Forschungsinfrastrukturen
Vier Helmholtz-Projekte auf der Shortlist des BMFTR
Bundesforschungsministerin Dorothee Bär hat gemeinsam mit dem Wissenschaftsrat und Vertreter:innen der Bewertungsgremien eine Shortlist der aussichtsreichsten Vorhaben im Bereich umfangreicher Forschungsinfrastrukturen vorgestellt. In einem wissenschaftsgeleiteten Priorisierungsverfahren wurden aus 32 Einreichungen neun Vorhaben ausgewählt. Helmholtz ist mit vier der neun Projekte auf der Shortlist stark vertreten.
„Moderne Forschungsinfrastrukturen sind ein wesentlicher Baustein für herausragende Wissenschaft und tragen erheblich zur Innovationsfähigkeit bei. Ich freue mich daher sehr, dass gleich vier bahnbrechende Vorhaben aus der Helmholtz-Gemeinschaft auf der Shortlist enthalten sind. Alle vier Projekte bringen ein enormes Potenzial mit, um den Forschungsstandort Deutschland zu stärken und internationale Talente zu gewinnen. Jetzt gilt es im nächsten Schritt, die Finanzierung zu sichern, um schnellstmöglich in die Umsetzung zu kommen“, sagt Helmholtz-Präsident Otmar D. Wiestler.
Die Shortlist ist das Ergebnis eines Priorisierungsverfahren für umfangreiche Forschungsinfrastrukturen. Ziel des Verfahrens war es, die Forschungsinfrastrukturen auszuwählen, die für den Ausbau und Erhalt der deutschen Spitzenposition in Forschung und Innovation im internationalen Wettbewerb prioritär sind und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Planungen und insbesondere die vorgelegten Kostenschätzungen belastbar sind. Die eingereichten Vorhaben durchliefen dazu ein aufwändiges Bewertungsverfahren, bei dem mehr als 100 renommierte, internationale Expertinnen und Experten mitwirkten.
Die Helmholtz-Projekte im Einzelnen:
DALI Dresden Advanced Light Infrastructure
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)
Viele Prozesse in der Natur und Technik laufen in extrem kurzen Zeiträumen ab – in Femtosekunden, also Millionstel einer Milliardstel Sekunde. Um sie zu beobachten, braucht es ultraschnelle Lichtquellen. DALI stellt eine solche Quelle bereit und macht es möglich, komplexe dynamische Prozesse experimentell zu erfassen. Die Anlage kombiniert, weltweit einzigartig, eine Hochfeldquelle für den Terahertz (THz)- und mittleren Infrarotbereich mit einem Freie-Elektronen-Laser (FEL) für Wellenlängen im Vakuum-Ultraviolett (VUV). Sie ist der Nachfolger der Strahlungsquelle ELBE. Ergänzt um Positronenquellen, Elektronenbeugung und spezialisierte Labore wird DALI zur interdisziplinären Forschungsplattform für Physik, Chemie, Material- und Lebenswissenschaften.
„Die Platzierung auf der Shortlist ist für uns ein großer Erfolg und ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur weltweit stärksten Terahertz-Quelle hier in Dresden. Mit dieser einzigartigen Anlage wird hochkarätige Spitzenforschung in einer für uns bisher nicht verfügbaren Breite möglich: von der Informationstechnologie über die Gesundheitsforschung bis hin zur Energiewende und weiteren zukunftsrelevanten Anwendungsfeldern. Ich bin überzeugt, dass DALI aufgrund dieser wissenschaftlichen Vielfalt eine starke Anziehungskraft auf herausragende Forscherinnen und Forscher aus aller Welt entfalten wird – und damit nicht nur die Innovationskraft unserer Region, sondern auch die internationale Sichtbarkeit des Wissenschaftsstandorts Deutschland nachhaltig stärkt.“ (Sebastian Schmidt, Wissenschaftlicher Direktor des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf)
DALI nimmt wichtige Hürde auf dem Weg zur Umsetzung (HZDR)
HBS-I High Brilliance neutron Source
Forschungszentrum Jülich; Beteiligte: Hereon
Wenn wir Materialien und biologische Systeme bis ins Innerste analysieren wollen, liefern Neutronen oft die entscheidenden Informationen – zerstörungsfrei, tiefenwirksam und hochpräzise. Die geplante Neutronenquelle HBS-I wird diese Möglichkeiten mit modernster Technologie neu definieren. Aufgebaut rund um einen leistungsstarken Protonenbeschleuniger erzeugt sie hochintensive Neutronenstrahlen, die für unterschiedlichste Anwendungen genutzt werden können – von der Materialentwicklung bis zur Energieforschung. Mit ihren flexiblen Targetstationen ergänzt HBS-I internationale Großanlagen wie die ESS und macht Deutschland zum Innovationsstandort für Neutronentechnologie.
