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ERC Advanced Grant

Was Basalt mit dem Klima zu tun hat

Der Geochemiker Friedhelm von Blanckenburg leitet am GFZ die Sektion „Geochemie der Erdoberfläche“. Für seine Forschung erhielt er einen ERC-Advanced Grant. Die Auszeichnung ist mit 2,3 Mio Euro über fünf Jahre verbunden. Bild: Heinrich Hecht, GFZ

Wenn Gesteine verwittern, binden sie CO2 aus der Atmosphäre. Wie schnell das geschieht und welche Rolle dieser Prozess im globalen Kohlenstoff-Kreislauf spielt, untersuchen Forscher:innen am GFZ. 

Leben auf der Erde konnte nur entstehen, weil unser Planet eine Atmosphäre und damit einen natürlichen Treibhauseffekt hat. Das Treibhausgas CO2 spielt darin seit Milliarden von Jahren eine Schlüsselrolle. Seit Erdfrühzeiten blasen Vulkane CO2 in die Atmosphäre. Leben, wie wir es kennen, hätte nicht entstehen können, wenn es nicht zugleich einen sehr effektiven Prozess gäbe, der dieses Treibhausgas wieder aus der Atmosphäre entfernt: die Verwitterung von Gestein wirkt dem vulkanischen Ausatmen von Kohlendioxid entgegen, und zwar genau so viel, dass auf der Erde Temperaturen herrschten, unter denen es immer flüssiges Wasser auf der Erde gab. So pendeln in der Erdgeschichte die Temperaturen in einem Bereich, der Leben dauerhaft ermöglicht.

Auch wenn sich seit den Erdfrühzeiten der globale CO2-Kreislauf vor allem durch die Entstehung des Lebens modifiziert hat, ist der geologische Kohlendioxid-Zyklus nach wie vor wichtig für die klimatischen Bedingungen auf unserem Planeten. Besonders effektiv wird CO2 bei der Verwitterung von Basaltgestein verbraucht.

Das Problem dabei: gegenwärtig gibt es keine Instrumente zur quantitativen Erfassung von (mechanischer) Erosion und (chemischer) Verwitterung dieser Gesteine. Was heißt das für die Klimamodellierung? Welche Rolle spielen diese Größen im durch den Menschen veränderten Klimasystem? Und lassen sich aus den Verwitterungsprozessen eventuell Verfahren zum Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre entwickeln?

Geologische Zeiträume auf menschlicher Zeitskala

Die Europäische Gemeinschaft hält diese Fragen für so relevant, dass sie dem Geochemiker Professor Friedhelm von Blanckenburg vom Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ einen ERC Advanced Grant in der Höhe von 2,3 Mio. Euro zur Verfügung stellt. Er und sein Team sollen in ihrem Projekt DEVENDRA erforschen, welche Rolle die Gesteinsverwitterung im CO2-Kreislauf in der Erdgeschichte spielte und heute noch spielt.

von Blanckenburg erläutert die Frage: „Basalt als Gestein magmatischen Ursprungs ist für das natürliche Gleichgewicht von CO2 über geologische Zeiträume bedeutend, da es dieses Treibhausgas besonders effizient aus der Atmosphäre entzieht.“  Die Verwitterung von Karbonatgestein tut dies über Dekadeneine Zeitspanne, die für den Entzug von anthropogenen CO2 relevant ist. „Um ihre Prozesswirksamkeit im Klimageschehen qualitativ und quantitativ zu erfassen, nutzen wir ein innovatives Verfahren, das bisher noch nie auf Basalt- und Karbonatlithologien angewandt wurde: das Verhältnis von kosmogenem Beryllium-10, das aus der Atmosphäre abgeregnet wird, zu stabilem Beryllium-9, das durch Verwitterung freigesetzt wird.“

Der geologische Kreislauf des Kohlendioxids. Die Gesteinsverwitterung bindet chemisch das CO2, das aus Vulkanen ständig entweicht. Über Flüsse gelangt es in die Ozeane, wo es in Kalkablagerungen wie Korallenriffen oder Foraminiferenschlämmen langfristig gebunden wird. Abb.: M. Dziggel, GFZ

