Helmholtz & Uni
Das Zwei-plus-Zwei-Gespräch
In München trafen sich die Chefs von Helmholtz und Max Planck mit den Rektoren zweier Exzellenzuniversitäten zum Schlagabtausch. Es ging um Wissenschaftsförderung, Bildungsföderalismus und die Karrierewege junger Wissenschaftler
Wer den großen Streit erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die vier Wissenschaftslenker, die am Mittwochabend in der Bayerischen Akademie der Wissenschaft zusammenkamen, lieferten sich ein munteres Pingpongspiel, bei den entscheidenden Fragen indes herrschte zwischen ihnen Einigkeit. Die Präsidenten der laut vieler Hochschul-Rankings besten deutschen Universitäten und die Chefs der zwei größten deutschen Forschungsorganisationen – eine illustre Runde war es, die vor gut 300 Zuschauern unter der Überschrift „Helmholtz & Uni“ über Wissenschaftsförderung, Bildungsföderalismus und die Karrierewege junge Wissenschaftler diskutierte.
Los ging es mit einer Bestandsaufnahme. Das deutsche Wissenschaftssystem stehe so gut da wie nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, befand Helmholtz-Präsident Jürgen Mlynek. Sein Kollege Peter Gruss, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, sagte, er müsse sich selbst korrigieren. Vor ein paar Jahren habe er in einem Interview gesagt, Wissenschaft gelte wieder was in dieser Republik. Heute müsse er sagen, die deutsche Wissenschaft gelte wieder was im Rest der Welt.
Natürlich, räumten sowohl Mlynek als auch Gruss ein, befänden sich die außeruniversitären Forschungseinrichtungen in einer finanziell privilegierten Situation. Während die Forschung an den Universitäten dank verschiedener politischer Initiativen ebenfalls gut ausgestattet sei, sei die Lehre seit vielen Jahren krass unterfinanziert.
Für die meisten Zuschauer eine wenig überraschende Erkenntnis. Mehr Neuigkeitswert hatte da schon die Tatsache, dass selbst die beiden Unipräsidenten, Bernd Huber von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und Wolfgang Herrmann von der Technischen Universität München (TUM), zunächst wenig Lust hatten, Klagelieder nach mehr Geld anzustimmen. „Diejenigen Universitäten, die Kooperationen eingehen, die sich allianzfähig erwiesen haben, mussten keinen Hunger leiden in den letzten Jahren“, sagte Herrmann.
„Dann ist ja alles prima?“ fragte Moderatorin Jeanne Rubner vom Bayerischen Rundfunk. Nicht ganz.
Sei so ein System nicht doch vor allem eine Frage des Geldes, fragt die Moderatorin nach. Hermanns Replik: „Sicher, dieses Geld muss man erst einmal erwirtschaften, das gehört zu den Vokabeln, die vielen Unis fremd sind.“ Dazu müsse man eine Kultur etablieren, in der die Älteren zugunsten der Jungen auf Privilegien verzichteten. „Das ist das Geheimnis.“ Und für Herrmann der Grund, weswegen die ähnlich angelegte Juniorprofessur an vielen Universitäten immer noch ein Schattendasein fristet. „Die war gut gemeint, aber das System war darauf nicht vorbereitet.“
Was neben den finanziellen Anreizen dabei helfe, die besten Wissenschaftler nach Deutschland zu holen, sei das Nebeneinander von Unis und außeruniversitären Einrichtungen, sagte Jürgen Mlynek. „Hier sind wir sogar weiter als andere Länder wie die USA, bei den Neuberufungen können wir tolle Pakete schnüren.“ Doppelberufungen der Universitäten gemeinsam mit Max Planck oder Helmholtz seien hier ein großes Plus, bestätigen die Uni-Präsidenten – eine Lösung der Unterfinanzierung in der Breite könnten sie allerdings nicht sein.
Einig waren sich alle vier, dass der mit der Exzellenzinitiative eingeschlagene Weg der Ausdifferenzierung weitergehen müsse. Die Universitäten seien unterscheidbarer geworden und müssten noch unterscheidbarer werden. Gemeinsam plädierten Mlynek und Gruss für eine Hochschullandschaft mit bis zu 30 Profiluniversitäten, die gezielt von Bund und Ländern gefördert werden müssten und eng mit ihren außeruniversitären Partnerorganisationen zusammenarbeiteten. Zudem sei an etwa fünf Standorten in Deutschland die Entstehung von Exzellenzregionen denkbar, die – vom Bund mitfinanziert – die Chance hätten, international wettbewerbsfähig zu sein. Auch wenn keiner der vier es aussprach: Klar war, dass München dann eine dieser Regionen sein würde. „Die Frage ist, ob die Politik so viel Spitze überhaupt will“, gab Wolfgang Herrmann zu bedenken.“ Die Antwort gab er selbst: „Gelegentlich ja!“
Aber komme sie denn überhaupt, die von allen ersehnte und für die Reform des Bildungsföderalismus notwendige Grundgesetzänderung, wollte Jeanne Rubner am Ende noch einmal wissen. Man konnte allen vier Wissenschaftslenkern ansehen, dass sie daran glauben wollten – ihnen der Glaube aber allmählich abhanden kommt. „Ein ganz dickes Brett“ sei das, sagte Peter Gruss, eine Vielzahl miteinander konkurrierender Optionen, wie eine solche Verfassungsreform aussehen könnte, stünden im Raum. Bund und Länder würden möglicherweise noch Jahre diskutieren, wer wie viel zu sagen habe, bevor der Bund die Universitäten mitfinanziere, sagte Wolfgang Herrmann. Und LMU-Chef Bernd Huber formulierte die Sorge, die alle vier teilten: „Am schlimmsten wäre es, wenn die Politik irgendwann vor der Vielzahl der Möglichkeiten steht und sagt: Dann machen wir eben gar nichts.“
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