Standpunkte
Erde an Universum?
Gibt es Leben dort draußen in den Weiten des Weltalls? Das fragen sich die Menschen bereits seit Ewigkeiten – mit Hoffen und Bangen. Denn falls es so ist, wissen wir nicht, was uns von diesen anderen Lebewesen erwartet. Sollten wir also aktiv auf Kontaktsuche gehen? Zwei Blickwinkel
Die Erforschung des Weltalls zeigt uns immer deutlicher, dass unsere Heimat, die Erde, in einen Kosmos mit unzähligen anderen Planeten eingebettet ist. Letzten Hochrechnungen zufolge gibt es um jeden fünften Stern einen Planeten, der lebensfreundlich sein könnte. Damit sollte es alleine in unserer Milchstraße Milliarden solcher Planeten geben. Wir leben in einer Zeit, die unser Weltbild revolutioniert.
Der uns am nächsten liegende Stern, Proxima Centauri, ist allerdings rund vier Lichtjahre von uns entfernt – um diese Entfernung zu überbrücken, braucht also sogar das Licht ganze vier Jahre. Zum Vergleich: Wäre unser Sonnensystem so groß wie ein Keks, dann wäre im gleichen Maßstab der nächste Stern zwei Fußballfelder weit entfernt. Die Distanzen im Weltraum sind riesig, und menschliche Fußabdrücke gibt es bislang nur auf dem Mond. Das heißt, wir sind in der Raumfahrt noch nicht sehr weit gekommen. Immerhin könnten wir mit den Teleskopen, die wir gerade bauen, in ein paar Jahren schon Spuren von Leben auf nahen Welten entdecken. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wir unsere Existenz kaum verstecken können: Allein die Spuren der Gase, die wir atmen, hinterlassen einen chemischen Fingerabdruck in der Luft. Um unentdeckt zu bleiben, müssten wir den Sauerstoff, den wir atmen, aus der Luft herausfiltern. Eine absurde Idee. Manche Unkenrufer fordern natürlich trotzdem zum Verstecken auf. Ich nicht, ich atme gern.
Signale zu nahen Exoplaneten wurden auch schon geschickt – zum Beispiel zu Gliese 581d, als Teil der Weltraumwoche 2009 in Australien. Die Raumsonde Voyager 1 hat 2012 als erster Satellit unser Sonnensystem verlassen. Ein Teil von Voyager 1 ist der sogenannte „Golden Record“, der unseren Platz im Universum zeigt, Musik und Bilder enthält. Das ist sozusagen eine Zeitkapsel unseres Wissens und unserer Kulturen, die unser Wissen konservieren.
Ob wir Signale aussenden sollen, können wir nur alle gemeinsam entscheiden. Aber Lebensspuren auf der Erde könnten weiterentwickelte Zivilisationen schon lange finden – mit oder ohne ausgesandte Botschaften ins All. Die Frage ist natürlich, ob wir als Kontaktpartner schon interessant wären. Denn welcher Planet würde Sie persönlich mehr interessieren: einer, der weiter entwickelt, oder einer, der weniger weit entwickelt ist als Ihr eigener?
Das versucht seit den 1960er Jahren das Projekt „Search for Extraterrestrial Intelligence“ (SETI). Es sucht passiv nach außerirdischen Signalen. Doch die Diskussion, ob darüber hinaus „Messaging to Extraterrestrial Intelligence“ (METI) betrieben werden solle – also die aktive Kontaktaufnahme – wird heute so lebhaft geführt wie selten zuvor. Das ist zunächst eine Scheindebatte. Denn wir senden doch schon seit Jahrzehnten mit dem Radio, dem Fernsehen oder Smartphone Funksignale aus, die bis in etwa 100 Lichtjahren Entfernung – und vielleicht auch darüber hinaus – empfangen werden können. Eine uns ähnliche Zivilisation in dieser Entfernung sollte uns also längst entdeckt haben. Und wie wollten wir auch die Nutzung dieser Signale einschränken oder gar die bereits gesendeten löschen?
Die Gegner aktiver Signale wenden immer wieder ein, dass eine Entdeckung unserer Welt durch eine überlegene Zivilisation eine Überlagerung oder gar Zerstörung der Menschheit bedeuten könne. Warum sollten wir gleich von einem solchen Horrorszenario ausgehen? Nein, wir sollten uns nicht von Angst treiben lassen, sondern zuversichtlich sein. Wir haben einen ungeheuer reichen Schatz an Wissen geschaffen. Angesichts einer nicht absehbaren Zukunft sollten wir vielmehr ein Archiv dieses Wissens anlegen und ins Weltall übertragen. Dort könnte es dann irgendwo und irgendwann empfangen und eventuell genutzt werden. Dies wäre wohl das sichtbarste Angebot einer friedlichen Kontaktaufnahme – und das ist das Beste, was wir tun können.
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