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Zweitverwertungsrecht

Forschungsorganisationen kritisieren Einschränkungen

Bild: istockphoto.com/blyjak

Noch vor der Sommerpause hat der Bundestag mit der Mehrheit von Union und FDP die Einführung eines Zweitverwertungsrechts beschlossen. Wissenschaftler sollen in Zukunft das Recht haben, ihre Forschungsergebnisse nach der Erstveröffentlichung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift ein zweites Mal online zugänglich zu machen. Auf diese Weise soll auch die Öffentlichkeit freien Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen bekommen. Doch die beschlossene Regelung hat Einschränkungen, die unter anderem die deutschen Wissenschaftsorganisationen kritisieren.

Was ist das Zweitverwertungsrecht?

Wenn ein Wissenschaftler seine Forschungsergebnisse in einer wissenschaftlichen Zeitschrift publiziert, tritt er häufig durch die Unterzeichnung eines Autorenvertrags alle seine Verwertungsrechte an den Verlag ab. Mit dem Zweitverwertungsrecht will die Politik Autoren wissenschaftlicher Beiträge nun ein unabdingbares Recht einräumen, ihre Artikel nach einem Jahr für die Öffentlichkeit online zugänglich zu machen, unabhängig davon, was mit dem Verlag vereinbart wurde. Damit wird der Weg hin zu einem freien Zugang zu wissenschaftlicher Information (Open Access) weiter geebnet.

Zweitverwertungsrecht oder Zweitveröffentlichungsrecht?

Der Bundestag nennt die neue Regelung in seinem Gesetzesbeschluss Zweitverwertungsrecht. In der öffentlichen Diskussion wird häufig auch vom Zweitveröffentlichungsrecht gesprochen. Das kommt daher, dass der Begriff Verwertung häufig mit einer wirtschaftlichen Nutzung, also der Erzielung von Einnahmen, in Verbindung gebracht wird. Die neue Regelung schließt aber aus, dass mit der Zweitveröffentlichung Einnahmen erzielt werden dürfen. Im Fokus steht lediglich die Zugänglichkeit der Veröffentlichungen.

Für wen gilt das Zweitverwertungsrecht?

Das Zweitveröffentlichungsrecht gilt nur für Beiträge, die "im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden" sind. In der Begründung des Bundestages wird diese Formulierung genauer erläutert: "[...] Forschungstätigkeit, die im Rahmen der öffentlichen Projektförderung oder an einer institutionell geförderten außeruniversitären Forschungseinrichtung durchgeführt wird." Somit sind Publikationen, die an Hochschulen entstehen und keinen Bezug zu einer Projektförderung aufweisen, von der Regelung ausgenommen, obwohl auch diese in den meisten Fällen von der öffentlichen Hand finanziert sind. Wissenschaftlern an Hochschulen wird das Zweitverwertungsrecht auf diese Weise verweigert, soweit deren Forschung nicht überwiegend mit öffentlichen Drittmitteln finanziert wird.

Welche weiteren Einschränkungen gibt es noch?

Die Zweitveröffentlichung darf erst nach einer Frist von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung erfolgen. Dagegen sieht die Open-Access-Empfehlung der EU-Kommission für den Bereich der sogenannten MINT-Fächer (Medizin, Ingenieur-, Natur- und Technikwissenschaften) eine Sperrfrist von längstens 6 Monaten vor, um den wirtschaftlichen Interessen der Verleger angemessen Rechnung zu tragen.

Die digitale Zweitveröffentlichung ist nur "in der akzeptierten Manuskriptversion" möglich. Damit wird verhindert, dass die Zweitveröffentlichung in der Verlagsversion und damit im Format der Erstveröffentlichung erfolgt. Wenn jemand die Publikation zitieren möchte, kann es sein, dass die Seitennummerierung der Online-Veröffentlichung nicht mit der der Verlagsversion übereinstimmt und somit ein Verweis auf die Online-Version nicht eindeutig möglich ist.

Nur Veröffentlichungen, die in mindestens zweimal jährlich erscheinenden Periodika publiziert werden - also Zeitschriftenbeiträge, nicht jedoch Artikel in anderen Sammelwerken wie Festschriften oder Jahrbüchern - sind vom Zweitverwertungsrecht betroffen.

Welche Kritik gibt es?

Die Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen kritisierte den Gesetzentwurf hinsichtlich der Einschränkungen auf "Forschungstätigkeiten, die im Rahmen der öffentlichen Projektförderung oder an einer institutionell geförderten außeruniversitären Forschungseinrichtung durchgeführt werden". Die Allianz ist ein formloser Verbund führender deutscher Wissenschaftsorganisationen, zu dem auch die Helmholtz-Gemeinschaft zählt. Zudem führe die Regelung zu einer Rechtsunsicherheit, denn in Fällen, in denen Forschung an Hochschulen mischfinanziert wird, bei Kooperationen zwischen Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen oder wenn Wissenschaftler an einer Hochschule und einer außeruniversitären Forschungseinrichtung beschäftigt sind, sei es teilweise unmöglich zuzuordnen, ob die Publikation von der neuen Regelung betroffen ist.

Ferner wies die Allianz darauf hin, dass insbesondere in den MINT-Fächern eine Sperrfrist von nicht mehr als sechs Monaten angemessen wäre. Auch die Einschränkung auf Veröffentlichungen in "mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlungen" sah die Allianz kritisch, da auf diese Weise die in einzelnen Fächern zentralen Publikationsformen wie Sammelbände und Tagungsbände von der Regelung ausgeschlossen würden. Hinzu kommt, dass die Beschränkung in der Praxis dazu führen kann, dass die Ausübung des Zweitveröffentlichungsrechts von bibliographischen und verlegerischen Zufälligkeiten abhängig wird.

Wie geht es weiter?

Mit der Gesetzesänderung, die noch durch den Bundesrat bestätigt werden muss, wurde ein erster Aufschlag für eine gesetzliche Grundlage des freien Zugangs zu wissenschaftlicher Information gemacht. Alle Parteien haben das Thema Open Access in ihren Programmen verankert, sodass anzunehmen ist, dass die Diskussion im Zuge des Wahlkampfs weiter belebt werden wird.

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