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Energiewende

Unser bestes Kraftwerk

Die Intensität des Sonnenlichts bekommen wir an einem heißen Sommertag zu spüren. Bild: Fotolia.com/rangizz

Sommer in Deutschland – und die Sonne liefert uns Energie frei Haus. Doch wie speichern wir sie für schlechte Zeiten?

Welche unbändige Kraft die Sonne entfalten kann, spürt jeder, der sich bei hochsommerlichen Bedingungen im Freien aufhält: Die Sonne bräunt unsere Haut, verursacht Sonnenbrand, erwärmt Gewässer und lässt uns schwitzen. Und die Sonne kann noch viel mehr. Mit ihren Strahlen können wir Elektrizität erzeugen, in unsere Stromnetze einspeisen und Energie aus Wasserstoff gewinnen.

Doch ein Problem bleibt: Was passiert mit all der Energie, die wir an Tagen wie diesen auffangen, mit der schier unendlichen Menge an Sonnenkraft, die auf uns herunterstrahlt? Privathaushalte und die Industrie brauchen den meisten Strom ja gerade dann, wenn die Sonne nicht am stärksten scheint oder der Wind am heftigsten weht. Eine Frage, die Forschern daher seit langem Kopfzerbrechen bereitet und in Zeiten der Energiewende drängender ist denn je: Wie können wir die Energie aus Sonne und Wind speichern für Zeiten, in denen sie dringend gebraucht wird?

Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat die Parole ausgegeben. Er sagt: „Die Energiewende muss ein Erfolg werden.“ Klar ist aber auch: Das kann sie nur, wenn die Stromspeicherung endlich besser gelingt. Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten daher mit Hochdruck an neuen Technologien.

Weit verbreitet sind bereits Pumpspeicherkraftwerke, die Energie mithilfe großer Wasserbecken vorhalten können. Allerdings sind in Deutschland die Kapazitäten für solche Pumpspeicher nahezu ausgeschöpft.

In Staßfurt in Sachsen-Anhalt testet das zu Helmholtz gehörende Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) deshalb in Kooperation mit Partnern aus der Industrie ADELE. Das etwas sperrige Akronym steht für „Adiabater Druckluftspeicher für die Elektrizitätsversorgung“ und funktioniert so: Bei Stromüberschuss pumpt ein Verdichter warme Druckluft in unterirdische Hohlräume. Bei Strombedarf kann man damit Strom erzeugen, um das Netz zu stabilisieren, ohne zusätzlichen Brennstoff für die Turbine zu benötigen.

ADELE ist nur eine von vielen Strategien, um das Stromspeicherproblem endlich in den Griff zu bekommen. An einer anderen arbeitet das Team von Roel van de Krol am Helmholtz-Zentrum Berlin, das in seiner Forschung zwei Technologien in einem Bauteil vereint: Zum einen die Elektrolyse von Wasser, bei der dieses mit elektrischem Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespaltet wird. Der Wasserstoff liefert Energie für Gasturbinen oder Brennstoffzellen. Zum anderen die Möglichkeit, mit Halbleitern wie Silizium, direkt Strom aus den Strahlen der Sonne zu erzeugen. Dieses Prinzip verwendet man in Solarpanels, wie sie auf Dächern installiert sind. Weil man Silizium aber nicht lange in Wasser tauchen kann, ohne das es korrodiert, beschichten die Forscher die Solarzelle mit Glas und Metalloxid.

„Es ist das Beste aus zwei Welten“, sagt van de Krol. „Wir nutzen die chemische Stabilität und den niedrigen Preis von Metalloxiden, bringen dies mit einer vergleichsweise einfachen und billigen Silizium-Solarzelle zusammen und erhalten eine günstige, sehr stabile und leistungsstarke Zelle.“ Bis diese allerdings reif für den kommerziellen Einsatz sei, müsse noch vieles optimiert, die Technologie effizienter und größer werden. „Unsere Zelle hat nur eine Fläche von einem Quadratzentimeter. Das ist viel zu wenig, wenn man damit in großem Maßstab Strom erzeugen will. Ich glaube aber, dass wir dieses Problem in ein paar Jahren gelöst haben.“ Dann stünde eine leistungsfähige Technik bereit, mit der man die Energie der Sonne speichern könnte.

Zugleich ist die Energiewende auch eine Herausforderung für unsere Stromnetze. Statt von wenigen zentral angebundenen großen Kraftwerken kommt Strom künftig von vielen kleinen Erzeugern. Doch die Sonne scheint eben nicht immer gleich stark und manchmal gar nicht. Dadurch steht mal mehr, mal weniger Leistung zur Verfügung. Geraten unsere Netze deshalb aus dem Takt, führt die Energiewende zum Stromausfall?

Marc Timme und Dirk Witthaut vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen haben in ihrer Grundlagenforschung zu Netzwerken herausgefunden, dass das nicht unbedingt so sein muss, wenn die Kapazitäten der Leitungen ausreichend hoch sind. „In unserem Modell synchronisieren sich die vielen kleinen Generatoren untereinander und mit den ans Netz angeschlossenen Motoren“, sagt Witthaut. Sie einigen sich sozusagen auf eine Durchschnittsschwingung. Diese gemeinsame Schwingung verhindert unter anderem, dass es zu Ausfällen oder Kurzschlüssen kommt.

Ist es also damit getan, einfach möglichst viele Kabel mit möglichst hoher Kapazität zu verlegen, um das Netz der Zukunft zu stabilisieren? Nach dem Prinzip: Je mehr Leitungen, desto besser?

Nicht unbedingt, wie Timme und Witthaut in weiteren Simulationen herausfanden. „In Stromnetzen könnte ein Paradox auftreten, dass wir aus der Verkehrsplanung kennen: Wenn eine zusätzliche große Straße gebaut wird, um den Verkehrsfluss zu verbessern, kann dies zu mehr Stau statt weniger führen. Dasselbe kann uns auch im Stromnetz passieren. Man sollte nicht einfach sagen: Wir bauen mehr Leitungen, und dann ist gut. Wir müssen auch die Kapazitäten der Zuleitungen verbessern“, sagt Witthaut. Bei komplexen Systemen wie Stromnetzen träten häufig Effekte auf, die nicht unserer Intuition entsprächen. Daher müsse man beim anstehenden Ausbau der Netze besonders umsichtig planen.

An einem sonnigen Sommertag stehen die Netze unter Hochspannung. Der Strom aus all den Sonnenkollektoren landauf landab fließt in die Netze. Es ist ein enormer Wert, der da entsteht. Bald werden wir ihn noch besser bewahren können. 

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