Supraleiterkabel
Eiskalte Energie

<br>Tag der Kabelverlegung in Essen</br> Riesige Kabeltonne mit einem halben Kilometer aufgewickeltem Kabel. Foto: Steinbach Fotografie / RWE
Unsere Städte brauchen immer mehr Strom, aber unter der Erde wird der Platz für Kabel knapp. In Essen arbeiten Experten seit einem Jahr an einer ungewöhnlichen Lösung: Sie haben ein Supraleiterkabel verlegt.
<b>Supraleiter-Torte</b> Die verschiedenen Schichten des Supraleitkabels. Foto: Katharina Ober
In Essen wird das Kabel an einem Ende über einen mehrere Meter hohen Tank mit kühlendem Flüssigstickstoff befüllt. Während er durch das Kabel fließt, nimmt er die Wärme seiner Umgebung auf, erwärmt sich dabei, bleibt jedoch weiterhin flüssig und wird durch eine weitere Kabelschicht abgeleitet. Klingt aufwändig. Erste Studien zeigen jedoch, dass dieses Vorgehen zukünftig in Großstädten von wirtschaftlichem Nutzen sein.
Ein Vergleich zwischen der Röhre für ein Supraleitkabel (links) und acht Röhren für herkömmliche Stromkabel, die dieselbe Menge Strom befördern. Foto: Katharina Ober
Im Essener Feldversuch funktioniert das Supraleiterkabel ohne Probleme. Trotzdem ist nicht damit zu rechnen, dass die Technologie überall in Deutschland zum Einsatz kommt. „Supraleiterkabel eignen sich insbesondere für die Versorgung von Ballungsräumen. Für die Überbrückung langer Strecken müssen die Kabel derzeit zu oft mit Stickstoff zwischengekühlt werden“, sagt Frank Merschel vom Energieversorger RWE. In Ballungsräumen bieten Supraleiterkabel jedoch einen weiteren großen Vorteil, weil sie – im Gegensatz zu herkömmlichen Stromleitungen – Mittelspannung leiten. Dadurch werden Umspannanlagen unnötig, mitten in der Stadt würde Platz frei.
Das KIT entwickelt zusammen mit verschiedenen Unternehmen Supraleiter der zweiten Generation. Der Schlüssel liegt in der Anordnung der Kristalle, aus denen sich die Leiterschicht zusammensetzt. Mathias Noe vom KIT erklärt das Laien folgendermaßen: „Man kann sich das vorstellen wie eine Lego-Platte, auf der die Steinchen, sprich Kristalle, nur in der Fläche, und nicht in der Höhe, ausgerichtet werden. Außerdem müssen die Steinchen alle parallel und ohne Lücke angeordnet sein.“ Nur dann kann Strom ungehindert durch den Supraleiter fließen – und zwar mit noch geringerem Widerstand als im Supraleiterkabel der ersten Generation. Auch hierfür hat Mathias Noe ein Bild parat: „Das Kamel geht dann nicht mehr durch das Nadelöhr, es galoppiert ohne zu schwitzen.“
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