Serie: Gründerportraits
3D-Druck für Klitzekleines
3D-Drucker erobern die Welt. Sie sind echte Alleskönner. Es gibt fast nichts, was sich nicht auf Knopfdruck herstellen ließe. Aber dass die Wundergeräte womöglich Paare mit Kinderwunsch glücklich machen könnten, hätte Martin Hermatschweiler nicht gedacht. Er ist Gründungsmitglied und Geschäftsführer von Nanoscribe.
Die Innovationsschmiede aus Baden-Württemberg ging 2007 als Spin-off des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) an den Markt – im Vorfeld unterstützt durch die Helmholtz Enterprise Förderung. Heute ist die Firma Weltmarkt- und Technologieführer. „In unseren Geräten steckt sehr viel technologisches Know-how, etwa aus der Optik, der Elektronik und Softwareentwicklung, aber insbesondere auch durch die innovativen Materialien, die wir verwenden“, sagt Hermatschweiler. Das sichert der Firma bislang einen klaren Wettbewerbsvorteil auf dem sich rasch wandelnden Markt.
Der 38-jährige Physiker hat keine lange akademische Karriere hinter sich, sondern startete noch während seiner Promotion am KIT mit dem eigenen Unternehmen. „Ich wollte einfach was Kreatives machen und etwas Eigenes auf die Beine stellen“, erzählt er. Ausprobiert hat er das schon als Doktorand: Zusammen mit Freunden gründete Hermatschweiler das „Akademische Kammerorchester Karlsruhe“. Diese Erfahrung senkte auch die Hemmschwelle, mit seinen Mitstreitern vom KIT eine eigene Firma zu gründen.
Wie kam es dazu? Hermatschweiler arbeitete im Rahmen seiner Diplomarbeit am Institut für angewandte Physik des KIT und forschte an photonischen Kristallen. Sein Arbeitsgruppenleiter Martin Wegner hatte die Idee, aus den Ergebnissen der Grundlagenforschung einen marktfähigen 3D-Drucker zu entwickeln. Gemeinsam mit den Kollegen Georg Freymann und Michael Thiel, der heute wissenschaftlich-technischer Leiter (CSO) von Nanoscribe ist, machten sie sich an die Umsetzung. „Wir mussten bei der Entwicklung der Geräte richtig Gas geben, denn die ersten Kunden hatten schon bei uns bestellt“, erzählt Hermatschweiler. Nach einem Jahr war es soweit: Die vier Physiker gründeten Nanoscribe und verkauften ihren ersten 3D-Drucker. Mittlerweile war auch ein namhafter Investor, die Carl-Zeiss Venture Beteiligungsgesellschaft mbH, mit ins Geschäft eingestiegen.
Ein spezielles Verfahren macht die Geräte von Nanoscribe in punkto Auflösung und Miniaturisierung bisher unerreichbar. Es basiert auf der Zwei-Photonen-Polymerisation. Bei dieser Technik schreibt ein Ultrakurzpulslaser die vorgegebenen Strukturen Schicht für Schicht in einen UV-empfindlichen Fotolack, welcher hierdurch aushärtet. Auf diese Weise lassen sich 3D-Strukturen ab wenigen hundert Nanometer bis hin zu Strukturen im Millimeterbereich drucken. „Und das mit einer Auflösung, die einhundert Mal höher ist als bei anderen 3D-Druckern“, so Hermatschweiler. „Besonders für die Herstellung von 3D-Objekten, die kleiner als einen Millimeter sind, gibt es keine Fertigungsalternative.“
Mit der neuen Technologie rannte die Firma offene Türen ein – zunächst im wissenschaftlichen Umfeld. Für Forscher, die nanostrukturierte Materialien entwickeln und deren Eigenschaften erforschen, sind die 3D-Drucker begehrte Werkzeuge. Top-Universitäten aus der ganzen Welt zählen mittlerweile zum Kundenstamm: Neben der Harvard University nutzen auch das California Institute of Technology (Caltech) oder die ETH Zürich Drucker von Nanoscribe. Noch stärker will die Firma in der Industrie Fuß fassen. Die Technologie ist für viele Unternehmen interessant: Von der optischen Industrie über die Automobilbranche bis hin zur Medizintechnik.
45 Mitarbeiter hat Nanoscribe heute und ist zu einer mittelgroßen Kapitalgesellschaft herangewachsen. Nach einem rasanten Wachstum in den Anfangsjahren ist das Unternehmen nun auch organisatorisch gut aufgestellt. Rückblickend sei dies die größte Herausforderung gewesen. „Mittlerweile gibt es zumeist klare Strukturen und geregelte Verantwortlichkeiten. Dadurch bin ich jetzt auch mal entbehrlich“, erzählt Martin Hermatschweiler. Er ist vor wenigen Wochen zum ersten Mal Vater geworden und freut sich, dass er jetzt die freien Wochenenden mit der Familie verbringen kann. Auch für sein Hobby - er singt im Kammerchor des KIT – hat er nun wieder mehr Zeit.
Mit dem Instrument Helmholtz Enterprise unterstützt die Helmholtz-Gemeinschaft seit nunmehr zehn Jahren gezielt Ausgründungen aus den Zentren. In dieser Serie stellen wir Unternehmen vor, die in dieser Zeit von dem Instrument profitieren konnten.
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