Neue Helmholtz-Geschäftsführerin
Sabine Helling-Moegen im Interview

Dr. Sabine Helling-Moegen. Bild: DZNE / Marcus Gloger
In einer Sondersitzung hat die Mitgliederversammlung der Helmholtz-Gemeinschaft die Wissenschaftsmanagerin Sabine Helling-Moegen zur neuen Geschäftsführerin gewählt.
Frau Helling-Moegen, was hat Sie besonders motiviert, sich für die Position der Geschäftsführung zur Wahl zu stellen?
Wir erleben aktuell eine unglaublich dynamische Phase für das Forschungsmanagement. Die Anforderungen an wissenschaftliche Organisationen verändern sich grundlegend – durch Digitalisierung, neue Kooperationsformen oder den gestiegenen Erwartungsdruck aus Gesellschaft und Politik. Gerade in dieser Situation braucht es forschungsnahe, strategisch gut aufgestellte Strukturen, die exzellente Wissenschaft möglich machen.
Die Helmholtz-Gemeinschaft ist hier Vorreiter: Sie ist lösungsorientiert, stellt sich langfristigen Herausforderungen und verbindet Grundlagenforschung, Anwendung und Großinfrastruktur auf einzigartige Weise. Die programmatische Ausrichtung von Helmholtz habe ich schon früh als strategisches Alleinstellungsmerkmal wahrgenommen – sie war auch Thema meiner Dissertation und hat meine Perspektive auf die Gemeinschaft bis heute mitgeprägt.
Wie stark die Forschung in den Helmholtz-Zentren ist, weiß ich aus meiner eigenen Erfahrung – durch meine Arbeit im Präsidium, aber auch als Vorständin eines Zentrums. Das DZNE mit seinem konsequent translationalen Ansatz – von der Grundlagenforschung über die Klinik bis zur Versorgung und Prävention – hat mir deutlich vor Augen geführt, wie sehr gute Wissenschaft auf passende Rahmenbedingungen angewiesen ist. Dazu zählen natürlich auch moderne Prozesse und die Transformation zur Digitalen Verwaltung, wie wir sie z.B. am DZNE schon früh auf den Weg gebracht haben. Diese Erfahrungen nehme ich mit, sie sind anschlussfähig für viele Themen in der Gemeinschaft.
Mit welchen Chancen und Herausforderungen sehen Sie Helmholtz in den kommenden Jahren konfrontiert?
Die großen Zukunftsfragen – von Gesundheit und demografischem Wandel bis zu Energie, Klima und Digitalisierung – zeigen, wie zentral der Beitrag von Wissenschaft für unsere Gesellschaft ist. Helmholtz bringt dafür sehr gute Voraussetzungen mit: die thematische Breite, exzellente Infrastrukturen, internationale Sichtbarkeit und die Fähigkeit, komplexe Themen in Programmen strategisch zu bearbeiten. Gleichzeitig erleben wir weltweit, dass Wissenschaft stärker unter Druck gerät – durch politische Dynamiken, neue Erwartungen, aber auch durch wachsenden Wettbewerb. Für uns heißt das: Wir müssen resilienter werden – inhaltlich, organisatorisch und in unserer internationalen Zusammenarbeit.
Daraus ergeben sich auch große Chancen – wenn wir unsere Ausrichtung klar darauf beziehen. Wir sollten gezielt daran arbeiten, internationaler zu werden: durch Personalgewinnung, durch tragfähige Partnerschaften und durch ein Umfeld, das Talente aus der ganzen Welt anspricht. Das braucht nicht nur neue Allianzen, sondern auch Pflege gewachsener Beziehungen. Auch der Einsatz Künstlicher Intelligenz wird unsere Arbeit zunehmend verändern – in der Forschung selbst, aber auch in ihrer Organisation. KI kann helfen, Prozesse zu beschleunigen, Daten besser nutzbar zu machen und Verwaltungsaufgaben neu zu strukturieren. Für Helmholtz liegt darin Potenzial – wenn wir den Einsatz klug planen, wissenschaftlich fundiert und verantwortungsvoll.
Welche Themen möchten Sie in den ersten 100 Tagen besonders in den Fokus nehmen?
Zunächst freue ich mich auf das persönliche Kennenlernen mit dem Team der Geschäftsstelle. Dieser direkte, vertrauensvolle Austausch ist mir wichtig – für das gemeinsame Verständnis, aber auch, um Erwartungen frühzeitig zu klären.
Gemeinsam mit Martin Keller werden wir das Onboarding in der Geschäftsführung gestalten. Zugleich beginnen wir in einer Zeit, die auch strategisch sehr anspruchsvoll ist. Die Umsetzung der Hightech Agenda des Bundes wird uns in den kommenden Monaten intensiv beschäftigen – nicht nur als politische Initiative, sondern auch als operative Aufgabe für die Geschäftsstelle und die Gemeinschaft.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der anstehenden strategischen Begutachtung der Programme. Wir werden uns in der Geschäftsstelle eng abstimmen, wie wir diesen Prozess klar strukturiert, verlässlich und serviceorientiert begleiten können.
