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Resonator-Podcast

Größter Raubsaurier war eine Wasserratte

So könnte es ausgesehen haben in den Gewässern Nordafrikas vor etwa 100 Millonen Jahren. Graphische Darstellung: Davide Bonadonna. Quellen: Nizar Ibrahim, Universität Chicago, Christiano dal Dasso und Simone Magauco, Naturhistorisches Museum Mailand. National Geographic Imagery

Lange war sehr wenig bekannt über das größte Raubtier, das je auf der Erde gelebt hat. Nun wird klar, dass Spinosaurus wohl hauptsächlich im Wasser lebte. Herausgefunden hat dies ein Team um den Paläontologen Nizar Ibrahim. In unserem Forschungspodcast erzählt er die verblüffende Geschichte der Entdeckung eines Spinosaurus-Skeletts

Nordafrika war vor etwa 97 Millionen Jahren ein sehr gefährlicher Ort. Vielleicht der gefährlichste, den es je gab. "Die Gefahr gefressen zu werden war ziemlich hoch", meint Nizar Ibrahim, Paläontologe von der Universität Chicago und National Geographic Fellow. In der Sahara - zur damaligen Zeit eine riesige Flusslandschaft - wimmelte es nur so von hochspezialisierten fleischfressenden Sauriern und Raubfischen. Pflanzenfresser waren rar und hatten ein schweres Leben. Fisch und anderes Flussgetier gab es in rauen Mengen. Der größte unter den Räubern war Spinosaurus - auch Dornenechse genannt. Mit etwa 15 Metern Länge stellt er Tyrannosaurus rex deutlich in den Schatten und ist das größte Raubtier, das gelebt hat. "Das Tier ist wirklich furchterregend und hat eine Reihe ungewöhnlicher Merkmale", so Ibrahim. Es hat verhältnismäßig kurze Hinterbeine, breite abgeflachte Klauen, einen krokodilartigen Schädel und dichte Knochen. Alles Anpassungen, die darauf hindeuten, dass Spinosaurus viel Zeit im Wasser verbracht hat.

Nizar Ibrahim/Photo by Robert Loveridge

Trotz aller Gefahren würde Ibrahim sich gerne in eine Zeitmaschine setzen, um sich die Tiere einmal live anzuschauen, deren Skelette er mühsam aus staubigen Einzelfunden rekonstruiert. Bei einem Spaziergang entlang der Ufer der unzähligen Flüsse hätte sich ihm ein einzigartiges Bild geboten. Ibrahim stellt es sich so vor: Die Dornenechsen waten und jagen im seichten Wasser, so dass vielerorts nur noch das bis zu zwei Meter große Rückensegel - zweifellos das merkwürdigste der Spinosaurus-Merkmale – aus dem Wasser ragte. Diese Vorstellung lässt Ibrahims Theorie über die Funktion des Rückensegels plausibel erscheinen: „Ich glaube es war so etwas wie ein Pfauenrad“, meint er. Eine Struktur also, die dazu dient, Artgenossen auf seine Größe, Stärke oder das Geschlecht hinzuweisen. Auch dann, wenn das Tier im Wasser ist.

Fragen nach der Lebensweise von Dinosauriern zweifelsfrei zu beantworten, ist äußerst schwierig. Denn alles was die Paläontologen in der Hand haben sind versteinerte Überbleibsel der Tiere. Im Falle von Spinosaurus waren es bis jetzt nur ein paar vereinzelte versteinerte Knochenreste. Das einzige größere Teilskelett, entdeckt durch den deutschen Forscher Ernst Freiherr Stromer von Reichenbach, ist im April 1944 bei einem britischen Bombenangriff auf München komplett zerstört worden. Nizar Ibrahim hat überall in der Welt versucht Skelettteile ausfindig zu machen. Mit mäßigem Erfolg, bis er auf einen Fund in Marokko stieß. In unserem Resonator-Podcast erzählt er die unglaubliche Geschichte der Entdeckung des Spinosaurus-Grabs, die schließlich zu der vollständigen Rekonstruktion eines Spinosaurus-Skelettes führte.

Die Ergebnisse seiner Untersuchungen hat Ibrahim nun in der Zeitschrift Science veröffentlicht und damit für großes Aufsehen in der Fachwelt gesorgt. „Der Fund ist wirklich einzigartig. Er zeigt erstmals die Proportionen des Skeletts und viele Einzelteile, die vorher nicht bekannt waren“, so Daniela Schwarz-Wings, Saurierforscherin am Berliner Museum für Naturkunde. „Wenn man sich das Skelett ansieht, besteht wenig Zweifel daran, dass er die meiste Zeit seines Lebens im Wasser verbracht hat."

Zum Podcast

"Paläontologie mit Nizar Ibrahim"

Alle Resonator-Episoden im Überblick

Weitere Links

 "This in the only known swimming dinosaur" (Science)

Nizar Ibrahim - National Geographic Fellow (National Geographic)

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