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DZNE

Hirnforschung unter einem Dach

Das neue DZNE-Gebäude in Bonn. Bild: Archigraphie Steffen Vogt

In Bonn ist ein einzigartiges neues Forschungsgebäude entstanden. Im Interview spricht Pierluigi Nicotera, Chef des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen über die Vorteile des Neubaus.

Am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) werden Ursachen von Erkrankungen des Nervensystems wie der Alzheimer-Demenz oder der Parkinson-Krankheit erforscht sowie Strategien zur Prävention, Therapie und Pflege entwickelt. Das Zentrum ist bundesweit auf neun Standorte verteilt, einer davon ist Bonn. 

Herr Nicotera, am Mittwoch wird der DZNE-Neubau am Venusberg in Bonn eröffnet. Warum ist das neue Gebäude notwendig? 

Die rund 500 DZNE-Beschäftigten waren zuvor an sechs Orten über ganz Bonn verteilt, etwa an der Universitätsklinik, am Life & Medical Sciences-Institut (LIMES) oder am Center of Advanced European Studies and Research (Caesar). Das hat die interne Zusammenarbeit nicht einfach gemacht. Jetzt sind alle Mitarbeiter unter einem Dach, das wird die Forschungsaktivitäten ankurbeln. 

Was sind die Vorteile des Neubaus?

In der neuen Klinischen Forschungseinheit werden Studien zur Verbesserung der Diagnostik unter Verwendung technischer Geräte und diagnostischer Maßnahmen - etwa Nervenwasserentnahme zur Bestimmung von Biomarkern - durchgeführt. Therapeutische Studien sind sowohl ambulant als auch mit 24-Stunden-Überwachung möglich.

Das Design des neuen Gebäudes ist besonders. So sind die drei Gebäudeteile des DZNE mit sogenannten Kommunikationsecken ausgestattet. Was sollen sie bewirken? 

Prof. Dr. Pierluigi Nicotera, Wissenschaftlicher Vorstand des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in der Helmholtz-Gemeinschaft. Bild: DZNE / Daniel Bayer

Die „Kommunikationsecken“ sind eigentlich runde Sitznischen, die die drei Gebäudeteile und damit die Klinische Forschung, die Grundlagenforschung mit den biomedizinischen Laboren sowie die Bevölkerungsstudien mit dem präklinischen Zentrum verbinden. Wir haben diese Rondelle mit Sitzgelegenheiten und Projektionsmöglichkeiten ausgestattet, so dass sich dort die Mitarbeiter aus allen Gebäuden verabreden können, um bei einem Kaffee Daten zu analysieren oder Ideen zu diskutieren. Diese Orte sollen Treffpunkte werden.

Warum legt das DZNE so viel Wert auf architektonische Besonderheiten?

Mir ist die Einheit von Form und Funktion für die Forschung wichtig. Die DZNE-Beschäftigten sollen sich begegnen können. Das war unser Anspruch an die Architekten für den Neubau, und das haben sie sehr gut umgesetzt.

Der Neubau kostete ca. 127 Millionen Euro und ist damit eines der größten Forschungsbauten in NRW. Warum sind diese Investitionen in exzellente Forschung wichtig?

Das Gebäude bringt unterschiedliche Komponenten der Forschung zu neurodegenerativen Erkrankungen zusammen. Am DZNE haben wir keine medizinische Abteilung, wir behandeln keine Krankheiten sondern erforschen sie. Wir verfügen aber über eine starke Grundlagenforschung, um die Mechanismen neurodegenerativer Krankheiten zu verstehen, um etwa Antikörper oder biologische Substanzen zu testen. Für die klinische Forschung benötigen wir eine bestimmte Anzahl klinischer Studien, die sehr effektiv gemacht werden müssen. Das braucht Zeit. Jetzt beide Einheiten, also Grundlagenforschung und Klinik, im eigenen Gebäude zu vereinen, ist ein großer Vorteil, denn so lassen sich schnell Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in klinische Studien überführen. Zudem können wir Vorstudien mit wenigen Probanden durchführen, um zum Beispiel Nebenwirkungen von Arzneimitteln zu analysieren. Auch Bevölkerungsstudien und damit die Analyse großer Datenmassen werden immer wichtiger. Das Altern ist der wesentliche Faktor für neurodegenerative Erkrankungen und wir wollen wissen, welche Prozesse für die Krankheitsentstehung ursächlich sind. Verstehen wir diese, können wir mehr unternehmen etwa für Prävention und Diagnose. Für all das braucht es eine hochtechnologisierte, zentrale Infrastruktur. Diese haben wir jetzt am DZNE. Ich bin mir sicher, dies wird unsere Forschung auf ein höheres Niveau heben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zur Eröffnung des Neubaus gekommen. Was haben Sie ihr gesagt?

Ich habe mich dafür bedankt, dass der Bund etwa ein Drittel des Neubaus finanziert hat, das Land NRW die restlichen zwei Drittel. Die andere Botschaft war, dass das DZNE als wissenschaftliche Einrichtung davon getrieben ist, Krankheiten zu heilen und damit den Menschen zu helfen. Wissenschaft und Forschung sind die Basis des Fortschritts der Menschheit. Einige sehen das heutzutage anders. Deshalb brauchen wir eine neue Aufklärung – und das neue Gebäude ist ein schönes Zeichen dafür.

Linktipp

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