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Nur nicht nachlassen!

Otmar D. Wiestler ist Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft

Die Forschungsausgaben in Deutschland haben ein neues Rekordniveau erreicht. Darauf ausruhen dürfen wir uns nicht. Ein Kommentar von Otmar D. Wiestler

Die deutsche Wirtschaft ist stark – auch in der Finanzierung von Forschung. Wie der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft kürzlich erhoben hat, investierten die Unternehmen im Jahr 2015 mehr als 62 Milliarden Euro in ihre Forschung und Entwicklung (F & E) – ein Rekordplus von 9,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zwei Drittel der gesamten F & E-Ausgaben in Deutschland kommen damit aus der Industrie. Das ist eine respektable Leistung.

Auch Bund und Länder leisten Großartiges. Ein weiteres Drittel der Forschungsgelder stammt aus staatlichen Quellen. Diese Budgets wachsen seit Jahren markant. Allein der Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wird 2017 um knapp 1,2 Milliarden Euro auf rund 17,6 Milliarden Euro steigen. Das ist ein Plus von 7,6 Prozent im Vergleich zum Jahr 2016! Die sogenannte Forschungsquote Deutschlands, also der Anteil aller Forschungsausgaben an der gesamten Wirtschaftsleistung, liegt mittlerweile bei rund drei Prozent. Deutschland hat damit die Verpflichtung der europäischen Wachstumsstrategie erreicht. 

Eine stabile und langfristige Finanzierung auf diesem Niveau ist nicht nur für ein zukunftsfähiges Wissenschaftssystem unerlässlich. Sie ist es auch für den Wohlstand unseres Landes. Unsere Zukunft hängt entscheidend von unserer steten Innovationskraft ab. Die Hochschulen und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen benötigen dafür eine solide und langfristig planbare Finanzausstattung von Seiten des Bundes und der Länder. Nur dann können sie im Schulterschluss mit einer starken Industrie unsere Zukunft sichern. Haben wir dieses Ziel jetzt erreicht?

Wir haben ohne Frage viel erreicht. Allerdings dürfen wir uns jetzt nicht auf unseren Anstrengungen ausruhen, um auch im internationalen Vergleich einen Platz in der Spitzengruppe zu halten. Länder wie Finnland, Schweden, Japan oder Korea investieren immer noch mehr in Forschung und Entwicklung. Wir müssen aufschließen, wenn wir uns hier langfristig behaupten wollen.

Nach wie vor haben wir in Deutschland zahlreiche Baustellen, die wir uns auf Dauer nicht leisten können. In erster Linie zählen dazu die Karrieremöglichkeiten junger Talente. Nur wenn wir den Wissenschaftsstandort Deutschland noch attraktiver gestalten, können wir mehr junge Menschen für Berufe in der Wissenschaft begeistern, sie zu uns zu holen und sie auch halten. Dazu erwarten sie Planungssicherheit, also Arbeitsverträge mit vernünftigen Laufzeiten und angemessener Bezahlung. Gerade junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler brauchen Arbeitszeitmodelle, so dass sie Familie und Beruf miteinander vereinbaren können. Um exzellente Spitzenforscher aus aller Welt für Deutschland zu begeistern, müssen wir Professuren international wettbewerbsfähiger ausstatten oder entsprechende Positionen in der Forschung bieten. Und: Wir benötigen Spitzenstandorte in Deutschland, an denen Universitäten, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und die Wirtschaft sich zu international sichtbaren Leuchttürmen zusammentun.

Nein, wir haben das Ziel, unsere Zukunftsfähigkeit durch ausreichende und nachhaltige Investitionen in Forschung und Entwicklung zu sichern, noch nicht erreicht. Aber wir sind auf dem richtigen Weg. Wirtschaft und Politik wissen um die Bedeutung einer leistungsfähigen Wissenschaft. Jetzt heißt es: den erfolgreichen Kurs konsequent fortsetzen!

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