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Portrait

„Warum ist etwas und nicht nichts?“

Bild: Ralf-Uwe Limbach, Forschungszentrum Jülich

Direkt nach dem Urknall kollidierte der größte Teil der Materie mit Antimaterie und wurde zu Energie. Nur ein kleiner Teil blieb und formte das Universum. Der Physiker Hans Ströher möchte verstehen, warum das so ist, und hofft, die Antwort im ganz Kleinen zu finden.

20 Jahre - 20 Vorträge

Am 23. Juni 2015 hält Hans Ströher im Rahmen unserer Vortragsreihe „20 Jahre - 20 Vorträge“ am Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ seinen Vortrag zum Thema „Das Schicksal der Antimaterie - Wieso existieren wir?". Mehr Informationen und weitere Termine der Vortragsreihe unter: www.helmholtz.de/20vortraege
Der Schulweg war weit. Jeden Morgen radelte Hans Ströher als Schüler bei Sonne oder Regen aus seinem hessischen Heimatdorf drei Kilometer bis zum Bahnhof und fuhr mit dem Zug nach Herborn zum Gymnasium. Für die Wissenschaft muss man sich anstrengen, dachte er. Denn schon als Schüler war ihm klar, wohin sein Weg gehen sollte.

Hans Ströher kommt aus einer Arbeiterfamilie. Erst als sein Cousin das Gymnasium besuchte, ließen sich seine Eltern überzeugen, auch ihn dorthin zu schicken. Physik gefiel ihm am besten. Nach dem Abitur studierte er das Fach und promovierte. Für seine Promotion gewann er 1983 den Promotionspreis der Universität Gießen. 1995 trat er seine erste Professur in Experimentalphysik an der Universität Mainz an.

1998 wechselte er an das Forschungszentrum Jülich, wo er bis heute geblieben ist. Dort fing Hans Ströher an, sich mit Teilchenphysik zu beschäftigen. Je tiefer er in die Welt der kleinsten Teilchen eintauchte, desto größer wurden die Fragen. Zum Beispiel: Warum ist das Universum nicht leer? Warum existiert überhaupt etwas? Was so selbstverständlich scheint, ist eigentlich ein großes Rätsel: Physikalisch spricht vieles dafür, dass es im Universum nur Materie gibt, keine Antimaterie. Wenn aber die Theorie vom Urknall stimmt, muss es einmal gleich viel Materie und Antimaterie gegeben hat. Unklar ist, warum sie sich nicht gegenseitig vollständig vernichtet haben und warum sich ausgerechnet die Materie durchgesetzt hat. 

Hans Ströher möchte deshalb die Antimaterie aufspüren. Entweder es gibt sie doch im Universum, oder man findet heraus, warum es sie nicht gibt. Bislang geht man davon aus, dass sich der größte Teil der Materie, die während des Urknalls entstanden ist, sofort mit Anti-Materie kollidierte und sich in Energie umwandelte. Nur ein kleiner Teil blieb und formte unser Universum. Die Forscher sprechen auch von einer Verschiebung. Durch Experimente mit Elementarteilchen versuchen sie die Rätsel von Materie und Antimaterie zu verstehen. Auch Hans Ströher hofft, die Antwort auf die großen Fragen im ganz Kleinen zu finden.

Ströher hat das, was er selbst das „Wissenschaftler-Gen“ nennt. „Das Interessante an Wissenschaft ist: Man weiß nie, was passiert. Was hinter der nächsten Ecke steckt“, sagt er. Manche Physiker glauben, das Ende der Wissenschaft sei bald erreicht, weil man nicht noch größere Forschungsanlagen bauen kann, um mit noch mehr Energie oder Intensität zu forschen. Was die Anlagen betrifft, gibt er ihnen Recht. An das Ende der Wissenschaft glaubt er trotzdem nicht. Er sieht die Zukunft darin, noch präziser zu forschen. 
Bis zu seiner Pensionierung sind es nur noch drei Jahre, vielleicht wird er bis dahin nicht mehr Antworten auf alle Fragen finden, die ihn beschäftigen. Aber auch im Ruhestand wird er nicht aufhören, sich große Fragen zu stellen.

Zum Weiterlesen:

Warum ist nicht nichts? Auch in der aktuellen Ausgabe effzett (Forschungsmagazin des Forschungszentrum Jülich) geht es um die Suche nach der Antimatierie und Hans Ströher.

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