Und nicht zuletzt ist es mir ein Anliegen, den internen Dialog zu stärken – über Forschungsbereiche, über Funktionen hinweg. Die Vielfalt von Helmholtz ist eine große Stärke. Damit sie wirksam wird, braucht es Räume für konstruktives und produktives Miteinander.
Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft?
Ich habe die Zusammenarbeit in der Helmholtz-Gemeinschaft aus verschiedenen Perspektiven erlebt – als Vorständin eines Zentrums, als Mitglied des Präsidiums und als Teil der Geschäftsstelle. Was mir dabei immer wieder begegnet ist – und was ich sehr schätze –, ist der sachliche, lösungsorientierte Umgang miteinander. Unterschiedliche Perspektiven werden ernst genommen, es geht nicht um Einheitlichkeit, sondern um gemeinsame Verantwortung. Die Vielfalt der Zentren – in ihren Profilen, Größen und fachlichen Ausrichtungen – ist eine große Stärke der Gemeinschaft. Gerade in dieser Unterschiedlichkeit liegt viel Potenzial, wenn man bereit ist, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Ein zentrales Instrument dafür sind die gemeinsamen Forschungsprogramme. Das Programmorientierte Förderverfahren gibt uns eine verbindliche, transparente Struktur – und zugleich den Raum, strategisch weiterzudenken. Ich bin überzeugt: Wenn wir es klug weiterentwickeln, kann es auch künftig die Balance zwischen Gemeinschaftsorientierung und individueller Profilbildung gut unterstützen. Auch bei Themen wie internationaler Talentgewinnung, Forschungsinfrastrukturen oder methodischer Entwicklung zeigt sich immer wieder, wie wirkungsvoll die Zusammenarbeit ist – wenn sie nicht aus Verpflichtung entsteht, sondern aus der Überzeugung, dass man gemeinsam weiterkommt.
Besonders freut mich, dass die Helmholtz-Akademie heute ein so etabliertes und wirksames Format der Führungskräfteentwicklung ist. Ich durfte ihren Aufbau in meiner damaligen Rolle als Bereichsleiterin in der Geschäftsstelle mitgestalten – und verfolge mit großer Freude, wie sie über die Jahre gewachsen ist. Dass die Akademie heute so stark in die Zentren hineinwirkt, ist für mich ein gutes Beispiel dafür, was möglich ist, wenn die Gemeinschaft langfristig denkt und gemeinsam handelt.
Wissenschaft steht in engem Austausch mit Gesellschaft und Politik. Was ist Ihre Vision für diesen Dialog?
Klimaschutz, neue Therapien für Volkskrankheiten oder die sichere Energieversorgung sind zentralen Themen, die Gesellschaft, Politik und Forschung gleichermaßen beschäftigen. Deshalb ist es wichtig, dass wir miteinander im Gespräch bleiben – und gemeinsam an Lösungen arbeiten. Wir brauchen starke wissenschaftliche Strukturen, wenn wir diese Herausforderungen wirklich meistern wollen, mit gut ausgestatteter Grundlagenforschung und konsequenter Vernetzung über die Grenzen von Disziplinen und Institutionen hinaus. Dafür ist ein faktenbasierter öffentlicher Diskurs unverzichtbar. Wir müssen noch stärker erklären, wie Forschung konkret zum verbesserten Lebensstandard der Menschen beiträgt, indem sie z.B. neue Technologien, verlässliche Daten oder medizinische Durchbrüche ermöglicht.
Gleichzeitig sollten wir sehr genau zuhören: Was bewegt die Gesellschaft? Welche Erwartungen gibt es an Wissenschaft, und wo müssen wir vielleicht neue Antworten finden? In der Helmholtz-Gemeinschaft gibt es für diesen Dialog bereits viele gute Formate – auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Ich sehe darin eine Daueraufgabe, die wir gemeinsam mit den Zentren weiterentwickeln sollten – differenziert, offen und mit klarem Blick auf unsere Verantwortung.
Sabine Helling-Moegen zur Geschäftsführerin der Helmholtz-Gemeinschaft gewählt
Sabine Helling-Moegen verantwortet als administrative Vorständin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) die Bereiche Finanzen, Personal, Einkauf, Drittmittelmanagement, Recht und Infrastruktur. Ihre Laufbahn im Wissenschaftsmanagement begann sie 2002 am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), einem weiteren Zentrum der Helmholtz-Gemeinschaft, wo sie früh Führungsverantwortung übernahm. 2006 wechselte sie in die Geschäftsstelle der Helmholtz-Gemeinschaft und war als Bereichsleiterin Administration neben klassischen Verwaltungsbereichen auch für wissenschaftspolitische Fragestellungen verantwortlich. In dieser Rolle leitete sie unter anderem den Aufbau der Helmholtz-Akademie für Führungskräfte. Von 2011 bis 2014 war sie Bereichsleiterin Personal bei der MLP AG und begleitete dort maßgeblich einen unternehmensweiten Transformationsprozess. Die promovierte Juristin hat in Würzburg, Regensburg, Lissabon sowie an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer studiert. Einen Master in „European and International Law“ erwarb sie an der University of Aberdeen in Schottland.
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