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Nachgefragt

Können Computer Gedanken lesen?

Bild: picture-alliance / dieKLEITERT.de / Peter Maltz

Computer sind mittlerweile in der Lage, gesprochene Worte in Text umzuwandeln. Aber können sie auch Gedanken lesen? Tanja Schultz ist Informatikerin und leitet das Cognitive Systems Lab, das gerade vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) an die Universität Bremen umgezogen ist.

"Eine SMS nur mit den Gedanken zu übertragen ist noch Zukunftsmusik - auch wenn wir am KIT schon daran geforscht haben, aus Hirnströmen gesprochene Laute und sogar ganze Sätze zu rekonstruieren und sie per Computer als Text wiederzugeben. Die Daten, die wir dafür brauchten, haben Mediziner bei Epilepsie-Patienten, die sich freiwillig beteiligt haben, für uns gesammelt: Ihnen musste während ihrer Epilepsie-Behandlung die Schädeldecke geöffnet werden. Die Ärzte haben dabei ein Elektrodengitter auf das Gehirn gelegt. Patienten, bei denen das Gitter auf Arealen lag, die für die Sprache zuständig sind, haben Texte laut vorgelesen. Die dabei entstandenen Hirnsignale haben wir parallel zur hörbaren Sprache aufgenommen. Dann haben wir die akustischen mit den elektrischen Signalen verglichen und auf Basis von Spracherkennungsalgorithmen bestimmte Hirnaktivitäten konkreten Lauten zugeordnet.

So konnten wir aufgezeichnete Hirnsignale am Computer automatisch in ganze Sätze umwandeln. Eine SMS nur zu denken, ist aber noch nicht möglich. Bei unseren Versuchen haben wir die Hirnsignale aufgenommen, während die Patienten den Text laut sprachen. Wenn jemand aber einen Satz nur denkt, ohne dabei zu sprechen, sehen auch die Hirnsignale etwas anders aus. Insbesondere fehlt uns dann das akustische Feedback zum Abgleich der Signale. Und wir brauchen bessere Sensortechnologie: Zwar gibt es Geräte, die Hirnsignale von außen in hoher Auflösung messen, aber die Hirnschale dämpft und verrauscht die Signale für unsere Zwecke noch zu stark. Die Gedanken, die uns nur so durch den Kopf geistern, kann man aber auch in Zukunft nicht lesen. Unsere Methode greift auf Hirnareale zu, die für die Artikulation zuständig sind. Damit sie aktiv werden, müssen Wörter ganz bewusst gedacht werden, ähnlich wie beim stillen Lesen."

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