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Medizin

Nobelpreis für Malaria- und Parasitenforscher

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines von Malaria befallenen Blutkörperchens (blau eingefärbt). Bild: NIAID, flickr.com

Der diesjährige Nobelpreis für Medizin geht an drei Infektionsforscher. Dank ihrer Arbeit gibt es heute wirksame Medikamente gegen Malaria , Flussblindheit und Elephantiasis. Die Hälfte des Preises schrieb das Nobel-Komitee in Stockholm der Chinesin Youyou Tu zu. Die andere Hälfte teilen sich der gebürtige Ire William C. Campbell und der Japaner Satoshi Omura.

Kaum jemand hatte die drei Forscher und ihr Forschungsgebiet – die Entwicklung von Medikamenten gegen Parasiten – auf dem Zettel. Zumindest wurden in den vor der Preisverleihung üblichen Spekulationen andere Namen und Forschungsgebiete gehandelt. Doch das Nobel-Komitee in Stockholm hat wohl ganz im Sinne von Alfred Nobel entschieden. Demnach sollen den Preis diejenigen gewinnen, deren Forschung „den größten Nutzen für die Menschheit gebracht hat.“ Angesichts der insgesamt 3,4 Milliarden Menschen weltweit, die von Malaria, Elephantiasis und Flussblindheit potentiell betroffen sind, ist der Preis nicht überraschend. „Die Wirkstoffe tragen dazu bei, eine große Zahl sehr armer Menschen auf diesem Planeten von Infektionskrankheiten zu heilen, so dass sie wieder zur Schule gehen oder arbeiten können“, begründete ein Mitglied des Nobel-Komitees die Entscheidung. „Die Behandlung hilft ihnen auch, der Armut zu entkommen“.

Noch immer sterben jährlich bis zu 500.000 Menschen, überwiegend Kinder, an den Folgen einer Malaria-Infektion. Die chinesische Pharmazeutin Youyou Tu fand schon in mehrere hundert Jahre alten Lehrbüchern der Traditionellen Chinesischen Medizin Hinweise darauf, dass eine Pflanze – der Einjährige Beifuss (Artemisia annua) – wirksam gegen Malaria ist. Mit dem Handwerkszeug der modernen Wirkstoffforschung konnte die Wissenschaftlerin Artemisinin als den Wirkstoff identifizieren, der Malaria-Erreger in einem frühen Stadium tötet. Er löste das vorher in der Malaria-Therapie vorherrschende Chloroquin ab, gegen das die Malaria-Erreger resistent geworden waren. Interessant sind auch die politischen Begleitumstände der Entdeckung von Artemisinin: Im Vietnam-Krieg verlor das mit China verbündete Nord-Vietnam mehr Soldaten durch Malaria-Infektionen als durch die Waffen der Gegner. China setzte alles daran, einen Wirkstoff gegen die verheerende Infektionskrankheit zu finden und startete ein geheimes Forschungsprogramm, das sich zunächst auf synthetische Wirkstoffe konzentrierte. Erst nachdem dieser Ansatz erfolglos blieb, wies die Regierung die Akademie für Traditionelle Chinesische Medizin an, Wissenschaftler für das Projekt abzustellen. So kam Youyou Tu, die sowohl in moderner Pharmakologie als auch in Traditioneller Chinesischer Medizin gut ausgebildet war, in das Forschungsprogramm.  

Flussblindheit und Elephantiasis werden durch Fadenwürmer (Nematoden) ausgelöst. Die Flussblindheit führt zu Schädigungen der Augen bis zum Verlust der Sehkraft, Elephantiasis zu Schwellungen der Extremitäten. Campbell und Omura entdeckten den Wirkstoff Avermectin, der die Würmer im Larvenstadium abtötet. Die Substanz stammt aus Streptomyceten, einer Gattung von Bakterien, die auch andere Antibiotika produzieren. Omura gelang es, aus Bodenproben mehrere neue Streptomyceten-Stämme im Labor zu kultivieren. Unter Tausenden dieser neuen Stämme fand er schließlich den heraus, der den Wirkstoff produziert. Die Probe, die den Stamm enthielt, stammte übrigens von einem japanischen Golfplatz. Campbell gelang es, den Wirkstoff aus Omuras Bakterien-Kulturen zu isolieren und chemisch so zu verändern, dass er noch wirksamer wurde. Die Medikamente, die heute auf dem Markt sind, sind chemische Abwandlungen des isolierten Wirkstoffes. „Bemerkenswert ist, dass es sich in den beiden mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Erfolgen um Naturstoffe handelt, mit denen es gelungen ist, wichtige Krankheiten durchschlagend einzudämmen“, so Mark Brönstrup, Leiter der Abteilung Chemische Biologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. „Es zeigt sich, dass es auf dem Gebiet der Infektionsforschung sehr vielversprechend ist, Naturstoffe weiter zu erforschen“.

Pressemitteilung des Nobel-Komitees

Forschungsbereich  Antiinfektiva am HZI

"Die Landkarte im Kopf" Nobelpreis für Medizin 2014

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