Präsidentschaftswahl
Die Wahl und die Wissenschaft
Stimmt es, dass im US-Wahlkampf die Fakten immer mehr in den Hintergrund treten? In einer Serie haben wir die Positionen der Kandidaten zu ausgewählten Themen gegenübergestellt. Und die Sicht der Wissenschaft dazu ergänzt. Unser zweites Thema: Fracking.
Hydraulic Fracturing oder kurz Fracking ist eine Methode, mit der Gase und Flüssigkeiten wie Öl aus dem Erdinneren gewonnen werden können. In den USA veränderte der Fracking-Boom ab dem Jahr 200 den US-Energiemarkt und sorgte für einen Preisverfall.
In Deutschland wurde am 4. August 2016 das "Fracking-Gesetz" erlassen, durch das ein generelles Verbot von Fracking in unkonventionellen Lagerstätten erfolgt. Tests zu wissenschaftlichen Zwecken wurden ingesamt vier Mal gestattet.
Donald Trump äußert sich positive gegenüber der Fracking-Methode, die USA seiner Ansicht nach zur Energie-Unabhängigkeit führen könnte. In einem Tweet vom 1. Mai 2013 betont er zudem, dass Fracking keine Gesundheitsrisiken darstellt: "Fracking poses ZERO health risks. In facht, in increases our national security by making us energy independent".
Hillary Clinton hat sich schon oft zu dem thema Fracking geäußert, dabei scheint sie keine klare Stellung zu ziehen. Im März 2016 äußerte sie sich gegen Fracking in den USA. Zuvor hatte sie sich immer wieder für Fracking ausgesprochen.
Die Sicht der Wissenschaft von Rolf Altenburger - Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Fracking hat ein großes Potenzial für die Gewinnung von Erdgas. Weltweit könnten rund 170 Billionen Kubikmeter Gas mit der neuen Technologie erschlossen werden, allerdings muss man dabei auch beachten, dass die Ressourcen weltweit sehr unterschiedlich verteilt sind. Rund Zweidrittel der weltweit durch Fracking erschließbaren Gasvorkommen liegen in Nordamerika. In Deutschland ist das Potenzial mit nur rund 1,3 Billionen Kubikmetern deutlich geringer, weswegen Fracking hier keine so entscheidende Rolle als Energiereserve darstellt, wie etwa in den USA oder auch europäischen Ländern wie Polen oder Norwegen, die über größere Vorkommen verfügen, als Deutschland.
Hinzu kommt, dass die Förderung von Erdgas mittel Fracking viel Platz verbraucht, was vor allem in dicht besiedelten Ländern wie Deutschland problematisch wird. Um Fracking erfolgreich zu betreiben, müsste jeder Quadratkilometer über einen Gasförderturm und die notwendige Infrastruktur verfügen. Das ist in ländlichen Gebieten in den USA natürlich einfacher, als hier bei uns oder auch in vielen anderen europäischen Ländern. Langfristig ist diese Flächenkonkurrenz wahrscheinlich sogar problematischer beim Einsatz der Technologie, als etwa die Risiken für die Umwelt, an denen die Industrie vehement arbeitet. Hier wird Fracking daher immer eher eine Brückentechnologie werden, wenn man es überhaupt nutzt.
In den USA spielt es eine viel größere Rolle, da es dort eine echte Energiereserve ist und eine strategische Ressource. Aus meiner Sicht wird deshalb keiner der Präsidentschafts-Kandidaten die Technologie generell in Frage stellen. Dafür ist den USA die Unabhängigkeit vom Erdöl aus der arabischen Welt viel zu wichtig. Allerdings muss man beachten, dass die Bundesstaaten sehr unterschiedliche Positionen und Meinungen zum Thema Fracking haben. Im Bundesstaat New York beispielsweise ist Fracking verboten, während der Nachbarstaat Pennsylvania es fast ohne Auflagen erlaubt. An diesen Unterschieden zwischen den Bundesstaaten wird sich auch durch den Präsidentenwechsel wahrscheinlich nichts ändern. Eine Einmischung wäre hier für US-amerikanische Verhältnisse sehr untypisch.
Ein Unterschied könnte sein, dass Donald Trump ganz klar auf die Energiewirtschaft setzt, wenn es darum geht neue Arbeitsplätze zu schaffen. Was das genau bedeutet, kann man allerdings nicht mit Sicherheit sagen. Es wäre beispielsweise denkbar, dass er Fracking subventioniert, damit die Anbieter im Preiskampf gegen die Ölfirmen eine Chance haben. Vermutlich wird er auch die Umweltauflagen weiter senken, was bei Clinton unwahrscheinlich wäre. Allerdings muss man auch ganz klar sagen, dass die Auflagen eh schon sehr gering sind und keine große Bremse für den Einsatz von Fracking darstellen. In Deutschland ist das etwas anders. Da sind die Regularien sehr restriktiv und die Auflagen sehr streng.
Die Situation in den USA hat aber natürlich auch Auswirkungen auf uns hier in Europa, gerade in den Ländern wo das Potenzial hoch ist. Ich denke die Wechselwirkung wird aber eher durch die wirtschaftliche als durch die politische Situation entstehen. Bei den Ölpreisen momentan ist Fracking-Gas beispielsweise sehr teuer und damit weniger interessant. Daran würde auch eine mögliche Subventionierung in den USA nichts ändern, weshalb die Debatte rund ums Fracking in Europa aktuell an Dringlichkeit und Brisanz verloren hat.
Im ersten Teil der Serie ging es um das Thema Impfen, kommentiert von Ulrike Protzer vom HZI.
Im letzten Teil wird es um das Thema Klimawandel gehen, kommentiert von Mojib Latif vom GEOMAR. Der Artikel wird voraussichtlich am Montag, dem 7. November erscheinen.
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