Interview

Klimadaten für den Hamburger Hafen

Dr. Monica Ionita, Klimatologin am Alfred-Wegener-Institut. Bild: AWI

Seit acht Jahren unterstützten Forscher:innen vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung die Hamburg Port Authority mit saisonalen Wasserstandsprognosen. Wie das funktioniert, erklärt die Klimatologin Monica Ionata.

Wir vergleichen das Auftreten extremer Wetterereignisse heute mit dem in der Vergangenheit. Dazu nutzen wir Daten aus Klimaarchiven wie Baumringen und Eisbohrkernen. Unser Ziel ist es, Muster zu erkennen, mit denen wir das zukünftige Klima besser abschätzen können. Unsere Modelle helfen uns, die aktuelle Wetterlage einzuordnen und fundierte Prognosen zu erstellen.

Das Problem ist, dass das, was wir derzeit beobachten – und auch in den vergangenen zehn Jahren beobachtet haben – in der Vergangenheit keine direkte Entsprechung hat. Deshalb passen wir unsere Modelle an die aktuellen Bedingungen an. Alles geschieht heute deutlich schneller, und die Ereignisse sind extremer. Dürren dauern länger und entwickeln sich rasch. So können wir beispielsweise einen extrem nassen Winter haben, wie in den vergangenen Jahren mehrfach, gefolgt von einem sehr trockenen Frühjahr – wie in diesem Jahr in Norddeutschland. Dieser Übergang erfolgt sehr schnell. Wir wechseln von nassen zu trockenen Perioden in kurzer Zeit. Während dieses Übergangs müssen unsere Systeme berücksichtigen, dass solche Veränderungen heute deutlich schneller auftreten als früher.

Ja. Sie helfen uns, die aktuelle Wetterlage zu verstehen. Wir arbeiten mit physikalisch fundierten Modellen, nicht mit reiner Statistik. Wir suchen nach Analogien in der Vergangenheit und lassen diese in unsere Modelle einfließen.

Wir wissen zum Beispiel, dass mit jedem Grad Erwärmung etwa sieben Prozent mehr Wasserdampf in die Atmosphäre gelangt. Das führt insgesamt zu mehr Niederschlägen. Wo diese genau fallen, ist jedoch schwieriger vorherzusagen. Manchmal gelingen uns präzise Vorhersagen, manchmal nicht. Im Dezember 2024 gab es etwa extreme Niederschläge und Überschwemmungen. Wir wussten, dass es regnen würde, haben aber das Ausmaß nicht erwartet. Das ist aktuell eine zentrale Herausforderung. Dennoch sind unsere Modelle physikalisch begründet, sodass wir mithilfe von Informationen aus der Vergangenheit Vorhersagen treffen und aktuelle Ereignisse besser einordnen können.

Ein wesentlicher Unterschied zu heute ist, dass frühere Dürren – oft sogenannte Kältedürren – vor allem durch mehrere aufeinanderfolgende Jahre mit geringen Niederschlägen entstanden. Die Menschen waren stärker von Regen abhängig, weil die Temperaturen niedriger waren. Heute erleben wir ebenfalls Niederschlagsdefizite, aber bei höheren Temperaturen, die die Verdunstung beschleunigen. Dadurch sind Dürrebedingungen heute deutlich extremer als vor 200 Jahren.

Wir liefern der Behörde monatliche und saisonale Vorhersagen zum Wasserstand der Elbe. Dieses Projekt startete vor acht Jahren und wird seither jährlich verlängert. Seit drei Jahren gibt es ein weiteres Projekt, das sich auf den Rhein konzentriert und ebenfalls der Wasserwirtschaft dient. Ziel ist es, den Behörden Informationen über die zu erwartenden Wasserstände in den kommenden drei Monaten bereitzustellen.

Unsere Prognosen für die Hamburg Port Authority sind besonders im Sommer sehr genau, wenn sie entscheidend sind. Ende Mai wissen wir in der Regel, ob ein trockener Sommer bevorsteht. Wir liefern eine Dreimonatsprognose: „Im Sommer wird es nicht genug Wasser für große Schiffe geben – ergreifen Sie bitte entsprechende Maßnahmen.“ Die Genauigkeit des Modells ist hoch. Ende Mai haben wir vorausgesagt, dass dieser Sommer sehr trocken wird. Aktuelle Messungen bestätigen, dass in der Elbe nur wenig Wasser vorhanden ist.

Ja, es hat geregnet. Anfang Juli lag der Wasserstand nahe Hamburg jedoch bei etwa 110 Zentimetern. Jetzt, nach den Regenfällen, sind es 120 Zentimeter. Die Temperaturen waren so hoch, dass selbst bei starkem Regen ein Großteil des Wassers verdunstete. Es drang kaum in den Boden ein und trug nicht nachhaltig zur Erhöhung des Wasserstands bei. Kurzfristige Anstiege verschwinden schnell, weil im Einzugsgebiet nur wenig Wasser gespeichert ist.

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