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Portrait

„Doping ist Körperverletzung“

Werner Franke. bild: dpa

Der Heidelberger Zellbiologe Werner Franke kämpft seit über 30 Jahren gegen Doping. Er sagt, die Wissenschaft müsse sich mehr um den Missbrauch von wissenschaftlichen Erkenntnissen kümmern.

Für Werner Franke begann die Wissenschaft im Stillen, in einem Zimmerchen seines Elternhauses, das er sich zum Forschen eingerichtet hatte. Sie führte ihn in die laute Öffentlichkeit - bis ins Fernsehen, wo er dafür eintrat, dass man Wissenschaft nicht missbrauchen darf. Man muss „in der Öffentlichkeit den Kopf raustrecken und klare Kante zeigen“, sagt er. Und so hält es der 75-Jährige bis heute. 

Als Schüler eines altsprachlichen Gymnasiums in Paderborn wusste er zuerst nur, dass er Naturwissenschaftler werden wollte. Von 1960 bis 1966 studierte er Biologie, Chemie und Physik an der Universität Heidelberg. Obwohl ihn auch die Physik in jungen Jahren sehr interessierte, entschied er sich schließlich für die Biologie. Er promovierte, habilitierte, trat 1973 eine Professur für Zellbiologie an der Universität Heidelberg an und wurde schließlich Abteilungsleiter am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg (DKFZ). „Um Krebsforschung zu machen, muss man die Zellen verstehen“, sagt Franke. Er entdeckte ganze Familien von Proteinen und kategorisierte sie. Das Verzeichnis seiner Veröffentlichungen ist inzwischen 62 Seiten lang. Werner Frankes Arbeit sorgte dafür, dass Tumore heute nicht mehr nur nach morphologischen Kriterien beurteilt werden – also danach, wie sie aussehen und wo sie sich befinden – sondern auch nach zelltypischen Proteinen gesucht wird.

Von 1980 bis 1991 war Franke Geschäftsführender Direktor des Instituts für Zell- und Tumorbiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum, von 1982 bis 1990 Präsident der Europäischen Zellbiologie-Organisation und von 1999 bis 2001 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zellbiologie. Frankes größter wissenschaftlicher Erfolg war wohl seine Beteiligung an einem Artikel über Zytokeratine in der Zeitschrift „Cell“, der mehr als 4000 Mal zitiert wurde. Von 2008 bis 2010 hatte er eine Helmholtz-Professur am DKFZ inne. Bis heute leitet er dort eine Arbeitsgruppe zur Zellbiologie.

In der breiten Öffentlichkeit ist Werner Franke jedoch als Dopingexperte bekannt. Seine Frau, die Diskuswerferin und Olympiateilnehmerin Brigitte Franke-Berendonk, brachte ihn auf dieses Thema. Ihr war aufgefallen, dass sich ihre Gegnerinnen von einem Jahr zum anderen äußerlich stark verändert hatten. Sie vermutete Doping und fragte ihren Mann: „Was macht ihr Wissenschaftler dagegen?“ „Bisher nichts“, sagte Franke und war mit der Antwort unzufrieden. Er unterstützte seine Frau bei ihren Recherchen, beim Schreibens eines Buches zum Thema und erstattete Anzeige wegen Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz und Körperverletzung. „Ein Wissenschaftler ist auch für den Missbrauch der Wissenschaft verantwortlich“, sagt Werner Franke. „Wenn ich merkte, da werden wissenschaftliche und ethische Prinzipien verletzt, bin ich aufgestanden.“

Franke ist überzeugt, dass sich Wissenschaftler engagieren müssen. Dass Doping heute als „Körperverletzung oder Beihilfe zur Körperverletzung“ betrachtet wird, wie der Bundesgerichtshof entschied, liegt auch an seinem Einsatz. Gemeinsam mit seiner Frau bekam er dafür 2003 das Bundesverdienstkreuz. 2007 wurde er zum Hochschullehrer des Jahres gewählt. Nach wie ist er in den Medien ein gefragter Dopingexperten. Franke scheut sich auch nicht, sich laut über den deutschen Lieblingssport Fußball zu wundern, bei dem die Spieler in der zweiten Halbzeit nicht mehr müde werden. 

Wenn man ihn fragt, wie er so viel Arbeit und Gegenwind ausgehalten hat, lacht er nur. Seiner Frau wurde die Auseinandersetzung irgendwann zu viel. „Du musst weitermachen“, sagte sie zu ihm. Als er sie erstaunt fragte, warum, sagte seine Frau einen Satz, den Werner Franke bis heute gern zitiert: „Du bist Ostwestfale, ihr habt schon neun nach Christus die Römer nicht durchgelassen.“

Weitere Informationen über Werner Franke (DKFZ)

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