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Fusionsforschung

„Ein erster Schritt auf dem Weg zur Zündung“

Metallgehäuse mit der Brennstoff gefüllten Kapsel für das Fusions Experiment. Bild: Eduard Dewald/LLNL

Amerikanische Fusionsforscher berichten in „Nature“ über einen Erfolg bei der laserinduzierten Kernfusion und lösen ein gewaltiges Medienecho aus. Wir sprachen mit Sibylle Günter vom IPP Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, um die Ergebnisse einzuordnen

Ein Interview mit Sibylle Günter, Wissenschaftliche Direktorin am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), einem assoziierten Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft.

Amerikanischen Fusionsforschern ist es gelungen, einen Energiebetrag von 17 Kilojoule aus einem Fusionsexperiment zu gewinnen. Was genau haben die Forscher gemacht?

Es gibt zwei Ansätze in der Fusionsforschung. Zum einen die Kernfusion unter magnetischem Einschluss, an der wir am IPP und auf internationaler Ebene künftig am ITER forschen. Dabei wird das Fusionsplasma durch Magnetfelder eingeschlossen. Der andere Weg ist die laserinduzierte Fusion. Hier befindet sich eine Kapsel mit Brennstoff in einem wenige Millimeter großen Hohlraum. Dieser Hohlraum wird mit Laser-Impulsen beschossen. Das Laserlicht wird dabei in Röntgenstrahlung umgewandelt. Die Röntgenstrahlung heizt die Kapsel auf. Man verliert dabei aber etwa einen Faktor 10 an Energie, weil nur zehn Prozent der Röntgenstrahlung von der Kapsel absorbiert wird. Beim Aufheizen der Kapsel wird die äußere Hülle abgesprengt und das Innere der Kapsel zusammendrückt. Auch dabei geht Energie verloren, wiederum etwa um den Faktor 10. Trotz der Verluste ist es nun also gelungen, das Plasma mit Fusionsenergie zu heizen. Insgesamt beträgt die beobachtete Fusionsenergie - wie die Wissenschaftler auf der Pressekonferenz berichtet haben - ein Prozent der zugeführten Laser-Energie.

In einigen Medien ist von einem Durchbruch in der Fusionsforschung die Rede. Warum ist das so?

Gelungen ist es, erstmals den Brennstoff - also das Gasgemisch, dessen Kerne fusionieren sollen - genauso stark mit Energie aus der Fusion zu heizen, wie mit Energie, die dem Brennstoff von außen zugeführt wurde. Die Wissenschaftler haben dabei einen sehr interessanten Plasmazustand erzeugt. Sie selber sprechen nicht von einem Durchbruch im Sinne der Energiegewinnung. Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass die Effizienz insgesamt noch sehr gering ist. 

Wie hoch ist denn der Ertrag beim magnetischen Einschluss?

Hier können schon bis zu 60 Prozent der eingebrachten Energie wiedergewonnen werden. Ziel des Forschungsreaktors ITER ist es zu zeigen, dass zehn mal mehr Energie herausgeholt werden kann als man reinsteckt. Für ein Kraftwerk wollen wir dann noch weiter gehen, um effizient Energie aus der Fusion zu gewinnen.

Wie beurteilen Sie die Anwendbarkeit der laserinduzierten Kernfusion im Vergleich zum magnetischen Einschluss?

Das ursprüngliche Ziel der laserinduzierten Fusionsforschung an der National Ignition Facility war die Zündung. Damit war gemeint, mindestens genauso viel Energie herauszubekommen, wie man reinsteckt. Das ist noch nicht gelungen. Aber es ist gelungen das Fusionsplasma mit erzeugten Alpha-Teilchen zu heizen. Das ist eine wissenschaftlich sehr interessante Entdeckung und vielleicht ein erster Schritt auf dem Weg zur Zündung.Was die Effizienz angeht ist der Magneteinschluss der laserinduzierten Fusion also beim heutigen Stand der Technik überlegen.

Warum wird die laserinduziere Fusionsforschung dann so intensiv betrieben?

Diese Forschung hat auch eine militärische Komponente. Die Kapseln sind so etwas wie Modelle für kleine Wasserstoffbomben. Das ist auch kein Geheimnis. Dieser Hintergrund macht es verständlich, dass in diese Forschung auch beträchtliche finanzielle Mittel aus dem Militärbereich fließen. Außerdem handelt es sich bei der Fusionsforschung um Grundlagenforschung. Auch wenn die Laserfusion auf dem Weg zu einem Fusionskraftwerk bisher noch deutlich im Rückstand ist - besonders in technologischen Fragen - kann man die zu erwartenden Fortschritte ja nie wirklich vorhersagen.

Bild: Axel Griesch, MPG

Prof. Sibylle Günter ist wissenschaftliche Direktorin des IPP Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik. Bis 2011 leitete sie den Bereich "Tokamaktheorie". Seit 2001 ist sie Professorin an der Universität Rostock, seit 2006 Honorarprofessorin an der Technischen Universität München. 

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