. „In diesem Fall hätten wir nicht mehr mit ihm kommunizieren können. Das wäre das Ende der Mission gewesen“, sagt Lander-Projektleiter Stephan Ulamec vom DLR.
Neben den Unwägbarkeiten der Oberfläche war die stabile Verankerung von Philae auf dem Grund des Kometen mit zwei Harpunen die nächste große Herausforderung. Die Anziehungskraft von 67P ist so gering, dass die Sonde nach dem Aufsetzen wie ein Gummiball zurückspringt. Die Harpunen sollten Philae in der Oberfläche verankern. Offenbar hat die Zündung der Harpunen nicht funktioniert. Schon in der Nacht zu Mittwoch bemerkten die Wissenschaftler, dass sich auch eine Düse, die den Lander in Richtung Oberfläche drücken sollte, nicht aktivieren ließ. Die ESA entschied sich trotzdem dafür die Landung zu wagen. „Wir werden etwas Glück brauchen“, kommentiert Ulamec. Entsprechend groß war die Erleichterung als gegen 17 Uhr das erhoffte Signal der Sonde auf den Monitoren erschien.
Am Tag darauf wurde klar, dass das befürchtete Zurückspringen nach dem ersten Aufsetzen tatsächlich stattfand. Philae hob wieder ab und setzte erst zwei Stunden später etwa einen Kilometer entfernt vom geplanten Landeort wieder auf. Danach hob der Lander noch einmal ab, um wenige Minuten später den Platz zu erreichen, wo er nun zur Ruhe gekommen ist. Scheinbar recht stabil aber nicht in der Orientierung, die die Wissenschaftler sich gewünscht haben. Eines der drei Beine steht nicht am Boden. Der High-Tech-Würfel ist bestückt mit zehn wissenschaftlichen Instrumenten, die Energie benötigen.
Besonders gespannt sind die Wissenschaftler auf die Analyse des Kometenmaterials, denn Kometen wie 67P sind stumme Zeugen aus der Zeit der Entstehung unseres Sonnensystems. Damals formten sich aus den Resten explodierender Sterne Planeten und auch kleinere Himmelskörper, die seitdem durchs All vagabundieren – die meiste Zeit am Rande des Sonnensystems, wo sie gewissermaßen tiefgefroren ihren ursprünglichen Zustand beibehalten haben. Nicht wenige Wissenschaftler halten es für möglich, dass das Wasser vor etwa vier Milliarden Jahren über Kometeneinschläge auf die Erde gelangte. Philae soll unter anderem die chemische Signatur des Wassers auf 67P analysieren, um diese Hypothese zu testen.
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