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Trockenheit

Ein neues Waldsterben?

Abgestorbene Bäume im Bayerischen Wald. Bild: FelixMittermeier / Pixabay

Trotz der Niederschläge Anfang August ist auch der Sommer 2019 viel zu trocken. Die Folgen zeigen sich vor allem im Wald.

„Ein schockierender Anblick“, twitterte Alexander Gerst im Sommer 2018. Der Raumfahrer, seinerzeit Kommandant auf der ISS, hatte ein paar Fotos über Mitteleuropa aufgenommen. „Alles vertrocknet und braun, was eigentlich grün sein sollte“, schrieb er weiter. Vom All aus gesehen waren die Folgen des extrem trockenen Sommers 2018 besonders deutlich zu erkennen. Auch in diesem Sommer ist es trockener als gewöhnlich. Am Ende des Sommer 2019 sind die Folgen der Trockenheit vor allem im Wald deutlich sichtbar.

Den Böden fehlt vor allem im Norden und Osten des Landes Wasser. Das zeigt der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung – UFZ. Auf zwei Karten veranschaulicht er tagesaktuell, wie es um den Zustand der Böden in Deutschland bestellt ist – einmal in einer Tiefe bis zu 25 Zentimeter, das andere Mal in einer Tiefe von bis zu 1,80 Meter. Tiefrot verfärbte sich die Karte des bis zum 1,8 Meter tiefen Gesamtbodens bis Ende Juli weiten Teilen des Landes, Zeichen einer extremen Dürre. Und auch wenn es nun seit Anfang August immer wieder regnete, bleibt die Lage dennoch ernst: „Das Jahr 2018 und der folgende Winter waren viel zu trocken, der jetzige Niederschlag war vielerorts noch zu wenig, um die extreme Trockenheit zu beenden“, konstatiert UFZ-Modellierer Stephan Thober, der den Dürremonitor mitentwickelt hat.

Der Dürremonitor zeigt den Zustand des Bodens. Je intensiver die Rotfärbung, um so extremer die Trockenheit. Dürre bezeichnet die Abweichung der Bodenfeuchte vom langjährigen Zustand im jeweiligen Monat, keine absolute Trockenheit.

Im Wald führte der Mix aus Sturmschäden, Befall durch Borkenkäfer und Dürre zum Absterben von mehr als 110.000 ha Wald, schon ist vom Waldsterben 2.0 die Rede. Von der derzeitigen Situation sind mit Fichte, Kiefer, Buche und der Eiche alle wesentlichen Baumarten betroffen. Dass vom Menschen gepflanzte Fichten an jenen Standorten absterben, an denen sie natürlicherweise nicht vorkommen, erstaunte die Experten weniger, dafür aber umso mehr das Sterben der Rotbuche an natürlichen Standorten. „Die Buche braucht Feuchtigkeit und mildere Temperaturen und hat nun große Schwierigkeiten mit Hitze und Trockenheit“, sagt UFZ-Bodenökologin Sylvie Herrmann. Sie benötige mehr als 600 Millimeter Niederschlag pro Jahr, doch davon seien die momentanen Niederschlagsmengen weit entfernt. Zudem leiden die Buche und die anderen Baumarten nicht nur unter der Dürre, sondern auch unter den hohen Temperaturen. „Liegen die Temperaturen über 25°C, nimmt die Photosynthese ab, die Bäume werden schwächer“, erklärt Herrmann. Damit seien sie den Schädlingen wehrlos ausgeliefert. Bundesagrarministerin Julia Klöckner hat nun für Ende September zu einem nationalen Waldgipfel eingeladen, um über die Beseitigung der Schäden, den weiteren Umbau des Waldes hin zu mehr Laub-Nadel-Mischwäldern sowie den Anbau klimaresistenterer Baumarten wie etwa Trocken- und Stieleichen zu diskutieren.

Dass nun auch die weit verbreitete Buche in Mitleidenschaft gezogen wird, hat auch Auswirkungen auf den Kampf gegen den Klimawandel. „In unseren Wäldern, sowohl in den Bäumen als auch im Boden, sind derzeit rund 2,5 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert“, sagt UFZ-Klimaökonom Reimund Schwarze. Pro Jahr nehmen die wachsenden Bäume etwa 60 Millionen Tonnen CO2 neu aus der Atmosphäre auf. Dies entspreche gut sechs Prozent der Treibhausgase, die Deutschland emittiert. „Nimmt diese CO2-Speicherkapazität ab, weil Bäume vorzeitig absterben oder zu wenig neue nachgepflanzt werden, wird es für Deutschland noch schwieriger, die Klimaschutzziele zu erreichen“, sagt Schwarze. 

Und auch die Landwirtschaft leidet, wenn auch nicht gar so schlimm wie 2018. So erwarten die Bauern beispielsweise beim Getreide eine Ernte nur knapp unter dem Durchschnitt. Bei anderen Anbauarten wie Mais, der im Sommer auf Niederschläge angewiesen ist, dürfte sich die Trockenheit im Herbst auf die Ernte etwa im Norden und Osten Deutschlands auswirken. Doch abhängig ist die landwirtschaftliche Produktion nicht nur vom zeitlichen Verlauf der Niederschläge, sondern auch von den Bodeneigenschaften. „Böden wie etwa Schwarzerden können gut ein paar Wochen ohne Niederschläge auskommen, wenn es zuvor ausgiebig geregnet hat und der Wasserspeicher gut gefüllt ist“, erklärt UFZ-Bodenforscher Hans-Jörg Vogel. Sandige Böden, die kaum Wasser speichern könnten, bräuchten dagegen regelmäßige Niederschläge. Verschärfen könnte sich die Situation, wenn Böden durch schwere Maschinen verdichtet sind. „Getreidewurzeln, die unter normalen Umständen bis zu 1,50 Meter tief reichen können, kommen deswegen nicht mehr an Wasser in der Tiefe ran“, sagt Vogel.

Um in Zeiten von Dürre und Hitze die Schäden für die Agrarwirtschaft zu begrenzen, kommt es künftig verstärkt auf die richtige Bearbeitung des Bodens an. So können Landwirte den Boden während des Winters in niederschlagsreicheren Regionen durch den Anbau einer Zwischenfrucht wie Gelbsenf und in trockeneren Regionen durch das Liegenlassen von Streuresten gut gegen die Verdunstung schützen. Auch der Anbau trockenresistenterer Anbauarten ist möglich. Künstliche Bewässerung ist eine weitere, allerdings kostspielige Option, die jedoch ökologische Folgen hat. „Wenn jeder Landwirt künftig auf künstliche Bewässerung setzt, reduziert das die Grundwasservorräte und schädigt Oberflächengewässer“, sagt Vogel. Wie das Jahr 2019 meteorologisch nun ausklingen wird, wird sich zeigen. Doch klar scheint: Um die Trockenheit in einer Tiefe von bis zu 1,80 Meter zu beenden, bräuchte es stetigen Landregen, idealerweise über mehrere Wochen hinweg.

Dürremonitor Deutschland

Der Dürremonitor stellt den aktuellen monatliche Zustand des Bodens (mittlere Tiefe: ca. 1.8 m) in 5 Trockenklassen in Deutschland dar. Zusätzlich wird der Zustand des Oberbodens bis 25 cm Tiefe gezeigt, der schneller auf kurzfristige Niederschlagsereignisse reagiert. 

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