Direkt zum Seiteninhalt springen

Portrait

Verliebt in Moleküle

Bert Meijer ist einer der weltweit führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der supramolekularen Polymere und deren Anwendung in der Materialforschung und -entwicklung. Bild: Wikimedia

Komplexe Molekülsysteme und ihre Bildung sind Bert Meijers Spezialgebiet. Der niederländische Professor für organische Chemie forscht im Bereich supramolekulare Polymere.

Wenn man mit etwas Stunde um Stunde verbringt, wenn man der Welt davon erzählen will und es das Herz höherschlagen lässt, dann muss es wohl Liebe sein. „Ich bin verliebt in Moleküle“, bestätigt Egbert Willem „Bert“ Meijer, Professor für organische Chemie an der Technischen Universität Eindhoven und Spezialist auf dem Gebiet Supramolekulare Polymere.

Bert Meijer und die Chemie, das ist eine innige Beziehung. Die aber war nicht vorbestimmt: Nach der Schule ist Meijer klar, dass er etwas Naturwissenschaftliches studieren möchte. Mathematik und Biologie scheiden schnell aus, Physik ist es auch nicht. „Anfangs war es tatsächlich mehr das Ausschlussprinzip, das mich zur Chemie brachte“, gesteht der renommierte niederländische Forscher, der in seinem Leben für seine Forschungen zahlreiche ruhmreiche Auszeichnungen, Preise und Ehrendoktorwürden erhalten hat. Wer oder was also hat die Flamme entzündet?

„Als ich 20 war, brachte mein späterer PhD-Betreuer Hans Wijnberg mich in Kontakt mit Molekülen“, erklärt Meijer, für den Moleküle stets mehr darstellen als die kleinsten Teilchen mit den Eigenschaften des zugrundeliegenden Stoffes. Sie sind für ihn noch heute die Basis für Grundlagenforschung, die Innovationen möglich macht. Zehn Jahre lang kehrt Meijer der Wissenschaft dennoch den Rücken und arbeitet für die Industrie in Forschungszentren – eine Erfahrung, zu der er jedem Wissenschaftler raten würde.

<p>„Ich denke, es ist wirklich wichtig für den eigenen Werdegang, dass man seine Komfortzone verlässt und etwas komplett anderes macht“</p><p></p>

„Nachdem ich in der organischen Chemie gelernt hatte, sammelte ich in der Industrie Wissen in Bezug auf Polymere“, erzählt er. Mit diesen Praxis-Erfahrungen ging er an die Universität zurück und transferierte sie zurück in die Forschung. Ein weiterer Schlüsselmoment, denn die Verbindung zwischen den Polymeren, jenem chemischen Stoff, der aus Makromolekülen besteht, und den Erkenntnissen aus der organischen Chemie, sollte fortan sein Wirken bestimmen.

Supramolekulare Polymere

Supramolekulare Polymere sind Polymere (chemische Stoffe), die aus vergleichsweise schwachen chemischen Bindungen wie Wasserstoffbrücken zusammengehalten werden.

Diese Bindungen können einerseits leicht zerbrochen werden, können sich jedoch auch schnell wieder zurückbilden, weshalb sie als selbstheilende Materialien gelten.

So können sie beispielsweise beim Erhitzen schmelzen und Fließeigenschaften wie ganz normale Flüssigkeiten haben. Beim Abkühlen wandeln sie sich wieder in den Ausgangskunststoff um.

Für die Energieforschung, Elektronik und Biomedizin können die dynamischen Eigenschaften der supramolekularen Polymere von großem Vorteil sein.

Die Nachfrage nach Materialien, die gleichzeitig hart und weich, aber doch flexibel sind und vor allem wenig wiegen, wächst weltweit.

Komplexe Molekülsysteme als großes Rätsel der Menschheit

Bert Meijer ist als Begründer des Zentrums für Complex Molecular Systems damit beschäftigt, die für ihn zentralen und alles entscheidenen Fragen der Menschheit zu klären: „Wie hat das Leben auf der Erde begonnen? Wie sind die komplexen Molekülsysteme entstanden?“ Sein Spezialgebiet, supramolekulare Chemie, leistet dazu aus seiner Sicht einen elementaren Baustein. Die Erkenntnisse seines Teams würden dabei Themen wie Nachhaltigkeit und regenerativer Medizin helfen.

War Meijer zu Anfang seiner Karriere noch selbst intensiv mit Experimenten beschäftigt, begleitet er heute vor allem seine Studenten dabei. Das sei mittlerweile auch der schönste Teil seines Berufes – junge Menschen auf den ersten und wichtigsten Schritten ihrer wissenschaftlichen Karriere zu begleiten. Die eigenen Errungenschaften treten dabei für ihn immer mehr in den Hintergrund – was sind schon Preise, wenn man mit der Forschung die Zukunft zum besseren verändern könnte? Innovation brauche junge, kluge Menschen, die Fragen stellen. Im nächsten Jahr treffen sich seine Absolventen und Doktoranden, wovon mittlerweile viele selbst zu Größen in der Forschung gewachsen sind, zu einer Art Klassentreffen, auf das Bert Meijer sehr stolz ist.

Sein Vertrag mit der Universität dauere noch sechs Jahre, dann ist er 70. Müde ist er noch lange nicht, zu sehr brennt die Neugier in ihm. Wenn man etwas verändern wolle, müsse man auch den Willen haben, etwas Neues zu tun, sagt er. Er sei schnell gelangweilt. Was ihn ansport? „Wenn Menschen sagen, dass etwas unmöglich ist, dann werde ich neugierig. Ist es wirklich unmöglich?“

Strategische Bewertung der Helmholtz-Forschungsprogramme

Zwischen September 2019 und Februar 2020 findet die strategische Bewertung der Helmholtz-Forschungsprogramme statt. Ursula Bassler gehört zu dem hochkarätig besetzen Gremium aus internationalen, unabhängigen Wissenschaftlern, die die Programme unter die Lupe nehmen. Die Gutachter prüfen, ob die Forschungsprogramme richtig aufgestellt sind, und erarbeiten Empfehlungen für die Neuausrichtung der Helmholtz-Programme in den kommenden Jahren. 

Die strategische Bewertung der Helmholtz-Forschungsprogramme

Leser:innenkommentare