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Kommentar

Starkes Europa: Gesellschaftliche Herausforderungen gemeinsam lösen

Bild: Shutterstock / Quatrox Production; unsplash / Ac Almelor

Für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat sich die Bundesregierung viel vorgenommen: von der Pandemiebewältigung bis zu Klimaschutz und Digitalisierung. Europas Spitzenforschung sollte der Schlüssel zur Lösung dieser Herausforderungen sein. Ein Kommentar von Annika Thies, Leiterin des Brüsseler Büros der Helmholtz-Gemeinschaft.

Am 1. Juli hat Deutschland für sechs Monate den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernommen. Schon früh war klar, dass dies eine sogenannte „Arbeitspräsidentschaft“ wird: Viele Pflichtdossiers, die bis Ende 2020 abgeschlossen werden müssen, wenig Zeit für Kür. Präsidentschaftsprogramme sind immer ehrgeizig und das müssen sie auch sein. Die COVID-19-Pandemie hat den ursprünglichen Plan jedoch gehörig durcheinandergewirbelt. Resilienz ist nun das große Schlagwort.

Annika Thies leitet das Brüsseler Büro der Helmholtz-Gemeinschaft. Bild: Helmholtz / Bruno Maes

Das offizielle Motto der Ratspräsidentschaft lautet „Gemeinsam. Europa wieder stark machen“. Europa soll nicht nur stärker, innovativer, gerecht und nachhaltig werden, sondern außerdem die Pandemie überwinden und die wirtschaftliche Erholung auf den Weg bringen. Auch für die Forschung geht es um viel, zum Beispiel um die Neuausrichtung des Europäischen Forschungsraums, einer Art Pendant zum europäischen Binnenmarkt. Manche Beobachter sorgen sich: Ist das nicht alles zu viel? Die Gegenfrage wäre: Bleibt denn eine andere Wahl? Zuversichtlich stimmt dabei etwa, dass sich Deutschland mit seinen beiden „Nachfolgern“ Slowenien und Portugal besonders eng abgestimmt und ein kohärentes Programm entwickelt hat.

Wenngleich das politische Augenmerk in den kommenden sechs Monaten voraussichtlich auf Budgetverhandlungen und dem Brexit liegen wird, würdigt das Präsidentschaftsprogramm auch die Forschung. Zunächst einmal muss das neue Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizon Europe“ dringend finalisiert werden, damit es wie geplant im Januar 2021 starten kann. Offen ist etwa noch, wie sich Nicht-EU-Staaten wie die Schweiz oder Kanada daran beteiligen können – in Brexit-Zeiten eine schwierige Angelegenheit. Noch komplizierter zu entscheiden ist, wie das Budget aufgeteilt wird. Dennoch, die große Baustelle ist eine ganz andere: Die Verhandlungen zum Gesamt-EU-Budget für die Jahre 2021 bis 2027 müssen früh genug abgeschlossen werden. Das zeitliche Korsett dafür ist eng, die politischen Herausforderungen sind enorm, und die logistischen Bedingungen mehr als erschwert.

„Europäische Kooperationen sind der Schlüssel zur Lösungsfindung.“

Die ursprünglichen Prioritäten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung scheinen sich in das überarbeitete Präsidentschaftsprogramm gut einzufügen. Jedoch sind durch die Pandemie noch mehr Themen hinzugekommen. Diesen wunden Punkt sehen auf Nachfrage auch diejenigen, die diese Dossiers zu betreuen haben. Das größte forschungspolitische Paket neben Horizon Europe ist sicherlich, den „Europäischen Forschungsraum noch dynamischer, solidarischer und zielgerichteter zu gestalten“ und dabei „Initiativen zum Grünen Wasserstoff, der Resilienz Europas bei Pandemien, zur Bürgerbeteiligung und verstärkter internationaler Zusammenarbeit auf den Weg bringen“. (Zitate aus dem Präsidentschaftsprogramm)

All das sind grundlegende Themen – und es sind nicht die einzigen Vorhaben mit Forschungsbezug: Die Bundesregierung will sich in der deutschen EU-Ratspräsidentschaft dafür einsetzen, den Aktionsplan EU vs. Corona fortzuführen, den Zugang zu Gesundheitsdaten zu verbessern und die Auswirkungen der Coronakrise auf die Verkehrsinfrastruktur und deren Krisenresistenz zu untersuchen. Außerdem soll Europa digital souverän werden – wichtige Stichworte sind künstliche Intelligenz und Quantentechnologien. Gleiches gilt für die europäische digitale Infrastruktur. Und dann unterstützt Deutschland noch den „Europe’s Beating Cancer Plan“ sowie die Mission zur Bekämpfung von Krebs.

„Forschung spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung großer gesellschaftlicher Herausforderungen.“

Kritiker argumentieren oft, die Europäische Union sei ein Problem statt einer möglichen Lösung. Für den Bereich Forschung ist klar: Schlüssel zur Lösungsfindung sind europäische Kooperationen. Denn Themen wie Klima, Energie oder Gesundheit enden nicht an Landesgrenzen. Die besten und innovativsten Wissenschaftler aus Europa und aus Partnerstaaten gemeinsam an diesen Themen forschen zu lassen, das ist Europäische Union. Ein Pluspunkt: Es wird deutlicher denn je, dass Forschung eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen einnimmt. Das Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft unterstreicht dies.  

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