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Auszeichnung

Promotionspreis für sechs Nachwuchstalente

Vier der sechs Preisträger:innen konnten bei der Preisverleihung in Berlin dabei sein. Vlnr. Amran Al-Ashouri (HZB), Sarah Schröder (DESY), Helmholtz-Präsident Otmar D. Wiestler, Celia Baumhoer (DLR), Selina Jansky (DKFZ). Bild: Marco Urban

Bei Helmholtz forschen mehr als 8.000 Doktorandinnen und Doktoranden. Sechs von ihnen wurden jetzt ausgezeichnet. Mit dem Promotionspreis würdigt Helmholtz jedes Jahr die besten und originellsten Doktorarbeiten.

Aus jedem der sechs Forschunsgbereiche wurde eine Promotion ausgezeichnet. Helmholtz-Präsident Otmar D. Wiestler übergab die Urkunden beim Frühjahrsempfang der Gemeinschaft in Berlin. Wir haben die Preisträger gefragt, woran sie forschen und welche Pläne sie für die Zukunft haben.

Selina Jansky, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)

Worum geht es in Ihrer Forschung?

Neuroblastome sind Krebserkrankungen, die hauptsächlich Kinder unter sechs Jahren betreffen. Die Tumore entwickeln sich bereits vor der Geburt in der Nebenniere und den sympathischen Ganglien. Die Ursprungszelle, in der die Veränderungen stattfinden, die zur Krebsentstehung führen, war jedoch unbekannt. Um diese Ursprungszelle zu identifizieren, analysierten wir Gewebeproben von gesunden Nebennieren und sympathischen Ganglien aus verschiedenen Stadien der Embryonalentwicklung und verglichen sie mit Neuroblastomzellen mittels Einzelzell-Transkriptom-Sequenzierung. Es zeigte sich, dass unreife sympathische Neuroblasten im ersten Trimester der Schwangerschaft den Krebszellen am ähnlichsten und daher die wahrscheinliche Ursprungzelle des Neuroblastoms sind.

Was waren die größten Herausforderungen?

Der Zugang zu menschlichem embryonalen Geweben für die Forschung ist vor allem in Deutschland sehr restriktiv. Wir sind daher sehr glücklich mit der Human Developmental Biology Resource (HDBR) in Newcastle und London eine Gewebebank gefunden zu haben, die diese für die Forschung unschätzbar wertvollen Gewebe sammelt und Wissenschaftlern zur Verfügung stellt. Es ist uns gelungen, die Ethikkommission der Universität Heidelberg von unserem Projekt zur Analyse dieser in England gesammelten Gewebe zu überzeugen.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Ich möchte auf den Ergebnissen meiner Arbeit aufbauen, um weiterhin daran zu arbeiten, Krebserkrankungen besser zu verstehen und mögliche Therapieansätze zu entwickeln. So können wir nun zum Beispiel Therapien, die darauf abzielen Neuroblastome dazu zu bringen, sich in gesunde Nervenzellen zu differenzieren, besser evaluieren. Außerdem möchte ich unsere Einblicke in die Entwicklung normaler Zellen der Nebenniere nutzen, um die Entstehung anderer Tumore, die ihren Ursprung in diesem Organ haben, zu untersuchen.

Selina Jansky bei der Preisübergabe. Bild: Marco Urban

Celia Baumhoer, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Worum geht es in Ihrer Forschung?

In meiner Forschung geht es darum, anhand von Satellitendaten die Dynamiken Antarktischer Gletscher- und Eisschelffronten zu erfassen und die beobachteten Veränderungen in Bezug auf Klimaänderungen einzuordnen. Dazu habe ich einen Ansatz entwickelt, mit dem man automatisiert, anhand von Erdbeobachtungsdaten Kalbungsfronten entdecken kann. Er basiert auf einer innovativen Lösung, die künstliche Intelligenz und Big Data vereint. Das Ergebnis sind hochaufgelöste Zeitreihen Antarktischer Gletscher- und Eisschelffronten, die dafür genutzt werden können, Eisschildmodelle zu verbessern. Darüber hinaus gelang es, mit einer Kombination aus Frontpositionen und Klimadaten Umweltfaktoren identifiziert werden, die den Rückzug von Kalbungsfronten begünstigen.