„Wir freuen uns sehr, dass die High-Brilliance Neutron Source Phase I (HBS-I) in die Shortlist des neuen Bundesförderprogramms für große Forschungsinfrastrukturen aufgenommen wurde. Die innovative und kompakte, beschleunigergetriebene Neutronenquelle soll mit hochbrillanten Neutronenstrahlen neue Möglichkeiten für die Material- und Lebenswissenschaften eröffnen und die regionale Versorgung mit wichtigen medizinischen Radioisotopen sichern. Mit einem flexiblen, bedarfsorientierten Zugang zu Experimenten wollen wir Fortschritte in Chemie, Automobil- und Pharmaindustrie beschleunigen. Die HBS-I wird die technologische Souveränität Deutschlands stärken und erhebliche wirtschaftliche Impulse in der Region und darüber hinaussetzen.“ (Paul Zakalek und Stefan Förster vom Forschungszentrum Jülich, Koordinatoren von HBS-I)
IceCube-Gen 2
DESY, KIT
Um die Ursprünge des Universums besser zu verstehen, braucht es Instrumente, die kosmische Phänomene sichtbar machen – auch solche, die kein Licht aussenden. IceCube-Gen2 ist eines dieser Instrumente: Es fängt energiereiche Neutrinos ein – subatomare Teilchen, die nahezu ungehindert durch das All fliegen – und liefert Erkenntnisse über die Ursprünge dieser Neutrinos, weit entfernte Galaxien, Schwarze Löcher oder Dunkle Materie. Das Neutrino Observatory IceCube-Gen2 wird das weltweit führende Experiment zur Messung hochenergetischer Neutrinos aus dem Universum sein. Als Erweiterung des bestehenden IceCube-Detektors am Südpol vergrößert IceCube-Gen2 das Messvolumen und die Empfindlichkeit erheblich. Damit wird Deutschland, neben den USA, eine führende Rolle in der internationalen Astroteilchenphysik einnehmen und entscheidend zur Etablierung der Hochenergie-Neutrinoastronomie beitragen.
„Wir sind begeistert und wissen es sehr zu schätzen, dass beide von uns eingereichten Zukunftsvorhaben – PETRA IV und IceCube-Gen2 – vom Bundesministerium priorisiert wurden. Insbesondere die Röntgenlichtquelle PETRA IV in Hamburg bietet enorme Chancen für Spitzenforschung und Innovation. Sie ist zudem essenziell für die europäische Technologie- und Datensouveränität. Wir werden nun das beste 4D-Röntgenmikroskop der Welt bauen. Und IceCube-Gen2 am Südpol wird uns revolutionäre Einblicke in spektakuläre, astrophysikalische Objekte im Weltall geben.", sagt Beate Heinemann, Vorsitzende des DESY-Direktoriums.
PETRA IV
DESY
Fortschritte in Gesundheit, Umwelttechnik oder Mikroelektronik hängen oft davon ab, wie gut wir Materialien im Detail verstehen. PETRA IV wird das leistungsfähigste Röntgenmikroskop seiner Art und eröffnet damit neue Möglichkeiten zur Analyse von Strukturen und Prozessen – bis in den atomaren Bereich und unter realen Bedingungen. Mit PETRA IV werden Forschende erstmals einzelne Objekte im Nanometerbereich beleuchten können und die Struktur, Energetik und Funktion molekularer Einheiten in Materialien und Zellen unter realistischen Bedingungen erfassen. Damit kann PETRA IV zur Entwicklung von Materialien und Technologien der Zukunft beitragen. Das verspricht neue Perspektiven für Grundlagenforschung und Hochtechnologie. Die Anlage entsteht als Weiterentwicklung von PETRA III und nutzt Synchrotronstrahlung mit extrem kleiner Emittanz. Sie wird Prozesse in vier Dimensionen erfassbar machen – Struktur, Zeit, Energie und Raum – und so etwa das Design neuer Medikamente oder Materialien beschleunigen.
08.07.2025