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Wissenschaftsbild des Monats

Sicherheit in der U-Bahn

Bild: Ralf Eisenbach / im Auftrag des Forschungszentrum Jülich

In der griechischen Mythologie stieg Orpheus in die Unterwelt hinab, um seine Geliebte zurückzuholen. Nicht in die Unterwelt, aber in das unterirdische Bahnnetz Berlins wagen sich Forscher im gleichnamigen Projekt vor. Um die Sicherheit zu erhöhen, wollen sie mehr über Brandentwicklung und Fluchtwege in U-Bahnhöfen herausfinden.

Die Berliner U-Bahnstation Osloer Straße liegt in dichtem Rauch. Die Feuerwehr ist mit schwerem Gerät angrückt – aber nur für eine Übung. Die Ursache des Rauchs ist kein echter Brand, sondern eine künstliche Rauchquelle, die Jülicher Wissenschaftler für ein Forschungsexperiment namens ORPHEUS aufgestellt haben. Der Name ist Programm. Die Figur des Orpheus aus der griechischen Mythologie, im Christentum auch Vorbild für den guten Hirten, steht hier für das Ziel, Menschen im Falle eines wirklichen Brandes im Untergrund schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen. Inhalt der Forschung dazu ist, zuverlässige Rauchströmungsvorhersagen zu treffen. Dazu müssen die Forscher wissen, wie sich Rauch in komplexen Schacht- und Tunnelsystemen ausbreitet. Denn Rauch ist bei einem Brand die größte Gefahr für den Menschen. Er ist in der Regel hochgiftig, behindert die Sicht und erschwert damit die Orientierung. 

Für einen Großversuch erzeugten die Forscher auf dem Bahnsteig der Berliner Linie U8 mit Gasbrennern und zusa?tzlichen Nebelmaschinen einen intensiven ku?nstlichen Rauch, der sich wie echter Brandrauch in der Station verteilt. Der Vorteil eines solchen Versuchs unter möglichst realistischen Bedingungen ist, dass die Wissenschaftler später die gesammelten Daten mit denen aus ihren Vorberechnungen vergleichen können. Die abgeglichenen Daten bilden die Grundlage für Simulationen und physikalische Modelle im verkleinerten Maßstab, mit denen sich dann prognostizieren lässt, wie sich der Rauch ausbreitet und welche technischen Maßnahmen sinnvoll eingesetzt werden können. Die Komplexität der Branddynamik ist eine echte Herausforderung, denn viele Effekte lassen sich gar nicht einzeln betrachten, sondern nur in ihrer Gesamtheit. Deshalb arbeiten im ORPHEUS-Projekt Menschen mit unterschiedlichen Qualifikationen zusammen: Sicherheits- und Veranstaltungstechniker, Mathematiker, Geografen, Bauingenieure, Kommunikationswissenschaftler, Psychologen, Physiker und Rettungskräfte. Gemeinsam entwickeln sie Brandschutz- und Evakuierungskonzepte, von denen am Ende der Fahrgast profitiert.

Weitere Informationen:

ORPHEUS-Projektwebsite

"Abstieg in die Unterwelt" - Beitrag aus dem Forschungsmagazin effzett

Franziska Roeder

Multimedia Editor
Helmholtz-Gemeinschaft