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Energiewende

Auf die Speicher kommt es an

Bild: Martin Lober, KIT

Wasserkraft, Wind- und Solarenergie sind theoretisch im Überfluss vorhanden. Doch um sie auch praktisch und jederzeit nutzen zu können, braucht es vor allem eines: Speicher. Ein Interview zur Batterie der Zukunft

Deutschland hat die Energiewende beschlossen, den Übergang von Atomkraft und fossilen Energieträgern hin zu den Erneuerbaren. Wasserkraft, Wind- und Solarenergie sind theoretisch im Überfluss vorhanden. Doch um sie auch praktisch und jederzeit nutzen zu können, braucht es vor allem eines: Speicher. Gesucht werden Speicher mit einer hohen Energiedichte, geringen Verlusten und langer Lebensdauer. Über aktuelle Entwicklungen in der Batterieforschung sprachen wir mit Professor Jürgen Janek, wissenschaftlicher Leiter des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) / BASF-Gemeinschaftslabors BELLA und Professor für Physikalische Chemie an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Warum wird so intensiv an Energiespeichern geforscht?

Jürgen Janek, Bild: Justus-Liebig-Universität Giessen

Unsere Gesellschaft ist abhängig von Energie, denn wir müssen zu jedem Zeitpunkt darauf zurückgreifen können. Gerade Deutschland hat einen hohen Bedarf an Energie. Stellen Sie sich vor, über jedem Bürger - egal ob Baby oder Greis - würden ununterbrochen 60 Glühlampen mit 100-Watt- Leistung brennen. So viel Leistung verbrauchen wir im Mittel pro Kopf für Industrie, Verkehr und Haushalt. Dabei sind die Anforderungen, wann und wo wir Energie benötigen ganz unterschiedlich, und dementsprechend braucht es unterschiedliche Speichersysteme. Wir brauchen große stationäre Speicher zum einen, zum anderen aber mobile Speicher wie etwa für die Elektromobilität. Gerade hier gibt es aber noch sehr viel Entwicklungsbedarf. Sie dürfen nicht vergessen: Batterien benötigen Höchstleistungschemie. Die hat natürlich ihren Preis. Bei kleinen Batterien, die nur wenige Gramm wiegen - wie etwa für ein Smartphone - schlägt das nicht so zu Buche. Aber wenn Sie ein Elektroauto mit einer Batterie ausstatten wollen, ist das ein erheblicher Kostenfaktor. Eine grobe Faustformel ist derzeit: für 100 km Reichweite benötigt man eine 100 kg schwere Batterie. Und da sehen Sie schon, vor welchen Aufgaben wir stehen: Wir müssen das Optimum für Speicherkapazität, Lebensdauer, Größe, Gewicht und Preis finden.

Sie arbeiten auf dem Gebiet der elektrochemischen Speicherung von Energie und hier vor allem in der Batterieforschung. Was ist der Fokus der Forschung in diesem Bereich? Woran forschen Sie?

Das Konzept der Lithium-Ionen-Batterie ist nach wie vor die beste Speichertechnologie, die wir derzeit haben. Dementsprechend wird weltweit an der Weiterentwicklung und Optimierung dieser Batterie geforscht. Auch wir schauen uns die einzelnen Komponenten an. Als Anode gibt es derzeit in der Praxis nichts Besseres als Graphit für die Speicherung von Lithium, allerdings gibt es auch hier attraktive Alternativen, die untersucht werden. Wir forschen derzeit an Silizium, denn Silizium kann wesentlich mehr Lithium-Ionen speichern als Graphit. Für die Weiterentwicklung der Kathode gibt es viele Ideen. Sie besteht zur Zeit aus Lithium-Metalloxiden und da gibt es noch viele Möglichkeiten zur Optimierung. Auch an Alternativen wird geforscht, wie Lithium-Luft- oder Lithium-Schwefel-Zellen. Die dritte zentrale Komponente jeder Batterie ist der Elektrolyt, und auch hier sind wir auf der Suche. Die Batterien derzeit haben eine Ladespannung von etwa vier Volt. Könnten wir diese auf fünf Volt erhöhen, bekämen wir mehr Energie in die Batterien. Das wäre ein Weg, die Energiedichte in den Batterien zu erhöhen. Doch bei solchen "Hochvolt"-Bedingungen zersetzen sich die aktuellen Elektrolyte. Wir müssen uns also andere Elektrolyte überlegen.

Natürlich arbeitet die Forschung auch an ganz neuen Alternativen, beispielsweise an Natrium- Batterien. Wir tauschen dann also Lithium durch Natrium aus. Obwohl beide Metalle sehr eng verwandt sind, zeigen sie doch erstaunliche Unterschiede. Die Leistungsdaten von Natrium-basierten Batterien sind sicher nicht besser als die von Lithium-Batterien, aber Natrium zu verwenden ist ressourcenschonender und am Ende vielleicht preiswerter. Natrium- Batterien könnten eine Alternative für Privathaushalte sein, die beispielsweise über Solaranlagen auf dem Dach ihre eigene elektrische Energie erzeugen und speichern möchten. Die Anforderungen hier wären eine lange Lebensdauer und ein günstiger Preis. Größe und Gewicht wären nicht so entscheidend. Wichtig ist in jedem Fall, dass es nicht eine Batterie für alles geben wird.

Sie sind Professor für Physikalische Chemie an der Justus-Liebig-Universität Gießen und gleichzeitig Wissenschaftlicher Leiter des KIT / BASF - Gemeinschaftslabors BELLA. Was hat es mit BELLA auf sich?

BELLA steht für Batteries and Electrochemistry Laboratory. Es wird zu gleichen Teilen vom KIT und von der BASF finanziert. Für mich sind die beiden Positionen eine wunderbare Ergänzung. In Gießen betreiben wir echte Grundlagenforschung. Wir wollen verstehen, was in den Batterien genau passiert. So schauen wir uns z.B. die Grenzflächen in Batterien an und verfolgen, was beim Laden und Entladen auf atomarer Ebene passiert. Das ist spannend aber noch nicht gut verstanden. Wir wissen, dass Batterien funktionieren, aber wir wissen noch nicht bis ins Letzte, warum sie zum Beispiel unter bestimmten Bedingungen schneller altern. Diese Erkenntnisse sind vielleicht einmal der Schlüssel für neue Anwendungen.

Die Forschung im BELLA ist schon eher anwendungsorientiert. Hier testen wir neue elektrochemische Lösungen für Batterien unter realistischen Bedingungen. Ziel ist es, eine neue Zellchemie für Batterien zu entwickeln. BELLA ist eine richtige Ideenschmiede für neue Batteriekonzepte. Die Leitung des Labors ist pari-pari, eine Person aus der Wissenschaft, eine Person aus der Wirtschaft. Hier kommen also zwei Perspektiven zusammen. Das ist sehr spannend und sehr produktiv.

BELLA- KIT/BASF-Gemeinschaftslabor für Batterien und Elektrochemie

Helmholtz-Institut Ulm zur Batterieforschung 

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