Whistleblower
DFG überarbeitet Empfehlungen
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat Aktualisierungen und Ergänzungen ihrer Empfehlungen zur guten wissenschaftlichen Praxis veröffentlicht. In den Sozialen Netzwerken und Blogs ist daraufhin eine heftige Diskussion entbrannt.
Ist es akzeptabel, dass Whistleblower sich direkt an die Öffentlichkeit wenden - und das auch noch anonym? In der Diskussion um Plagiate und wissenschaftliches Fehlverhalten ging es in den vergangenen Monaten auch oft um diese Frage. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat sich jetzt dazu geäußert, und zwar im Rahmen der Aktualisierungen und Ergänzungen ihrer Empfehlungen zur guten wissenschaftlichen Praxis. Darin mahnt die DFG bei Hinweisen zu wissenschaftlichem Fehlverhalten im ersten Schritt Vertraulichkeit an. Demnach sollen sich Whistleblower zunächst an die Ombudspersonen der betroffenen wissenschaftlichen Einrichtung wenden.
In Blogs und Sozialen Netzwerken diskutieren Wissenschaftler und andere Interessierte die DFG-Empfehlungen kritisch. Manche Kommentatoren befürchten Probleme für das wissenschaftliche Rezensionswesen, andere kritisieren das intransparente Verfahren (zum Blogeintrag). Mancher Blogger hält das neue Dokument für widersprüchlich, unverständlich und schädlich.
Die neue DFG-Empfehlung Nummer 17 besagt deutlich: "Nicht der Whistleblower, der einen berechtigten Verdacht äußert, schadet der Wissenschaft und der Einrichtung, sondern der Wissenschaftler, der ein Fehlverhalten begeht." Gleichzeitig jedoch gebiete "eine zweckmäßige Untersuchung die Namensnennung des Whistleblowers". Der Name sei aber vertraulich zu behandeln. Wie mit anonymen und pseudonymen Anzeigen umzugehen sei, habe die jeweils entgegennehmende Stelle abzuwägen, so die DFG. Zur Frage der Veröffentlichung der Hinweise heißt es: "Es ist nicht hinzunehmen, dass die frühzeitige Herstellung der Öffentlichkeit durch die informierende Person einen Reputationsverlust des Betroffenen zur Folge hat." Eine Karenzzeit, nach deren Ablauf sich Hinweisgeber nach der Meldung an die betroffene Institution dann doch an die Öffentlichkeit wenden können, wird nicht genannt.
Im Vorfeld des Beschlusses der DFG und ähnlicher Diskussionen innerhalb der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hatten Wissenschaftler um Stefan Heßbrüggen von der Fern-Universität Hagen kürzlich eine Online-Petition gestartet, die bislang 1.150 Personen (Stand 9.7.2013) unterzeichneten. Darin warnten sie HRK und DFG, den öffentlichen Diskurs um ein wissenschaftliches Fehlverhalten durch ihre Empfehlungen abzuwürgen. Auch andere Online-Kommentatoren sehen die Gefahr, sollten Whistleblower für den Gang an die Öffentlichkeit künftig Nachteile erleiden. (Beispiel aus dem Autorenblog CARTA)
Des Weiteren wurden in den DFG-Empfehlungen die Passagen zur Betreung des wissenschaftlichen Nachwuchses aktualisiert. Auch neue Empfehlungen zu den Ombudsgremien wurden ergänzt. Außerdem konkretisiert die DFG ihre Empfehlungen zur Autorenschaft wissenschaftlicher Veröffentlichungen. Die Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis stammen ursprünglich aus dem Jahr 1998. Seinerzeit hatte auch die Helmholtz-Gemeinschaft ein solches Dokument verabschiedet. (Zum Dokument der Helmholtz-Gemeinschaft). Darin enthalten sind auch Regeln für den Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten.
Ergänzung 10.7.2013: In einer Pressemitteilung vom 10. Juli 2013 erklärte die DFG, dass ihre Empfehlung "den Grundsatz der Öffentlichkeit wissenschaftlicher Diskurse in keiner Weise" einschränke, da sich die geforderte Vertraulichkeit nur auf das Ombudsverfahren beziehe. Weitere Formen der wissenschaftlichen Selbstkontrolle wie etwa Rezensionen oder andere Publikationsformen blieben hiervon unberührt. Zwischen diesen unterschiedlichen Wegen könnten Wissenschaftler wählen, um Hinweise auf wissenschaftliches Fehlverhalten zu geben, stellt die DFG klar.
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