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Portrait

Er geht immer ran

Franz Ossing leitet die Abteilung Medien und Kommunikation am Helmholtz Zentrum Potsdam. Foto: Phil Dera

Gibt es irgendwo auf der Welt ein Erdbeben, klingelt bei einem Mann ununterbrochen das Telefon. Franz Ossing koordiniert Anfragen und arrangiert Interviews mit wissenschaftlichen Experten. Keine Medienanfrage bleibt unbeantwortet, verspricht Ossing – „und wenn ganz Deutschland anrufen würde“.

Franz Ossing arbeitet als Pressesprecher am Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. An der Einrichtung in Potsdam forschen Wissenschaftler aus allen Disziplinen der Geowissenschaften: von der Erdvermessung über die Vulkanologie und Seismologie bis zum Geoingenieurwesen. Gerade bei Erdbebenkatastrophen sind die Forscher des GFZ besonders gefragt. Selbst in derartigen Situationen, bei denen sich die Nachrichten überschlagen, behält der drahtige Franz Ossing einen kühlen Kopf und agiert professionell. Für Katastrophenfälle hat er eine Medien Task Force zur Befriedigung des Informationsbedarfs entwickelt: Nötige Details werden gesammelt und über entsprechende Kanäle gesendet. Den richtigen Gesprächspartner für jedes Medium zu finden, ist dann die zentrale Managementaufgabe der Presseabteilung am GFZ.

Die Karriere von Ossing am GFZ begann vor über 20 Jahren. Nach einer Dekade in der Meteorologie und einigen Jahren im Flugzeugbau fehlte ihm die Wissenschaft. So bewarb er sich 1994 auf die Stelle als Pressesprecher. Lange Zeit nach dem Vorstellungsgespräch, als er nicht mehr damit rechnete, kam – recht unorthodox - mitten in der Nacht ein Anruf mit der Einladung zu einem weiteren Gespräch am Folgetag. „Wenn die alle so ticken, dann gefällt mir das“, sagte sich Franz Ossing. Seitdem ist der gelernte Meteorologe fester Bestandteil des Zentrums.

„Wissenschaftskommunikation mitgestalten. Das ist das Wichtigste für mich.“ So antwortet Ossing wie aus der Pistole geschossen auf die Frage, was ihn antreibt. „Mein Aufgabenfeld ist vielfältig und weit mehr, als nur Zeitung lesen und mit netten Leuten telefonieren.“ fügt er zwinkernd hinzu. Als Wissenschaftskommunikator komme ihm die Rolle eines Multifunktionärs zu, immer auf dem aktuellen Stand darüber, was am Zentrum geschehe, sagt Ossing über seinen Alltag. Wichtig sind die Gespräche mit den Wissenschaftlern und der Blick in die Labore. In Ausnahmefällen, wie einer Naturkatastrophe, ist das Büro von ihm erste Anlaufstelle für die Journalisten. Aber auch im Normalbetrieb fungiert er als eine Art „Gelbe Seiten“ bei Anfragen jeglicher geowissenschaftlicher Coloeur.

Auf die Frage nach der wichtigsten Eigenschaft für seinen Beruf, antwortet der – stets schnell sprechende – Westfale Ossing: „Geduld“. Als großen Vorteil für seinen Beruf empfindet er seinen naturwissenschaftlichen Hintergrund und das Wissen darüber, wie die  Medien funktionieren. Er sagt: „Es geht eigentlich immer um Kommunikation und Sprache.“ Als notorischer Schnellsprecher bekennt er fröhlich: „Ich habe zwei Sprachlehrer verschlissen. Außerdem habe ich ein Gedächtnis wie ein Zufallsgenerator.“ Und ergänzt lachend: „Eigentlich bin ich für meinen Job nicht geeignet“. Trotzdem ist er offenbar ganz erfolgreich bei dem, was er tut. Die kleinste Öffentlichkeitsarbeit der Helmholtz-Gemeinschaft, so Ossing selbstironisch, startete als ein Ein-Mann-Bereich und besteht heute aus fünf Köpfen, „das schnellste Team der Welt“.

Franz Ossing hat das Rentenalter erreicht, doch der Vorstand des GFZ will ihn nicht missen und hat ihn überzeugt, weitere zwei Jahre dem Zentrum treu zu bleiben.

Im Bereich der Wissenschaftskommunikation gibt es gerade wieder eine intensive Debatte. Was können und sollen die Kommunikationsabteilungen von Universitäten oder Forschungseinrichtungen leisten? Was die Medien? Und wie arbeiten beide zusammen? Franz Ossing mischt sich ein. Dieses Thema begleitet ihn seit dem Beginn seiner Arbeit als Pressesprecher. Er war einer der vielen die seinerzeit im Hintergrund an der 1999 in Deutschland gestarteten PUSH-Initiative (Public Understanding of Sciences and Humanities) arbeiteten. Diese Initiative hatte das Ziel, in der Bevölkerung Offenheit und Verständnis für die Wissenschaft zu fördern  und den Dialog mit den Bürgern zu unterstützen. Mit seiner 20-jährigen Erfahrung hat Ossing bereits etliche Wege und Trends beobachten können. Am spannesten findet er jedoch das digitale Zeitalter. „Wir durchleben gerade eine echte, globale Revolution, die sich durch alle Lebensbereiche zieht. Die Kommunikationsabteilungen sind ebenso davon betroffen, wie andere Teilsysteme. Klassische Medien werden wohl in die zweite Reihe gedrängt. Die Kommunikationsabteilungen werden professioneller. Zudem hat der offene Dialog mit den Bürgern Einzug gehalten und die Presseabteilungen werden direkt angesprochen. Auf diese Veränderungen muss man sich einstellen und es sind noch viele Fragen ungeklärt.“

Die Meteorologie interessiert ihn nach wie vor, aber der kann er sich nur wenig widmen, dafür fehle einfach die Zeit: „Vielleicht starte ich einen Blog über die Wolken in der Holländische Landschaftsmalerei, wenn ich in Rente gehe oder ich erfülle mir den Traum und fliege eine P51, den schönsten Oldtimer der Welt.“

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