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Dürren und Klimawandel

So trocken und heiß wie nie

Vor allem seit 2015 waren die europäischen Dürren extrem trocken (Bild: UFZ/André Künzelmann).

Dürreperioden gab es schon immer. In den letzten Jahren waren sie jedoch viel extremer als zuvor, sowohl in Deutschland als auch weltweit. Forscher erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Ein Grund dafür ist der Klimawandel.

Der April 2021 war der kälteste April in Deutschland seit 40 Jahren. Gleichzeitig war der Monat deutlich zu trocken, wie der Deutsche Wetterdienst meldet. Der Regen der letzten Wochen reichte nicht aus, um auch in die tiefen Bodenschichten zu gelangen und dort das Wasserdefizit aus den letzten warmen Jahren auszugleichen. Und mit dem plötzlichen Wetterumschwung – Sonne und steigende Temperaturen – werden die Böden weiterhin zu trocken bleiben.

Monica Ionita-Scholz arbeitet als Klimatologin am Alfred-Wegener-Institut (Bild: AWI/Kerstin Rolfes).

Womöglich könnten die Dürren in Deutschland künftig noch extremer ausfallen als in den letzten Jahren. Das berichten Forscherinnen und Forscher des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, jüngst im Fachmagazin Communications Earth & Environment. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es im Zuge des Klimawandels in Deutschland zu Extremdürren kommen kann, die in der Land- und Forstwirtschaft noch größere Schäden anrichten“, sagt die AWI-Klimatologin und Erstautorin Monica Ionita-Scholz.

In den letzten Jahren haben außergewöhnliche Dürreperioden in Deutschland zahlreiche Schäden verursacht, darunter Ernteeinbußen in der Landwirtschaft, kranke und geschädigte Wälder sowie Trinkwasserknappheit. Aufgrund von Niedrigwasser konnten zeitweise keine Schiffe mehr fahren; und die Energieversorgung wurde eingeschränkt, weil Kraftwerke nicht ausreicht gekühlt werden konnten.

Trockene und feuchte Regionen im Jahr 2018 (Grafik: Alfred-Wegener-Institut / Monica Ionita-Scholz)

Um herausfinden, welche Faktoren die Dürren im Detail antreiben, analysierte das AWI-Team Strömungen im Nordatlantik und Luftdruckmuster – also zentrale Faktoren, die das Wetter in Mitteleuropa maßgeblich mitbestimmen. Und nicht nur das: Die Forschenden werteten auch historische Klimadaten aus dem vergangenen Jahrtausend aus, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rund um den Globus auf der Webseite tambora.org zusammengetragen haben. Diese Datensammlung zur Umwelt- und Klimageschichte eint Klimaparameter wie Temperatur, Niederschlag, Stürme oder Überschwemmungen, die insbesondere für Deutschland einen prallen Datenfundus liefern.

Megadürren gab es bereits vor vielen Jahrhunderten

So stellten die AWI-Forschenden anhand dieser Daten beispielsweise fest, dass es bereits zwischen 1400 und 1480 sowie zwischen 1770 und 1840 auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands Megadürren gab. „Diese jahrzehntelangen Dürreperioden wurden getrieben von einem hohen Niederschlagsdefizit im Übergang von Winter zu Sommer“, sagt Monica Ionita-Scholz. Sie seien vor allem bei schwach schwankenden Ozeanströmungen im Nordatlantik, geringer Sonneneinstrahlung und stabilem Luftdruck über dem Nordatlantik und der Nordsee aufgetreten. „Die drei Faktoren sind Teil der natürlichen Variabilität. Das Besondere war, dass sie sich bei den beiden analysierten Dürren zufällig zur gleichen Zeit überlagerten und so zu besonders langanhaltenden Dürren führten“, sagt Ionita-Scholz. Die Megadürren seien aber mit den heutigen Dürreereignissen nicht zu vergleichen, weil derzeit weniger die Niederschläge rückläufig seien, sondern vor allem die Temperaturen steigen. Das habe zur Folge, dass die Verdunstung zunimmt und die Bodenfeuchte dagegen stark zurückgeht, was die Schäden in Land- und Forstwirtschaft auslöst.

Noch weiter zurück in die Vergangenheit ging ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Helmholtz-Zentrums Hereon. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Leitung der Universität Cambridge rekonstruierten anhand von Eichenholz historischer Brunnen, Pfahlbauten, Kirchen oder noch lebenden Eichen das Sommerklima zwischen 75 v. Chr. und 2018. Sie erstellten für jede der insgesamt 147 Eichen einen hydrologischen Fingerabdruck, indem sie in jedem einzelnen Baumring aller Baumproben die Kohlenstoff- und Sauerstoffisotope analysierten. „Da der Kohlenstoffwert von der Photosynthese und der Sauerstoffwert von der Wasserversorgung abhängt, konnten wir so anhand der Baumringe Rückschlüsse ziehen, wie trocken oder feucht das jeweilige Jahr war“, sagt Sebastian Wagner, Paläoklimaforscher am Hereon und Co-Autor der im Fachjournal Nature Geoscience erschienenen Studie. Besonders trockene Sommer waren demnach die Jahre 40, 590, 950 und 1510, besonders feuchte Sommer die Jahre 200, 720 und 1100.

