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Rohstoffe für die Energiewende

Saubere Zukunft beginnt beim Material

(Credit: Shutterstock/ Jose Luis Stephens)

Die Energiewende soll uns helfen, den Klimawandel aufzuhalten. Damit sie funktioniert, bedarf es aber auch einer Rohstoffwende. Am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) des HZDR arbeiten Forscherinnen und Forscher daran, dass diese gelingen kann.

Neue Technologien sollen unsere Energienetze mit Strom aus Sonne und Wind speisen. Alte Technologien, die mit CO2 aus fossilen Brennstoffen den Klimawandel vorantreiben, sollen ersetzt werden. Doch wie sieht es mit den Materialien aus, die wir für den Bau von Solarzellen und Windräder benötigen? Können wir einfach das verwenden, was wir bisher in Kohlemeiler oder Gaskraftwerke gesteckt haben?

Jens Gutzmer ist Institutsdirektor für Ressourcentechnologie am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). (Bild:HZDR/André Wirsig)

„Nein“, sagt Jens Gutzmer. „Damit die Energiewende gelingt, sollten wir unbedingt die Rohstoffseite im Blick haben. Denn um saubere Energie zu erhalten, müssen wir mehr und zum Teil auch ganz andere mineralische und metallische Rohstoffe investieren als in fossile Energiesysteme“, fügt der HIF-Direktor hinzu. Wie diese Rohstoffe nachhaltig bereitgestellt, effizient eingesetzt und umweltfreundlich recycelt werden können, ist Hauptforschungsthema des Instituts, das zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) gehört. „Bei uns forschen über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 30 Ländern daran, dass der Rohstoffbedarf in Zukunft auf nachhaltige Weise gedeckt werden kann“, erzählt Jens Gutzmer.

Rohstoffforschung ist Investition in CO2-freie Energie

Der Mineraloge weiß, warum ein solcher Aufwand erforderlich ist: „Solarzellen und Windräder liefern Energie, ohne die Umwelt dabei mit Abgasen zu belasten. Für ihren Bau sind aber Rohstoffe nötig, die sich in Art und Menge mitunter deutlich von anderen Kraftwerkstechnologien unterscheiden.“ So würde etwa eine Photovoltaikanlage bei gleicher durchschnittlicher Laufzeit pro Kilowatt Leistung etwa 650-mal mehr Aluminium und rund 100-mal mehr Kupfer als ein Gaskraftwerk benötigt. Für Eisen liegt der Faktor immer noch bei etwa 13. „Und dann gibt es noch Rohstoffe wie Silizium für die Photovoltaik oder Zink für Windanlagen, die in herkömmlichen Gas- und Kohlekraftwerken so gut wie gar nicht benötigt werden“, fügt der Experte hinzu. Zu diesen Rohstoffen für die Energieerzeugung kommt der Bedarf für weiter Rohstoffe zur Energiespeicherung. Beispiel Lithium: Das Leichtmetall ist die Basis für die aktuell am besten etablierte Batterietechnologie, mit der die regenerative Energie für die Zeiten ohne Wind und Sonne zwischengespeichert werden kann.

„Dass die Technologien mehr und auch andere Rohstoffe benötigen, spricht natürlich nicht gegen eine Energiewende“, sagt Jens Gutzmer. „Es bedeutet aber, dass wir uns so schnell wie möglich damit auseinandersetzen müssen, wie wir diese Rohstoffe so nachhaltig und umweltschonend wie möglich bereitstellen.“ Vor welchen Herausforderungen die Energiewende dabei steht, verdeutlicht er an zwei Beispielen.

Begehrter Rohstoff für die Infrastruktur

„Wohl kaum ein anderes Material ist ein so guter Wohlstandsindikator wie Kupfer“, erklärt er. „Das rötlich schimmernde Metall steckt in beinahe jeder Technologie, die mit elektrischer Energie betrieben wird.“ Kupfer ist ein exzellenter Strom- und Wärmeleiter, lässt sich leicht verarbeiten und kommt recht häufig in der Erdkruste vor. Den Umgang mit dem Metall perfektioniert die Menschheit schon seit vielen tausend Jahren. Das Buntmetall kann man sehr gut wiederverwenden: Kupferschrott lässt sich nicht nur gut und effizient einsammeln, sondern auch zu fast 100 Prozent recyclen.

Lässt sich also durch das Recycling von Kupfer das Problem der steigenden Nachfrage durch regenerative Kraftwerkstechnologien lösen? „Leider nicht“, sagt Jens Gutzmer. „Denn der Kupferbedarf wird zukünftig viel stärker steigen als der verfügbare Kupferschrott.“ Zum einen werde Kupfer in immer größeren Mengen benötigt wird, zum anderen steige der Lebensstandard der wachsenden Weltbevölkerung. Gleichzeitig sei gut die Hälfte des heute verwendeten Materials in der Infrastruktur gebunden. „Kupfer steckt in Gebäuden, im Stromnetz oder in Industrieanlagen“, erklärt der Mineraloge. „Und eben diese Infrastruktur hat einen sehr langen Lebenszyklus.“ Um den steigenden Bedarf zu decken, reiche Recycling auf lange Sicht also nicht aus, Kupfer müsse verstärkt im Bergbau gefördert werden. „Zum Glück kommt das Metall als Hauptprodukt in vielen Lagerstätten vor und wir haben in Europa eine relevante Produktion“, so Jens Gutzmer weiter. Wie solche Lagerstätten nicht nur effizient, sondern vor allem mit weniger Eingriffen in die Landschaft abgebaut und umweltverträglicher aufbereitet werden können, ist ein wichtiger Forschungsschwerpunkt seines Instituts.

Hochtechnologiemetall mit Recycling-Potenzial

Ein weiterer Fokus des Instituts liegt auf dem silbrigen Leichtmetall, ohne das kaum ein moderner Akku funktioniert: Lithium. Das leichteste Metall der Erde gehört zu den Hochtechnologiemetallen, ohne die keine Grundlastsicherung regenerativer Energien, keine Elektromobilität und auch keine tragbaren elektronischen Geräte möglich sind. „Auch beim Lithium spielt der Bergbau eine entscheidende Rolle – zumindest vorläufig“, sagt Jens Gutzmer. Da der Rohstoff noch nicht so lange genutzt wird, wie das Kupfer, sei die Menge ausgedienter Batterien aktuell noch überschaubar. Doch in einigen Jahren werde Recycling eine feste Größe bei der Verwendung von Lithium sein: „Die Batterien haben einen kürzeren Lebenszyklus als eine Gebäudeinstallation. Das Material kann also in absehbarer Zeit wieder in den Kreislauf überführt und für neue Akkus verwendet werden.“

Doch während das Recycling beim Kupfer schon lange ausgereift ist, mangelt es beim Lithium noch an industriell einsetzbaren und wirtschaftlichen Recyclingtechnologien. „Am HIF forschen wir bereits heute daran, dieses strategisch essenzielle Material im Wirtschaftskreislauf zu halten“, sagt Jens Gutzmer. „Dazu entwickeln wir Technologien für das Lithium-Recycling und skalieren diese auf einen industriellen Maßstab. Damit sind wir dann gut vorbereitet, wenn die erste Batteriegeneration von Elektroautos und Grundlastspeichern das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben.“

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