Was waren die größten Herausforderungen?

Die größte Herausforderung war es innerhalb von nur drei Jahren in ein neues Forschungsfeld einzutauchen, sich methodisch das nötige Knowhow anzueignen und bei der Fülle an gewonnen Daten nicht den Überblick zu verlieren. Insbesondere methodisch stößt man immer wieder auf Herausforderungen, wenn man Algorithmen für Erdbeobachtungsdaten optimiert und diese später auf verschiedensten Server-Infrastrukturen funktionieren müssen.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Momentan bin ich als Post-Doktorandin am DLR angestellt und habe das Glück, dort meine Forschung weiterführen zu können. Ich bin in verschiedensten Projekten involviert, die thematisch sehr gut zum Thema meiner Doktorarbeit passen. Beispielsweise geht es darum, mit künstlicher Intelligenz weitere Fragestellungen zu lösen. Das Ziel ist es, Antarktische Eisschelffronten komplett automatisiert monitoren zu können und die kartierten Frontpositionen in Eisschildmodelle des Alfred-Wegener-Instituts zu integrieren. Es fasziniert mich immer wieder, wie viele Möglichkeiten uns die Erdbeobachtung bietet und ich freue mich auch weiterhin polare Regionen mit Satelliten- und Klimadaten erforschen zu dürfen.

Celia Baumhoer bei der Preisübergabe. Bild: Marco Urban

Amran Al-Ashouri, Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB)

Worum geht es bei Ihrer Forschung?

Ich forsche an Technologien, aus der neue Generationen von Solarzellen entstehen können. Es geht um sogenannte Tandemsolarzellen, bestehend aus den etablierten Silizium- und CIGS-Solarzellen als „Bottom“-Zelle und den neuartigen Perowskit-Solarzellen als „Top“-Zelle. Perowskit ist besonders gut dafür geeignet, den sichtbaren Teil des Sonnenspektrums in Strom zu verwandeln, Silizium dagegen, ist am effektivsten im infraroten Teil. Kombiniert ergibt sich ein deutlich höherer Wirkungsgrad als die einzelnen Solarzellen alleine schaffen könnten. In meiner Arbeit ging es um das Verständnis von Leistungsverlusten innerhalb der Zellen. Durch die Einführung neuartiger Kontaktschichten, bestehend aus organischen, selbst-organisierten Monolagen, konnten wir die Wirkungsgrade auf Rekordniveau erhöhen. Von 23.6% im Jahr 2017 auf nun 29.8% für Perowskit/Silizium-Tandems. Auch heute hält das HZB den Weltrekord durch die Anwendung dieser selbst-organisierter Monolagen (self-assembled monolayers, SAMs).

Was waren die größten Herausforderungen?

Rückblickend war der schwierigste Schritt das Erahnen (oder vielmehr das Erraten) der vielversprechendsten Strategie, um möglichst hohe Solarzelleffizienzen zu erreichen, und das möglichst schnell. Die Perowskit-Community ist durch die vielen Gruppen und schnelle Entwicklung sehr dynamisch, doch der Forschungsalltag ist manchmal langsam: Bis man eine Idee geprüft hat, vergehen schnell einige Wochen – und dann kommt die Entscheidung, ob man weiter einen Pfad verfolgt oder neue Wege sucht, was meist bedeutet die alten Ergebnisse zu verwerfen und noch einmal mit der auch körperlich herausfordernden Laborarbeit neu zu beginnen. Bei den SAMs habe ich glücklicherweise lange genug nach den optimalen Prozessierungsparametern gesucht – irgendwann haben sie den damaligen Standard übertreffen können und mir, meinen Kolleg:innen und anderen Laboren seitdem die Arbeit vereinfacht.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Was mich am meisten antreibt ist die Klimakrise. Die Gesellschaft ist in dieser Hinsicht noch sehr entspannt, was mich besorgt. Forschung ist überaus wichtig, um die Krise zu bewältigen. Die meisten Technologien, die dazu nötig wären, sind bereits vorhanden, sie werden nur nicht schnell genug umgesetzt. Hauptgründe sind neben dem fehlenden gesellschaftlichen Bewusstsein und dem daran gekoppelten politischen Willen auch die Preise einiger nachhaltigerer Technologien. In Zukunft möchte ich in der Industrie an Produkten arbeiten, die zur Bewältigung der Klimakrise gebraucht werden. Darüber hinaus möchte mich nebenbei weiterhin ehrenamtlich bei Organisationen engagieren, die über die Klimakrise aufklären.

