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Raumfahrt

Der zweite Anlauf auf den Mond

So könnte eine künftige Mondstation aussehen. Bild: ESA/Foster + Partners

Vor 50 Jahren setzte der erste Mensch seinen Fuß auf den Mond. Nun ist der Erdbegleiter wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Doch diesmal soll es nicht bei einer Stippvisite bleiben.

Am 20. Juli jährt sich eines der bisher größten Abenteuer in der Geschichte der Menschheit. „Houston, hier ist Tranquility Base. Der Adler ist gelandet!“ Mit diesen Worten bestätigte Neil Armstrong, Kommandant des Raumschiffs Apollo 11, am 20. Juli 1969 um 20:17:58 UTC die Landung auf dem Mond. Besuch hatte der Begleiter der Erde bis dahin nur von unbemannten Sonden erhalten. Noch nie hatte ein Mensch seinen Fuß auf einen fremden Himmelskörper gesetzt. Armstrong war der erste, als er gut sechs Stunden später die Landefähre verließ und sagte: „Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit!“

Der ersten Mondlandung vorangegangen war ein Wettlauf ins All im Schatten des kalten Krieges. Am 4. Oktober 1957 schickten die Sowjets den ersten künstlichen Erdsatelliten Sputnik 1 in die Erdumlaufbahn. Das Tor zum Weltraum war aufgestoßen. Die beiden großen konkurrierenden Systeme hatten eine neue Arena gefunden. Nachdem die Sowjetunion auch das erste Lebewesen (die Hündin Laika) in einen Erdorbit gebracht, die erste Sonde in eine Umlaufbahn um den Mond geschickt, eine weitere auf seiner Oberfläche Mondorbit hat einschlagen lassen, gelang ihr im Jahr 1961 der ganz große Coup. Sie schickte Juri Gagarin als ersten Menschen ins All. Amerika musste aufholen.

Und so verkündete US-Präsident John F. Kennedy am 25. Mai 1961: „Ich glaube, dass dieses Land sich dem Ziel widmen sollte, noch vor Ende dieses Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond landen zu lassen und ihn wieder sicher zur Erde zurückzubringen. “ Das Apollo-Programm war geboren. Knapp 24 Milliarden Dollar (entspricht heute über 120 Milliarden US-Dollar) und der Einsatz von fast 400.000 Menschen stemmten eines der größten ingenieurtechnischen Projekte. Insgesamt zwölf Menschen flogen bis Dezember 1972 zum Mond. Dann wurde es still um ihn. Es gab neue Prioritäten und Ziele: Bemannte Raumstationen im Erdorbit, die Erforschung des äußeren Sonnensystems und natürlich der Mars rückten in den Mittelpunkt. Erst mit der Wende ins neue Jahrtausend erwachte plötzlich wieder das Interesse am Erdtrabanten. Vor allem China und die USA wollen auch wieder bemannte Missionen auf den Mond schicken. 

Sprungbrett ins All und Dorf auf dem Mond

„Die ESA hat es sich zum Ziel gesetzt, die Präsenz des Menschen über den niedrigen Erdorbit hinaus zu erweitern“, erklärt David Parker, Direktor für Astronautische Raumfahrt und Robotische Exploration der ESA. Und der Schlüssel zur weiteren Erkundung des Sonnensystems sei dabei der Mond. Eine Raumstation im Mondorbit – der Lunar Orbital Platform Gateway soll aufgebaut werden. „Der Gateway ist Teil unserer Strategie, um zum Mond zurückzukehren“, sagt Parker. Dort könnten nicht nur neue Raumfahrttechnologien getestet und Astronauten vor ihrem Flug zum Mars trainiert werden, er wäre auch eine Schaltzentrale zwischen den Aktivitäten auf der Mondoberfläche und der Erde und ein Labor für Experimente der unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen. Und er könnte als Versorgungsstation für zukünftige Marsmissionen dienen. „Alles deutet darauf hin, dass es auf dem Mond größere Mengen Wassereis gibt. Dieses in Sauerstoff und Wasserstoff umzuwandeln, ist ein Schritt in Richtung nachhaltige Erforschung“, sagt Parker. „Der nächste Schritt wird dann sein, aus den Materialien vom Mond verschiedene Dinge vor Ort herzustellen – Ersatzteile für unsere Raumfahrzeuge oder die Habitate zum Schutz der Astronauten. Und eines Tages, werden wir vielleicht auch Rohstoffe zurück zur Erde bringen.“

Unter dem Begriff „Moon Village“ fasst ESA-Generaldirektor Jan Wörner seine Vision der Erforschung des Mondes zusammen. Kurz nachdem er die Führung der europäischen Raumfahrtagentur übernommen hatte, sagte er in einem BBC-Interview: "Wir sollten über die Internationale Raumstation hinaus in die Zukunft blicken. Ich schlage ein Dorf auf der dunklen Seite des Mondes vor. Ein solches Moon Village sollte nicht als Ansammlung von Häusern, einer Kirche und einem Rathaus verstanden werden. Vielmehr sollten sich Partner aus der ganzen Welt mit unbemannten und bemannten Missionen an dieser Community beteiligen." Und die arbeiten bereits an Teilaspekten. Ob sich dieses „Dorf“ aus Mondstaub-Steinen bauen ließe, erforscht zum Beispiel das Institut für Materialphysik im Weltraum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. 

Private Raumfahrtindustrie entwickelt Infrastruktur im Weltall

Bei solchen Plänen, da sind sich die Agenturen auf beiden Seiten des Atlantiks einig, würde aber auch der privaten Raumfahrtindustrie eine wichtige Rolle zukommen. „Wir entwickeln Infrastruktur im Weltall“, fasst Robert Böhme zusammen, was er mit seinem Unternehmen PTScientists vorhat. „Mit unseren Technologien wollen wir es einfach jedem ermöglichen, über etablierte Industriestandards im Weltall Fuß zu fassen und auch langfristig aktiv zu sein.“ Das Berliner NewSpace-Startup hat dafür den Mondlander ALINA (Autonomous Landing and Navigation Module) entwickelt. Ab 2021 soll das unbemannte Raumschiff rund 300 Kilogramm Nutzlast auf den Erdtrabanten bringen. Außerdem will PTScientists eine LTE-Basisstation auf dem Mond installieren. Damit, so versprechen sich Böhme und sein Team, ließen sich Stationen auf der Oberfläche über einen einheitlichen Standard vernetzen und mit der Erde verbinden.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Blue Origin, das private Raumfahrtunternehmen des Amazon Gründers Jeff Bezos. Ab 2024 soll dessen Mondlander Blue Moon mehrere Tonnen Fracht zum Erdtrabanten transportieren – ein Lieferdienst im Weltall sozusagen. „Der Mond ist wie ein Museum der vergangenen viereinhalb Milliarden Jahren unseres Sonnensystems“, sagt ESA-Direktor Parker. „Bisher waren wir lediglich im Museumsshop, haben uns ein paar Souvenirs geschnappt und sind wieder zurück nach Hause. Der nächste Besuch soll keine Stippvisite bleiben."

ESA-Generaldirektor Jan Wörner über das "Moon Village"

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