Ein OP-Roboterarm aus der Weltraumforschung
Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)
Die Herausforderung
Chirurgische Eingriffe sind heute so sicher wie nie zuvor – und doch mit Herausforderungen verbunden: Schwer zugängliche Körperregionen sind bisweilen nur durch größere Schnitte erreichbar. Diese heilen jedoch bei einigen Patient:innen schlecht. Mediziner:innen wiederum müssen in solchen Fällen über längere Zeit in anstrengender Körperhaltung operieren und können die chirurgischen Instrumente dabei bisweilen nur ungenau führen.
Unsere Lösung
Hilfe kommt aus der Weltraumforschung: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat einen Roboterarm entwickelt, der in Aufbau, Größe und Beweglichkeit dem menschlichen Arm gleicht. Gegenstände kann er feinfühlig greifen, Instrumente präzise führen. Gesteuert wird er dabei stets von einem Menschen. Ursprünglich sollte der Arm Reparaturen im Weltraum durchführen, etwa an der Außenhaut von Raumstationen. Schnell entdeckten die beteiligten Forscher:innen des DLR-Instituts für Robotik und Mechatronik aber auch das Potenzial des Systems für die Medizin und entwarfen einen spezialisierten Roboterarm, MIRO. Er unterstützt OP-Teams bei minimalinvasiven Eingriffen. Chirurg:innen steuern ihn von einer Konsole im OP-Saal aus, ein Bildschirm zeigt ihnen dafür Endoskopieaufnahmen in 3-D. Die Operationsbestecke des Roboters führen sie dabei ähnlich wie einen verlängerten Arm. So können sie selbst an schwer zugänglichen Körperregionen sicher, konzentriert und präzise arbeiten. Weil für die feinen Instrumente von MIRO zudem nur kleine Schnitte nötig sind, kann sich für Patient:innen das Risiko für Komplikationen reduzieren.
Wie wir schon heute davon profitieren
In Studien wurde der Einsatz von MIRO bereits für zahlreiche medizinische Fachgebieten getestet: In der Orthopädie zum Beispiel schneidet er Knochenmaterial per Laser und setzt Schrauben für Prothesen. Der Roboterarm entnimmt aber auch Gewebeproben oder vernäht Wunden. Für komplexe Eingriffe lassen sich auch zwei oder mehr Roboterarme kombinieren. Das ebenfalls vom DLR entwickelte System MiroSurge sorgt dann für eine reibungslose Zusammenarbeit von Mediziner:innen und Geräten.
Darauf aufbauend hat die Firma Medtronic den OP-Roboter HugoTM-RAS entwickelt. Im Vergleich zu anderen OP-Robotern bietet er den Vorteil, dass seine Konsole offen direkt am OP-Tisch stehen kann, so dass die Nutzer:innen bei Bedarf jederzeit Sichtkontakt zu den Patient:innen oder zum restlichen OP-Team aufnehmen können. Bei anderen Modellen auf dem Markt ist der Bildschirm, über den die Chirurg:innen während des Eingriffs arbeiten, stärker abgeschirmt. Auch sind bei Hugo die Arme nicht fest in einem Gerät verbaut sondern sie lassen sich je nach Bedarf modular ergänzen: Jeder Arm sitzt auf einem eigenen fahrbaren Gestell. Das DLR lizenzierte die technischen Komponenten von MIRO 2013 an Medtronic, einem der größten Hersteller von Medizintechnik weltweit. Über mehrere Jahre entwickelte die Firma das System weiter, 2021 wurde Hugo schließlich für den europäischen Markt zugelassen, in den USA steht dieser Schritt kurz bevor. 2024 waren in Europa 48 der Geräte im Einsatz, fünf davon stehen in Deutschland. Die Markteinführung in den USA soll im Falle einer Zulassung 2026 starten.