Amran Al-Ashouri bei der Preisübergabe. Bild: Marco Urban.

Sarah Schröder, Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY

Worum geht es in Ihrer Forschung?

Teilchenbeschleuniger sind sehr vielseitig einsetzbare Instrumente, sie werden weit über die Grundlagenforschung hinaus auch in der Industrie oder Medizin eingesetzt. Ihr größtes Manko: ihre typische Größe von mehreren Kilometern! Mit der plasmabasierten Teilchenbeschleunigung könnten heutige Maschinen 10-mal, vielleicht sogar 100-mal kleiner gebaut werden und somit in der Gesellschaft eine breitere Anwendung finden. In meiner Arbeit habe ich eine Methode entwickelt, mit der das beschleunigende elektrische Feld im Plasma mit hoher Auflösung vermessen und präzise optimiert werden kann.

Was waren die größten Herausforderungen?

Mit der Verkleinerung der Beschleunigerstruktur steigt die notwendige Präzision, mit der ein Beschleuniger betrieben werden muss. Wir mussten stetig neue Methoden entwickeln, um den Beschleunigungsprozess im Plasma feinjustieren zu können. Um die Messungen des beschleunigenden Feldes mit Simulationen verifizieren zu können, musste das Experiment außerdem in einer bisher nicht gekannten Detailreiche nachmodelliert werden.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Einen Plasmabeschleuniger in eine erste Anwendung zu bringen, treibt mich an. Bis dahin sind allerdings noch einige Hürden zu nehmen. Die zwei Kernthemen, denen ich mich nun widmen werde, sind die Wiederholungsrate, mit der die Beschleunigung im Plasma betrieben werden kann, und die Stabilisierung des Beschleunigungsprozesses - letztlich müssen Plasmabeschleuniger genauso rund laufen wie die aktuellen Beschleuniger, das wird eine spannende Reise!

Sarah Schröder bei der Preisübergabe. Bild: Marco Urban.

Simone Andresen, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft (AWI)

Worum geht es in Ihrer Forschung?

Ob laute Geräusche beim Autofahren oder vibrierende Fensterscheiben infolge einer vorbeifahrenden Straßenbahn – technische Schwingungsprobleme sind allgegenwärtig. Solche unerwünschten Schwingungen gilt es zu vermeiden! Auch in der Natur sehen sich Organismen mit Schwingungsproblemen konfrontiert und man findet erstaunliche Lösungen, von denen wir uns etwas abschauen können. So konnte ich in meiner Arbeit zeigen, dass sich mit Hilfe von Strukturen und Optimierungsverfahren nach dem Vorbild von Kieselalgen unerwünschte Schwingungen effizient vermeiden lassen. In einem konkreten Anwendungsfall gelang mir die Entwicklung einer schwingungsoptimierten Magnetträgerstruktur für Teilchenbeschleuniger unter Einsatz biologisch inspirierten Methoden. Dabei arbeitete ich mit dem Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY zusammen.  

Was waren die größten Herausforderungen?

