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Nach der Europawahl

Das Parlament und die Forschung

Bild: European Union 2014 - European Parliament

Mit Horizon 2020 sind wichtige Leitplanken der europäischen Forschungspolitik für die nächsten Jahre abgesteckt. Der zuständige Ausschuss tagte in dieser Woche erstmals nach der Europa-Wahl in neuer Besetzung. Was ist für die nächsten fünf Jahre zu erwarten? Ein Kommentar

Anfang Juli haben die Abgeordneten des neu gewählten Europaparlaments über die Zusammensetzung der Ausschüsse entschieden. Aus Sicht der Forschung besonders relevant: Der ITRE-Ausschuss, zuständig für Industrie, Forschung und Energie und mit 67 Mitgliedern drittgrößter Ausschuss des Parlaments.

Vor allem Berichte und Präsentationen standen diese Woche nun bei der ersten regulären Sitzung auf dem Programm: Der Ausschuss ließ sich informieren über Fragen der Europäischen Energiesicherheit, den Stand der Verhandlungen des Freihandelsabkommen "Transatlantic Trade and Investment Partnership" (TTIP) sowie über das Budget der Europäischen Union für 2015. Um Forschung ging es beim sommerlichen Auftakt also noch nicht.

Annika Thies, Leiterin des Brüsseler Büros der Helmholtz-Gemeinschaft

Noch ist schwer abzuschätzen, welche Forschungsthemen der Ausschuss in den nächsten fünf Jahren behandeln wird. Allerdings: Das große Budget von Horizon 2020, dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, wurde bereits in der vergangenen Legislaturperiode verhandelt. Das jahrelange Pokern um Programmlinien und das große Geld ist damit zumindest im Parlament beendet, ein prestigeträchtiges Thema ist abgeschlossen. Einige Abgeordnetenbüros fragten sich deswegen vor der Wahl hinter vorgehaltener Hand: Mit welchen Forschungsthemen wird man sich zukünftig profilieren können? Wer wird überhaupt in den ITRE-Ausschuss wollen? Und gibt es genug Abgeordnete, die Forschungsexpertise mitbringen? So besteht durchaus die Gefahr, dass die anderen beiden Themen, Industrie und Energie, die Forschung in den Hintergrund drängen oder - ein nicht unbedingt besseres Szenario - die ein oder andere Wohlmeinende Initiative übers Ziel hinausschießt. .

Generell ist bemerkenswert: Von den 67 Ausschuss-Mitgliedern waren nur 31 schon in der vorherigen Legislaturperiode im Parlament. Sie haben dafür zum größten Teil bereits Erfahrung im ITRE-Ausschuss. Das heißt aber auch, dass 36 Ausschuss-Mitglieder ganz neu im Parlament sind. Kürzlich wurde auf einer Veranstaltung die Behauptung aufgestellt, Europa-Parlamentarier bräuchten zwei Legislaturperioden, um richtig gute Ausschuss-Arbeit leisten zu können. Wollen wir im Sinne der Forschung hoffen, dass diese These widerlegt werden kann.

Der ITRE-Ausschuss

Der ITRE-Ausschuss ist zuständig für Industrie, Forschung & Energie und mit 67 Mitgliedern drittgrößter Ausschuss des Europäischen Parlaments. Als einer von 22 ständigen Ausschüssen dient er zur Vorbereitung der inhaltlichen Arbeit des Parlaments. Die Mitgliederzusammensetzung spiegelt die Größe der politischen Fraktionen des Parlaments wider. Sogenannte Berichterstatter bearbeiten einzelne Themen hauptverantwortlich und bereiten so die Diskussion im Ausschuss vor. Das Plenum kommt regelmäßig zu Sitzungen in Brüssel zusammen. Zum Vorsitzenden hat der Ausschuss Jerzy Buzek (Europäische Volkspartei/EPP) gewählt; in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode soll Janusz Lewandowski (EPP, bisher EU-Kommissar für Finanzplanung und Haushalt) übernehmen.

Dem Ausschuss gehören sieben Abgeordnete aus Deutschland an: Christian Ehler (CDU, Brandenburg), Angelika Niebler (CSU, Bayern), Herbert Reul (CDU, NRW), Reinhard Bütikofer (B90/Grüne) [alle mit langjähriger ITRE-Vorerfahrung] sowie Hermann Winkler (CDU, Sachsen) [zuvor stellvertretendes Mitglied], Martina Werner (SPD, Hessen) sowie Hans-Olaf Henkel (AfD, Baden-Württemberg) [beide neu im Parlament]. Henkel war von 2001 bis 2005 Präsident der Leibniz-Gemeinschaft.  Er ist für die Fraktion konservativer und EU-kritischer Parteien/ECR als einer der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden gewählt.

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