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Serie Gründerportraits

Leben wie gedruckt

Dr. Frank Breitling; Dr. Volker Stadler; Mitarbeiter Thomas Felgenhauer; Dr. Ralf Bischoff (v.l.n.r.) Foto: Nicole Schuster, Deutsches Krebsforschungszentrum

Zehn Jahre von der Idee bis zum fertigen Produkt: Damit hatten die Gründer nicht gerechnet, als sie das Start-up-Unternehmen PEPperPRINT im Jahr 2001 gründeten. Heute stehen die Zeichen auf Expansion. Mit ihrer Entwicklung möchten sie schnell und kostengünstig Krankheitserreger nachweisen.

Es war die Zeit der New Economy und überall schossen neue Unternehmen aus dem Boden. Auch die Idee von Frank Breitling und Ralf Bischoff schien wie geschaffen für eine baldige wirtschaftliche Nutzung. Das Patent lag vor, die Ausgründung aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg ging schnell und geeignete Räume fanden sich im nahen Technologiepark.

„Die Idee war schön, aber der Weg zum fertigen Erzeugnis dann doch länger als gedacht“, sagt der Chemiker Volker Stadler, der 2002 zum Gründungsteam stieß und 2009 Geschäftsführer der PEPperPRINT GmbH wurde. In den Jahren dazwischen musste, parallel zur Produktentwicklung, die Finanzierung gesichert . Mit der Produktion von speziellen Bio-Chips für die lebenswissenschaftliche Forschung konnte die Firma dann endlich im Jahr 2011 beginnen. Inzwischen residiert sie auf einer 360-Quadratmeter- Etage im Heidelberger Industriegebiet, hat zwölf Mitarbeiter und eine Menge Pläne für die Zukunft.

Tatsächlich ist die Idee der Gründer aktueller denn je. Sie könnte zum Beispiel die Diagnose von Krankheiten erheblich vereinfachen. Die Vision beginnt mit der kostengünstigen und schnellen Herstellung sogenannter Peptidchips in einem umgebauten Laserdrucker. Solche Chips versammeln auf einem winzigen Glasplättchen Zehntausende von künstlich erzeugten Proteinbruchstücken (Peptide), etwa von Antigenen unterschiedlicher Krankheitserreger. Wird nun ein Blutstropfen eines Patienten auf den Chip aufgebracht und verbinden sich bestimmte Peptide auf dem Chip mit bestimmten Antikörpern im Blut, dann ist der Nachweis für eine Infektion erbracht.

Doch bevor solche Tests Einzug in die ärztliche Praxis halten, bedarf es noch viel Arbeit. Einstweilen verdient man bei PEPperPRINT – der Name steht für Peptides per Printing (Peptide durch Drucken) – sein Geld mit anderen Aufträgen. Die meisten Kunden wünschten ein sogenanntes Epitop-Mapping, berichtet Volker Stadler. Dabei gilt es, die Bindungsstelle zwischen einem Antigen auf dem Chip und einem Antikörper im molekularen Detail zu beschreiben.

Das ist wichtig für die Entwicklung neuer Antikörper, die als Arzneimittel eingesetzt werden sollen. Und so kommt der Großteil der Kundschaft auch aus der Pharmaindustrie. Stadler: „Wir arbeiten mit acht der zehn weltweit größten Pharmaunternehmen zusammen.“

Konkurrenz muss PEPperPRINT bisher kaum fürchten. Das hat auch mit dem technologischen Vorsprung zu tun, der in mühsamer Entwicklungsarbeit erreicht wurde. „Das größte Problem waren die Toner für den Drucker“, sagt der Geschäftsführer des Unternehmens. Statt Farbpigmenten wie bei normalen Druckern enthalten die Toner zwanzig verschiedene Aminosäuren, das sind die Bausteine von Peptiden. Die Toner werden auf eine Glasplatte aufgedruckt, bis ein Punktmuster aller Aminosäuren entstanden ist. Dann kommt der Clou des Verfahrens: Die Partikel werden auf 90 Grad Celsius erhitzt, um die Aminosäuren miteinander zu verketten – erst so werden Schicht für Schicht funktionstüchtige Peptide aufgebaut.

„Den ersten Chip hatten wir 2007 in der Hand“, sagt Volker Stadler. Ein Jahr darauf stand der Businessplan und die Suche nach Geldgebern konnte beginnen. Im Jahr 2010 war der Laserdrucker startklar, den das Fraunhofer-Institut IPA in Stuttgart zusammen mit dem Maschinenbauer KMS Automation aus einem marktüblichen Modell entwickelt hatte. Im selben Jahr wurde das Geschäftskonzept der Firma mit dem Innovationspreis der Deutschen Wirtschaft ausgezeichnet. Wenig später kamen dann die ersten Aufträge.

„Inzwischen leben wir von unseren Umsätzen“, berichtet Volker Stadler. Um dahin zu kommen, seien Millionenbeträge in die Entwicklung der Infrastruktur geflossen. Der High-Tech Gründerfonds, ein deutscher Risikokapitalgeber, habe eine halbe Million Euro investiert. Fördermittel seien vom Bundesforschungsministerium und der Europäischen Union .

Trotz der langen Durststrecke ist die PEPperPRINT-Mannschaft erstaunlich stabil geblieben. Einer der beiden Gründer und Hauptgesellschafter des Unternehmens, der Biologe Frank Breitling, ist heute Professor am Institut für Mikrosystemtechnik am Karlsruher Institut für Technologie. „Er ist der Visionär in unserem Trio“, sagt Volker Stadler, der sich selbst als Pragmatiker bezeichnet. Für die technologische Weiterentwicklung des Start-ups ist Ralf Bischoff zuständig, der als Biologe weiterhin am DKFZ forscht. Dass es auch bei den Mitarbeitern wenig Fluktuation gibt, schreibt Stadler vor allem den flachen Hierarchien zu: „Wir setzen uns regelmäßig zusammen und jeder weiß, dass sein Wort Gewicht hat.“

Noch ist das Team überschaubar, doch die Zeichen stehen auf Expansion. Man habe neue Märkte im Blick, berichtet der Geschäftsführer – zunächst Japan, Großbritannien und Skandinavien, dann Singapur und Südamerika. Und statt wie bisher nur Dienstleistungen anzubieten, werde man künftig wohl auch eigene Produkte entwickeln und lizenzieren oder verkaufen – .

Auf Volker Stadler kommt wohl noch mehr Arbeit zu. In besonders stressigen Siebzigstundenwochen träume er manchmal von einem geregelten, sicheren Job, verrät der 43-Jährige: „Aber dann sagt meine Frau, das sei nichts für mich.“ Das Paar lebt mit zwei Töchtern im Teenageralter außerhalb von Heidelberg. Seinen Arbeitsweg legt Stadler meistens mit dem Rennrad zurück. Zum Fußballspielen kommt er kaum noch. Anderes jedoch lässt Volker Stadler sich nicht nehmen, auch nicht von PEPperPRINT: gute Krimis, die Gitarre und regelmäßige Auftritte mit seiner Rockband.

Helmholtz Enterprise

Mit dem Instrument Helmholtz Enterprise unterstützt die Helmholtz-Gemeinschaft seit nunmehr zehn Jahren gezielt Ausgründungen aus den Zentren. In dieser Serie stellen wir Unternehmen vor, die in dieser Zeit von dem Instrument profitieren konnten. 

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