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HELMHOLTZ Extrem

Das dünnste Material

<b>Graphen-Modell</b> Die ideale kristalline Struktur von Graphen ist ein sechseckiges Gitternetz.

Unter den naturwissenschaftlichen Betätigungsfeldern ist die Materialforschung eine der weniger glamourösen. Dabei haben manche Materialien das Zeug zum Star – und allemal gilt dies für Graphen.

Das Kristall aus reinem Kohlenstoff ist die äußerste Reduktion dessen, was als Graphit in jeder Bleistiftmine vorkommt. Denn Graphen ist millionenfach dünner; es besteht aus einer einzigen Lage wabenförmig verbundener Atome. Eine solche quasi-zweidimensionale Struktur galt lange als zu instabil, um etwas damit anzufangen. Das neue Wundermaterial, wie es vielfach genannt wird, überzeugt die Theoretiker vom Gegenteil: Graphen ist härter als Stahl und Diamant, leitet Strom und Wärme besser als Kupfer, ist praktisch durchsichtig und zudem so dicht, dass kein Gas es durchdringen kann. Dieses aufregende Bündel von Eigenschaften inspiriert die Wissenschaft weltweit. Papierdünne Monitore etwa rücken in Reichweite oder Hochleistungsbatterien für Elektroautos.

Am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie macht man sich eine weitere Eigenart des Graphens zunutze: seine hohe Empfindlichkeit gegenüber chemischen Stoffen. Sobald ein fremdes Molekül an die Kohlenstoffwaben andockt, sinkt die elektrische Leitfähigkeit – allerdings unabhängig von der Molekülart. Eine Forschergruppe des Instituts für Silizium-Photovoltaik will nun die Graphenoberfläche so präparieren, dass sie Substanzen elementspezifisch binden und deren Vorkommen in einer Probe über eine veränderte Leitfähigkeit anzeigen kann. Am Ende, berichtet der junge Chemiker Felix Rösicke, könnte ein preisgünstiges „Labor im Chip“ stehen, das aus einem Tropfen Blut binnen Minuten jeden gewünschten medizinischen Wert ausliest.

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