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Planetenforschung

Ist der Mond ein Kind der Erde?

Stephan Brunker , CC-BY-SA-3.0 via Wikimedia Commons

Wissenschaftler wissen bereits sehr viel über den Mond. Sie kennen seinen Durchmesser, seinen Umfang, seinen Abstand zur Erde und sie wissen genau, wie lange er braucht, um die Erde zu umkreisen. Doch wie er entstanden ist, gibt der Wissenschaft noch immer Rätsel auf. Mittlerweile gibt es jedoch eine ganze Menge neue Erkenntnisse.

Der Mond ist verhältnismäßig nahe an der Erde, rund 385.000 Kilometer entfernt. Er ist der einzige Himmelskörper, den Menschen bislang betreten haben. Das hilft mehr über ihn herauszufinden. Denn die Astronauten brachten von dort Gesteinsproben mit auf die Erde. Für den Geologen Thomas Kruijer, der am Institut für Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster arbeitet, sind sie wichtige Untersuchungsgegenstände: "Gestein kann uns Informationen über die Zeit liefern, in der es entstanden ist, und über die Prozesse, durch die es entstanden ist." Genau Die Entstehungszeit des Mondes gibt Forschern jedoch bis heute noch viele Rätsel auf.

In jüngster Zeit haben die Arbeiten mehrerer Wissenschaftler-Teams neue Teile des Puzzles geliefert - auch die von Thomas Kruijer. Er untersuchte das Vorkommen eines Wolfram-Isotops auf der Erde und dem Mond. 200 Nanogramm Mondgestein pro Probe hatte der promovierte Geologe dafür zur Verfügung. "Das ist im Grunde nur Puder, aber es reicht vollkommen aus, um präzise Messergebnisse zu erhalten", sagt er. Das Ergebnis hat Thomas Kruijer überrascht: "Die Zusammensetzungen von Mond und Erde waren zum Zeitpunkt ihrer Formation sehr ähnlich."

Schon Ende des 19. Jahrhunderts trieb George Howard Darwin, Sohn des berühmten Charles Darwin, die Frage nach der Herkunft des Mondes um. Er entwickelte die sogenannte Abspaltungstheorie: Die junge Erde habe sich so schnell um ihre eigene Achse gedreht, dass sie im Bereich des Äquators instabil wurde, und sich ein Teil aus ihr herauslöste - der Mond. Auch die Möglichkeit, der sogenannte Blaue Planet habe den Mond zufällig eingefangen wurde eine Zeitlang in Betracht gezogen. Derzeit halten die meisten Forscher die sogenannte Aufpralltheorie für die wahrscheinlichste: Vor rund 4,5 Milliarden Jahren stieß die junge Erde mit einem Himmelskörper zusammen, der etwa die Größe des Mars hatte - Theia. Dabei entstanden Trümmer, die ins All geschleudert wurden und zusammen den Mond formten. In diesem Szenario bestände der Mond zum Großteil aus Theia-Material, das sich von dem der Erde unterscheidet. Mond und Erde dürften sich also in ihrer Zusammensetzung nicht so stark ähneln. Sie tun es aber de facto.

Doch vielleicht waren sich Theia und Erde in ihrer chemischen Zusammensetzung ähnlich, ohne dass sie einen gemeinsamen Ursprung haben. In diese Richtung deuten Untersuchungen von Forschern am Israel Institute for Technology. Die israelischen Forscher haben eine Wahrscheinlichkeit von 20 bis 40 Prozent dafür errechnet. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Mond und Erde einander ähneln.

Aus seinen gewonnenen Daten schließt Thomas Kruijer, dass die Erde und der Mond sich während und nach dem Aufprall von Theia sehr gut "vermischt" haben müssen. Wie das geschehen ist, ist allerdings noch unklar. Eine - spekulative - Möglichkeit könnte sein, dass Erde und Mond noch eine Weile verbunden waren, nach dem großen Crash. Für den Wissenschaftler der Uni Münster ist eine der nächsten wichtigen Fragen rund um die Entstehung des Mondes deshalb, was nach dem Zusammenstoß zwischen Erde und Theia geschah, und wie die Verbindung zwischen Erde und Mond tatsächlich aussah. Der Geologe würde - das Geld vorausgesetzt -Missionen starten, die von anderen Planeten des inneren Sonnensystems, z.B. der Venus oder dem Merkur, Gesteinsproben nehmen. So könnten die Unterschiede in der Zusammensetzung innerhalb des Sonnensystems besser beurteilt werden. Wären diese neuen Gesteinsproben der Erde ähnlich, würde das die Erklärung der israelischen Wissenschaftler stützen, dass Erde und Theia sich tatsächlich nicht stark unterschieden. Das würde die Entstehungsgeschichte des Mondes weiter erhellen.

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