Kosmogene Isotope

Die verschiedenen Isotope der auf der Erde vorkommenden chemischen Elemente erlauben Rückschlüsse auf Alter, Kreisläufe und Wechselwirkungen von geologischen Prozessen. Friedhelm von Blanckenburg und seine Arbeitsgruppe sind weltweit ausgewiesene Spezialisten in dieser Isotopen-Geochemie. Sie betreiben am GFZ das Helmholtz-Laboratorium für die Geochemie der Erdoberfläche ("HELGES"). von Blanckenburg nutzt die HELGES-Feinstanalytik für einen besonderen Schwerpunkt: kosmogene Nuklide. „Das sind Isotope, die durch die ständig auf die Erde prasselnde kosmische Strahlung erzeugt werden“ erklärt von Blanckenburg. Besonders das kosmogene Beryllium-10 (10Be) steht im Mittelpunkt des ERC-Projekts DEVENDRA.

DEVENDRA  ̶  der Name ist dem aus Indien stammenden Pionier der Geochemie kosmogener Nuklide Devendra Lal (1920 – 2012) gewidmet – setzt die Isotope von Beryllium-10 und Beryllium-9 ins Verhältnis. von Blanckenburgs Team nutzt das Isotopenverhältnis 10Be/9Be als Bestimmungsgröße für die Erosions- und Verwitterungsraten dieser Gesteine. Das Verhältnis dieser Isotopen zueinander ist stabil und bekannt. Wenn sich der Anteil des Beryllium-9 in einer Probe relativ zu Beryllium-10 erhöht, kann man auf die Geschwindigkeit der Verwitterung der Gesteine schließen.

Damit das Verfahren weltweit einsetzbar ist, braucht man erstens global repräsentatives Probenmaterial. Gestein zerbröselt durch Erosion und Verwitterung und wird zu Boden. „Wir haben uns weltweit sechs repräsentative Orte ausgesucht, wo wir Boden- und Sedimentproben sammeln, Gebiete mit unterschiedlichem Klima und unterschiedlicher Erosionsrate“, erklärt der Geochemiker.

Zweitens braucht man hochpräzise Analysetechnik. Und hier kommt das oben erwähnte Helmholtz-Laboratorium HELGES ins Spiel. „Isotopengeochemie ist penibel-sterile Arbeit, und HELGES stellt die technische Infrastruktur zur Verfügung: zwei Reinstraumlabore der Klasse 1000+ sorgen für kontaminationsfreie Feinanalytik, hinzu kommen Geräte wie Massenspektrometrie, Laserablation – diese komplexe Infrastruktur hilft uns letztlich, die Gesetzmäßigkeiten zu kalibrieren, mit denen die Verwitterung und die CO2-Bindung in diesen Gesteinen bestimmt werden kann“. von Blanckenburg ist sich des Stellenwerts dieses einzigartigen Helmholtz-Laboratoriums bewusst.

Die Ergebnisse von DEVENDRA werden die globalen Verwitterungsmodelle verfeinern, und damit unser Wissen über den Kohlenstoffkreislauf der Erde auf geologischen Zeitskalen erweitern. Damit kann eine wichtige Lücke in Klimamodellen geschlossen werden. Das geht bis hin zur Vorhersage des Verlaufs des anthropogenen Kohlendioxids und seinen Wirkungen in den kommenden Jahrhunderten, denn der menschgemachte Klimawandel ist weltumfassend, geschieht aber in einer erdgeschichtlich einmalig kurzen Zeitspanne. Und schließlich:  Unter „negativen Emissionen“ versteht man den aktiven CO2-Entzug aus der Atmosphäre. Es gibt bekanntlich Pläne, feingemahlenen Basalt weltweit auf Böden zu streuen und so das vom Menschen in die Atmosphäre gepumpte Treibhausgas wieder zu binden. Auch für die Abschätzung des Potenzials dieser Technologie können die Ergebnisse von DEVENDRA verwendet werden. von Blanckenburg:„Wenn wir die CO2-Emissionen nicht sofort reduzieren, müssen wir zu solchen Maßnahmen greifen. Der menschgemachte Klimawandel hat erdgeschichtliche Dimension. Das System Erde strebt gemäß seiner naturgesetzlichen Dynamik bereits einem neuen Zustand zu.“

Bleibt noch anzumerken, dass Friedhelm von Blanckenburgs Sektion am GFZ sehr erfolgreich bei den ERC-Grants ist: zwei seiner Mitarbeiter erhielten eine Starting Grant bzw. einen Consolidator Grant.

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