Der Klimaexperte Sebastian Wagner arbeitet am Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Hereon (Bild: Hereon).

Extrem trockene Sommer seit 2015

Interessant ist vor allem der Langzeittrend, der sich aus diesen Daten ablesen lässt – und der ist eindeutig: Die Sommer in Europa sind in den vergangenen beiden Jahrtausenden allmählich trockener geworden. „Im Vergleich zu den Temperaturänderungen sind die Änderungen hydrologischer Ereignisse wie Niederschläge und Dürren weitaus komplexer und schwieriger auf Änderungen der anthropogen verstärkten Treibhausgas-Konzentrationen wie CO2 und Methan zurückzuführen. Ein Indiz ist allerdings die Häufung dieser Ereignisse über Mitteleuropa in den letzten beiden Jahrzehnten, wie sie innerhalb der letzten zwei Jahrtausende noch nicht stattgefunden hat“, sagt Wagner. Die Intensität und Dauer der Dürren könne ohne den durch den Menschen verstärkten Treibhauseffekt nur schwer erklärt werden. Auch weitere Ereignisse wie zum Beispiel die Veränderung der Neigung der Erdachse zur Äquatorialebene der Sonne reichen dafür nicht aus. Zudem fallen die Sommer der letzten Jahre besonders auf. „Seit 2015 waren die europäischen Sommerdürren beispiellos trocken“, bilanzieren die Autoren.

Eine weitere Schlussfolgerung der Studie ist, dass diese Häufung von ungewöhnlich trockenen Sommern sehr wahrscheinlich ein Ergebnis der menschengemachten Klimaerwärmung und der damit einhergehenden Veränderung in der Position des Jet Streams ist. Denn außer der Zunahme der anthropogen bedingten Treibhausgase in den vergangenen 20 bis 30 Jahren konnten keine größeren Veränderungen in anderen Klimaantrieben – also Einflüssen auf das Klimasystem, die zu Klimaänderungen führen – nachgewiesen werden. „Auch mithilfe von Klimamodellen lassen sich die Anhäufung, die Stärke und die räumliche Ausdehnung der Dürren nicht durch natürliche Klimaantriebe erklären“, sagt Wagner. 

Die Dürreperioden nehmen über den Beobachtungszeitraum zu. Je stärker die rote Linie sinkt, desto trockener der Sommer (Grafik: Ulf Büntgen et al.).

In das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit sind die Dürren aber nicht schon 2015, sondern erst seit dem Jahr 2018 gedrungen. Zuvor war oft nur von Trockenheit die Rede. „Dürre klang immer weit weg wie in einer Steppe oder Wüste“, sagt Klimaforscher Andreas Marx, der am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Ansprechpartner für den UFZ-Dürremonitor ist. Erst die persönliche Betroffenheit vieler Kleingärtner und Gartenbesitzer, deren Rasenflächen trotz Bewässerung vertrockneten, und der fehlende Sprit an den Tankstellen entlang des Rheins im Spätherbst 2018 hätten dazu geführt, dass die Gesellschaft aufmerksamer geworden sei. „Seitdem hat sich die Wahrnehmung drastisch verändert“, sagt er. In den Fokus seien damit auch die Zusammenhänge von Klimawandel und Dürre gerückt.

Andreas Marx leitet den Deutschen Dürremonitor am UFZ (Bild: UFZ).

Dürren in Deutschland halten an

„Natürlich beeinflusst die Klimaerwärmung Dürren, vor allem durch die zunehmende Hitze, die wir insbesondere 2018 und 2019 erlebt haben. Das waren ausgeprägte Hitzejahre, die infolge der hohen Temperaturen die Verdunstung in die Höhe getrieben haben“, sagt er. Zudem nehmen die Temperaturunterschiede zwischen der Arktis und den mittleren Breiten ab, sodass der Jet Stream nicht mehr so stark nach Norden und Süden ausschlägt, sondern sich eher in einer stationär stabilen Zone bewegt. Die Folge: Blockierende Wetterlagen wie Hitzewellen, die mehrere Tage oder Wochen bestehen, werden stärker ausgebildet. Dadurch gelangten Tiefdruckgebiete nicht mehr nach Deutschland, trockene Perioden hielten länger an.

„Das alles hat das Wetter in den vergangenen Jahrzehnten spürbar und messbar verändert“, sagt Andreas Marx. Und auch in diesem Frühling hält in Deutschland die Dürre bis in tiefere Bodenschichten laut UFZ-Dürremonitor vielerorts an. „Bäumen reicht im Gegensatz zu vielen landwirtschaftlichen Kulturen ein nasser Oberboden alleine nicht. Die Wälder gehen aktuell in die vierte Vegetationsperiode mit insgesamt zu trockenen Böden.“

Meldung des AWI

Meldung des Hereons

UFZ-Dürremonitor

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