Typ-2-Diabetes
Test erlaubt Abschätzung des Alzheimer-Risikos
Typ-2-Diabetiker erkranken im Alter etwa doppelt so häufig an Alzheimer wie gesunde Vergleichspersonen. Anhand einer Handvoll Kriterien ist es möglich, das Risiko, innerhalb von zehn Jahren an Demenz zu erkranken, abzuschätzen. Das ist nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für Krankenkassen interessant
In einer Studie mit fast 30.000 über 60-jährigen Patienten konnten Wissenschaftler aus den USA und den Niederlanden zeigen, dass anhand von Alter und Ausbildungsgrad sowie sechs medizinischen Kriterien - darunter Herzkrankheiten, Depressionen und diabetes-typische Gefäßerkrankungen - eine ziemlich genaue Prognose über das Eintreten einer Alzheimer-Demenz möglich ist. Die Autoren studierten die Krankenakten der Patienten und ordneten sie anhand der genannten Kriterien in 14 Risikograde ein. Die Einordnung in die höchste Risikostufe bedeutet, dass eine Demenz innerhalb von zehn Jahren mit einer Wahrscheinlichkeit von über 70 Prozent auftritt. Die Forscher überprüften ihr Vorhersagesystem dann in einer anderen Patientengruppe und konnten zeigen, dass es funktioniert.
"Diese Ergebnisse bestätigen noch einmal in eindrücklicher Weise, was sich bereits seit einigen Jahren für Wissenschaftler und Ärzte herauskristallisiert: Dass in unserem Gehirn entscheidende Schnittstellenprozesse stattfinden, die Zusammenhänge zwischen Diabetes und Neurodegenerativen Erkrankungen erklären können", kommentiert Matthias Tschöp die Studie. Er ist Sprecher des Helmholtz Diabetes Centers am Helmholtz Zentrum München und Alexander-von-Humboldt Professor.
Je früher erkannt, desto besser kann eine Krankheit behandelt werden. Dieser Grundsatz gilt im Prinzip auch für Alzheimer-Demenz. Die Behandlungsmöglichkeiten bei Alzheimer sind allerdings noch begrenzt, unabhängig vom Zeitpunkt der ersten Diagnose. Der Münchener Mediziner sieht trotzdem einen wesentlichen Fortschritt: "Die hier vorgestellte Möglichkeit, mit Hilfe definierter Kriterien beispielsweise das Alzheimer-Risiko spezifisch für Diabetes Patienten vorauszusagen, ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung fachübergreifend personalisierter Prävention und individualisierter Therapie", sagt Tschöp. "Das ist eines der zentralen Ziele der Helmholtz-Gesundheitsforschung."
Ob die Patienten diese Prognose auch immer wissen möchten und wer berechtigt ist, die Ergebnisse einzusehen, ist eine andere Frage. Interessant ist das System natürlich für Krankenkassen, allein um zukünftige Kosten abschätzen zu können. Einer der Geldgeber der Studie ist eine der größten privaten Krankenversicherungen in den USA.
The Lancet Diabetes & Endocrinology, news release, Aug. 19, 2013
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