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Wespen

Von wegen Plage

Papierwespe an neuem Nest. Alvesgaspar / Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Wespen haben ein schlechtes Image: Höchst aggressiv stürzen sie sich auf unser Grillfleisch und unseren Pflaumenkuchen. Doch sind sie wirklich so schlimm? Nein, sagen Menschen, die sich mit Wespen auskennen. Sie erklären, was tatsächlich gegen die Insekten hilft – ohne sie gleich zu töten.

Wenn wir von „den Wespen“ sprechen, meinen wir meist nur zwei der einigen Hundert in Deutschland heimischen Arten. Zwar können die Weibchen fast aller Arten stechen, aber nur die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe werden den Menschen lästig. Doch selbst sie würden sich keinesfalls automatisch aggressiv verhalten, sagt Lars Krogmann, der am Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart Wespen erforscht: „Ein Stich ist das letzte Mittel der Wespe, wenn sie sich bedroht fühlt, quasi ein Unfall, der auf die Verkettung vieler unglücklicher Umstände folgt.“

„Wespen sind nützliche Tiere“, sagt Brigitte Martin, die für den BUND im Raum Darmstadt ehrenamtlich als Wespenberaterin arbeitet, und dabei beispielsweise Wespennester umsiedelt. So seien sie Nahrung für einige Vogelarten. Die Königin eines Wespenvolkes bestäube zudem im Frühjahr einige Pflanzen, wie etwa die Stachelbeere – denn zu dieser Zeit seien Bienen noch nicht unterwegs. Und: Pro Tag frisst ein Wespenvolk etwa 500 Gramm Insekten. Darunter sind auch die bei Menschen wenig beliebten Stechmücken. Aber auch Grillfleisch ist eine Eiweißquelle, mit der Wespen ihren Nachwuchs versorgen. Sie selbst benötigen Kohlehydrate, die nicht nur in natürlich vorkommendem Fallobst, sondern eben auch im Kuchen in der Nähe des Menschen vorkommen. 

Einige Medien verbreiten, dass es diesen Sommer besonders viele Tiere gäbe. Für den Raum Darmstadt kann Brigitte Martin das mit Zahlen bestätigen. Im Juni dieses Jahres rückte sie 58 Mal aus, um Wespennester umzusiedeln, im Juni 2014 waren es 29 Einsätze und im Juni 2013 waren es sogar nur vier. „Objektive Zahlen gibt es nicht“, erklärt Alf Pille vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) in Bayern. Der Biologe hält es aber für wahrscheinlich, dass es in diesem Jahr mehr Wespen gibt. Das Frühjahr sei warm und trocken gewesen. „Wenn es feucht ist, werden Wespen häufig von Schimmelpilzen befallen“, begründet er.

Lars Krogmann vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart ist der Überzeugung, dass man nicht allgemein von einem Wespenjahr sprechen könne: „Das Wetter in Deutschland ist regional unterschiedlich, deshalb variiert auch die Wespenzahl je nach Gegend.“ Wer in einer Nachbarschaft lebe, in der es wenig Grün gebe, sei in der Regel auch weniger von Wespen geplagt. Allerdings spielten oft auch subjektive Einflussgrößen eine Rolle: „In diesem Sommer ist das Wetter besonders schön, weshalb wir viel Zeit im Freien verbringen – und auch potenziell mehr Kontakt mit Wespen haben können.“

Kein Wunder also, dass Hausmittel, die die Wespen vertreiben sollen, wieder Hochkonjunktur haben. So etwa das, Papiertüten – die unbedingt braun sein müssen – aufzuhängen. Diese, so heißt es, halten Wespen für das Nest eines fremden Wespen- oder Hornissenvolkes. Aus Angst würden sie  den Ort meiden. Alf Piller muss über diesen Tipp genauso lachen wie Brigitte Martin und Lars Krogmann. „Ich glaube da unterschätzt man die Fähigkeiten der Wespen. Sie nehmen wahr, ob in der Tüte etwas vibriert und summt“, so Biologe Piller. Zudem ließen sich nicht alle Wespenarten von Nestern anderer Völker abschrecken.

Hausmittel Nummer Zwei: Kaffeepulver anzünden, bis es glüht. Doch auch hier winkt Lars Krogmann ab. Es könne durchaus sein, dass die Insekten den Geruch vermeiden. Doch wenn in der Nähe auch Pflaumenkuchen stehe, schrecke das Wespen nicht ab, der Hunger sei stärker. „Da müsste man schon derart viel Kaffee anzünden, dass es auch für uns Menschen unangenehm wird“, gibt er zu Bedenken. Oft sei es Zufall, dass bestimmte Hausmittel wirken. Wer etwa an einem Tag mit wenig Wespen-Flugverkehr Kaffeepulver verbrenne, sei hinterher von diesem Trick überzeugt – obwohl es Zufall war.

Hilft es Haarspray auf der Terrasse zu versprühen?  Brigitte Martin hält das sogar für eine Art Wespenmagnet: „Je nach Haarspray sind vielleicht Duftstoffe enthalten, die Wespen signalisieren: Hier gibt es etwas mit Zucker.“ Die BUND-Mitarbeiterin rät deshalb sogar davon ab, Haarspray zu verwenden.

Was tatsächlich gegen Wespen hilft, da sind sich die drei Experten einig. „Man sollte Getränke und Speisen abdecken“, rät Lars Krogmann. „Leere Teller sofort abräumen“, empfiehlt Alf Piller. Und Brigitte Martin appelliert: „Kindern nach dem Essen die Hände waschen und den Mund abwischen.“ So sind große Wespen-Attraktionen schon mal beseitigt. Und ansonsten gilt: Cool bleiben. „Durch Schlagbewegungen und hektisches Fuchteln fühlen sich Wespen bedroht“, erklärt Alf Piller. Und Brigitte Martin setzt noch eins oben drauf: „Einfach warten, bis sie weg fliegen.“ Lars Krogmann rät auch für den Fall zu Gelassenheit, wenn eine Wespe unter das Shirt fliegt: „Einfach den Stoff vom Körper wegziehen, sodass die Wespe wegfliegen kann.“

Selbst für den Fall, dass der Mensch aus Unachtsamkeit oder wegen seines falschen Verhaltens gestochen wird, sind die Erste-Hilfe-Maßnahmen aus Sicht der Experten eindeutig: Die Stichwunde aussaugen und das Gift ausspucken. Und danach kühlen.

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