Das Thema „technische Schwingungen“ war neu in unserer Arbeitsgruppe „Bionischer Leichtbau“ am Alfred-Wegener-Institut (AWI. Ich konnte also kaum auf das Vorwissen von Kolleg:innen zurückgreifen. Eine weitere Herausforderung ist das interdisziplinäre Arbeiten: In unserem Projekt haben Kolleg:innen aus den Bereichen Biologie, Bionik, Maschinenbau und Teilchenphysik zusammengearbeitet. Jeder mit einem anderen fachlichen Vorwissen. Und es ist gar nicht so einfach, komplexe Themen so zu erklären, dass es Kolleg:innen anderer Fachbereiche verstehen. Trotzdem macht mir interdisziplinäres Arbeiten viel Spaß!

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Ich möchte das Thema „schwingungsoptimierte Leichtbaustrukturen“ weiter in unserer Arbeitsgruppe „Bionischer Leichtbau“ am AWI etablieren. Dabei interessiert mich zum einen die Anwendung der gewonnenen Erkenntnisse auf andere technische Anwendungsfälle. Darüber hinaus möchte ich die Schwingungseigenschaften von Kieselalgen noch weiter untersuchen. Alles in allem gibt es noch viele spannende Forschungsfragen, für die Antworten gesucht werden!

Alina Roitberg, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

 Worum geht es in Ihrer Forschung?

Das Ziel meiner Forschung ist es, zuverlässige, interpretierbare und dateneffiziente Algorithmen zur Erkennung menschlicher Aktivitäten zu entwickeln, um wichtige Probleme beim autonomen Fahren und in der Robotik zu lösen. Meine Forschung betrachtet zum ersten Mal visuelle Aktivitätenerkennung aus einer anderen Perspektive – der Perspektive der Unsicherheiten, und entwickelt Modelle, die verlässlich in einer offenen und dynamischen Umgebung funktionieren. Während meiner Doktorarbeit fokussierte ich mich speziell auf die automatische Analyse der Menschen für die Fahrerassistenz. So entwickelte ich neue Methoden zur Einschätzung des Fahrerzustandes. Neben der Identifizierung der Fahrerablenkung zur Erhöhung der Sicherheit können solche Algorithmen insbesondere in zukünftigen hochautomatisierten Fahrzeugen auch die Personalisierung und den Komfort erhöhen, z.B. durch Anpassung der Fahrweise beim Trinken eines Getränks oder Identifikation kritischer Situationen wie einem medizinischer Notfall.

Was waren die größten Herausforderungen?

Neben den hohen technischen und fachlichen Herausforderungen ist die Promotion auch auf persönlicher Ebene eine sehr intensive Zeit, die mit vielen Höhen und Tiefen verbunden ist. Auf der schönen Seite konnte ich auf Kongressen und Workshops auf der ganzen Welt Kontakte innerhalb der internationalen Forschungs-Community knüpfen und so viele tolle Menschen kennenlernen und auch Freundschaften schließen. Auf der Kehrseite muss man definitiv lernen, mit Misserfolgen und Ablehnung umzugehen und dabei den Selbstwert zu bewahren sowie aus Rückschlägen zu lernen.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft? 

In Zukunft möchte ich mich weiterhin mit der Entwicklung von neuen Algorithmen zur visuellen Erfassung des Menschen für assistive Systeme beschäftigen. In Karlsruhe leite ich seit kurzem die Arbeitsgruppe "Deep Learning für die Aktivitätserkennung" am Lehrstuhl "Computer Vision für Mensch-Maschine Interaktion" am KIT. Zurzeit beschäftigen wir uns insbesondere mit selbstlernenden Modellen zur Erkennung von Handlungen und Emotionen in Videodaten für die Unterstützung älterer Menschen. Mein langfristiges Forschungsziel ist es, eine Reihe von Tools und Modellen für zuverlässige und verantwortungsbewusste multimodale Erfassung der Menschen, ihrer Verhaltensweisen, Gewohnheiten, Emotionen, Ziele und Bedürfnisse für autonome selbstlernende Agenten zu entwickeln, die mit Menschen interagieren und sie in einer offenen sich verändernden Welt unterstützen. 

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