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Diskussionsreihe „Helmholtz & Uni“

„Noch viel Luft nach oben“

Die Podiumsteilnehmer von links nach rechts: Thomas Prinzler (Moderator), Jürgen Mlynek, Heike Küchmeister, Janine Görsch, Oliver Günther und Ulrich Teichler. Bild: Mark Wagner

Die deutschen Universitäten zwischen unterfinanzierter Lehre und ehrgeiziger Forschung, aber auch die jüngsten Beschlüssen zur Bildungs- und Forschungsfinanzierung standen im Blickpunkt einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion in Potsdam

Das nennt man glückliches Timing: Nur wenige Tage, nachdem sich Bund und Länder über die Verwendung zusätzlicher Milliarden für Bildung und Forschung verständigt hatten, luden die Universität Potsdam und die Helmholtz-Gemeinschaft zum wissenschaftspolitischen Schlagabtausch auf den Campus Griebnitzsee. Zur gestrigen sechsten Auflage der Diskussionsreihe "Helmholtz & Uni" konnten Universitätspräsident Oliver Günther und Helmholtz-Präsident Jürgen Mlynek den Kasseler Bildungsforscher Ulrich Teichler, die Leiterin der Potsdam Graduate School Heike Küchmeister sowie Doktorandin Janine Görsch vom Helmholtz-Zentrum Potsdam auf dem Podium begrüßen.

"Man muss die Politik auch mal loben", eröffnete Jürgen Mlynek das Gespräch über die jüngsten Beschlüsse der Großen Koalition. Die Einigung über die Verteilung zusätzlicher Mittel für Bildung und Forschung sowie die beabsichtigte Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Hochschulen sei "ein Befreiungsschlag und überwinde den Stillstand in der Rechtspflege". "Wie aber werden die Gelder verteilt werden, wer profitiert, wer nicht?", fragte Heike Küchmeister ins Auditorium des Hörsaals 2. Ulrich Teichler schlug in die gleiche Kerbe: "Es gibt eine wachsende inneruniversitäre Differenzierung; nur 20 Prozent der Wissenschaftler profitieren von zusätzlichen Mitteln." Dabei sei es zweitrangig, ob das Geld vom Bund oder vom jeweiligen Sitzland der Uni zur Verfügung gestellt werde.

Die nun in Aussicht stehenden zusätzlichen Millionen, unterstrich Oliver Günther, seien für die adäquate Versorgung der 20.000 Potsdamer Studierenden ebenso notwendig wie für anspruchsvolle Forschungskooperationen: "Ja, wir brauchen mehr Geld." Zugleich gelte es deutlich zu machen, dass es sich hierbei um Investitionen in die Prosperität des Landes handele. Ergänzend wies Jürgen Mlynek darauf hin, dass 95 Prozent aller Akademiker nach der Promotion ihre Kompetenzen außerhalb des Wissenschaftsbetriebes einbringen.

Beim Stichwort "Wissenschaftlicher Nachwuchs" wandte sich Moderator Thomas Prinzler vom Rundfunk Berlin-Brandenburg zunächst an Janine Görsch. Von der Zusammenarbeit der Uni Potsdam mit den vor Ort ansässigen Helmholtz-Zentren - dem Helmholtz-Zentrum Potsdam und dem Alfred-Wegener-Institut - habe sie sehr profitiert, sagte Görsch, etwa bei der Absicherung ihrer Forschungstätigkeit oder beim Erwerb überfachlicher Qualifikationen. "Doktoranden und Postdocs sind das Rückgrat der Forschung", bekräftigte Jürgen Mlynek, sie benötigten ein "Umfeld bescheinigter Qualität bei klarem Zeithorizont". Zu einem gelingenden Talentmanagement, ergänzte Heike Küchmeister, zählten maßgeblich auch eine gute Betreuung und karrieretaugliche Zusatzangebote. Die Kooperation der Potsdam Graduate School mit außeruniversitären Organisationen sei inzwischen durchweg erfreulich.

Höhere Wellen schlug ausgangs der lebhaften, ansonsten jedoch eher einvernehmlich geführten Diskussion die Frage nach dem strukturellen Aufwand der Universitäten für Forschungskooperationen mit außeruniversitären Partnern wie Helmholtz. Konsens bestand dabei über die Bedeutung gemeinsam unternommener Spitzenforschung: "Die Zusammenarbeit der Berliner Forschungseinrichtungen ist gut", stellte Oliver Günther fest. Projekte wie die geowissenschaftliche Plattform Geo.X würden Spitzenforscher aus aller Welt anziehen. Freilich, richtete Jürgen Mlynek den Blick in die Zukunft, gebe es bei diesen Kooperationen auch "noch viel Luft nach oben".

Strittig blieb, ob Hochschulen als solche mehr Profilierung benötigen - eine Profilierung, die möglicherweise zu Lasten "wertschöpfungsfernerer" Fächer geht. Ja, sagte Jürgen Mlynek, besonders für die internationale Sichtbarkeit. Nein, sagte Oliver Günther, denn eine gewisse Breite des Studienangebots sei für eine Universität wie Potsdam unverzichtbar. Vielleicht schon, aber derzeit eher nicht, meinte Ulrich Teichler, denn der internationale Trend sehe den "Profildampfer auf dem absteigenden Ast".

Das salomonische Schlusswort zu diesem Themenkomplex blieb einer überaus qualifizierten Besucherin der Veranstaltung vorbehalten: Sabine Kunst, frühere Potsdamer Universitätspräsidentin und jetzige brandenburgische Wissenschaftsministerin, plädierte für ein Zugleich von thematisch breiter Aufstellung und Profilierung durch Spitzenforschung. Darüber hinaus regte sie neue Anstrengungen an, die Stärken außeruniversitärer Forschung mit der universitären Ausbildung zu verbinden.

Jürgen Mlynek, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, Bild: Mark Wagner

Oliver Günther und Ulrich Teichler im Gespräch. Bild: Mark Wagner

Moderator Thomas Prinzler und Jürgen Mlynek. Bild: Mark Wagner

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