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Schaltsekunde

Zwölf Monate plus

Bild: Angelo DeSantis/Wikimedia Commons, CC-BY 2.0

Das Jahr 2016 zog sich in die Länge: Es hat einen Tag und eine Sekunde mehr als die meisten Jahre. Am 29. Februar gab es einen Schalttag, am 31. Dezember gab es, in der letzten Minute, eine Schaltsekunde. Die Korrekturen waren notwendig, um unser Kalender- und Zeitsystem mit der Bewegung der Erde in Einklang zu halten.

Ein Jahr entspricht der Umlaufzeit unseres Planeten um die Sonne, ein Tag ist die Umdrehungsdauer der Erde bezogen auf die Sonne. Ein Jahr dauert ungefähr 365 Tage – aber eben nur ungefähr: Umlaufzeit und Rotationsdauer stehen nicht in einem ganzzahligen Verhältnis zueinander. Exakt sind es 365,24219 Tage. Vernachlässigt man die Tagesbruchteile, so verschieben sich Kalender- und Sonnenjahr um nahezu einen Monat pro Jahrhundert gegeneinander. Schon nach wenigen Jahrhunderten wäre gäbe es Schnee bis in die Sommerferien oder Weihnachten fände im Herbstlaub statt.

Schalttage sorgen dafür, dass Kalender und Erdumlaufbahn in Einklang bleiben. Jedes durch 4 teilbare Jahr erhält mit dem 29. Februar einen zusätzlichen Tag, nicht jedoch, wenn die Jahreszahl durch 100 teilbar ist – es sei denn sie ist wiederum durch 400 teilbar. Dieses 1582 von Papst Gregor XIII eingeführte System sorgt dafür, dass erst nach über 3000 Jahren wieder eine außerplanmäßige Korrektur nötig sein wird.

Nachdem Erdumlauf und Erdrotation im Kalender aufeinander abgestimmt sind, wozu braucht es dann noch eine Schaltsekunde? Unser Zeitsystem unterteilt den Tag in 24 Stunden, eine Stunde in 60 Minuten und eine Minute in 60 Sekunden. Eine Sekunde ist also der 86.400-ste Teil eines Tages. Jahrhunderte lang war diese Definition völlig ausreichend. Doch mit der Entwicklung immer genauerer Messverfahren bedurfte es einer neuen Definition der Sekunde. Einer, die unabhängig von der Erddrehung ist – denn diese verläuft nicht völlig gleichmäßig. Zum einen verlangsamt sie sich durch die Gezeitenreibung, die Erde und Mond auf einander ausüben, zum anderen ist sie durch Massenverlagerungen im Erdinneren und an der Erdoberfläche ständig unregelmäßigen Schwankungen unterworfen.

Seit 1967 ist die Sekunde deshalb nicht länger astronomisch definiert, sondern über einen bestimmten Prozess in der Atomphysik: Wenn die Strahlung, die der sogenannte Hyperfeinstrukturübergang in Caesium-133-Atomen aussendet, exakt 9.192.631.770 Schwingungen durchlaufen hat, ist eine Sekunde vergangen.

„Natürlich hat man damals versucht, eine möglichst genaue Übereinstimmung mit der vorherigen Definition der Sekunde zu erzielen“, sagt Andreas Bauch, Leiter der Arbeitsgruppe Zeitübertragung an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt PTB in Braunschweig. Die alte, astronomische Festlegung der Sekunde basierte jedoch auf Beobachtungen, die im Mittel bereits hundert Jahre zurücklagen. Im Jahr 1967 drehte sich die Erde allerdings schon etwas langsamer, und so hinkte die aus der Drehung der Erde abgeleitete Zeit der neue Atomzeit der Cäsium-Uhren schon 1972 um zehn Sekunden hinterher.

Mithilfe der Schaltsekunden brachte man beides wieder in Einklang – zunächst bis 1979 in rascher Folge, seither nach Bedarf auf der Basis genauer Messungen der Erddrehung. „Von 1999 bis 2005 war keine einzige Schaltsekunde nötig“, so Bauch, „jetzt folgt schon nach anderthalb Jahren die nächste. Daran sieht man, wie erstaunlich unregelmäßig die Rotation der Erde ist.“

Die Einfügung der Schaltsekunde erfolgt überall auf der Erde zum gleichen Zeitpunkt, um Mitternacht nach Weltzeit – in Deutschland also tatsächlich erst um 1 Uhr morgens am 1. Januar 2017. Funkuhren berücksichtigen die Schaltsekunde anhand des von der PTB ausgestrahlten Zeitsignals automatisch. Im Alltagsleben hat die Schaltsekunde freilich keine große Bedeutung. Wichtig ist sie jedoch in der Astronomie und beispielsweise bei der Satellitennavigation für eine genaue Bestimmung von Positionen am Himmel und auf der Erde.

Eine Extra-Sekunde zum neuen Jahr (PTB)

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