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Helmholtz Perspektiven 0316

25 Forschung JUnQ – Ungelöste Fragen Von Sinn und Bild Wie „sehen“ blinde Menschen? Haben sie von ihrer Umwelt ein Bild, das dem der Sehenden gleicht? Eine offene Frage aus dem Journal of Unsolved Questions (JUnQ) Helmholtz Perspektiven  September – Oktober 2016 Weitere ungelöste Fragen: www.junq.info Viele kleine Kinder bekommen irgendwann im Laufe ihrer Entwicklung ein ganz besonderes Spiel- zeug in die Hand. Sie sollen geometrische Figuren wie einen Würfel, eine Kugel oder eine Pyramide durch entsprechend geformte Löcher in eine Box stecken. Am Anfang liegen die Kinder noch oft falsch. Doch recht schnell haben sie den Bogen raus und erlernen die Formen durch Betrachten und Anfassen. Nur ein Kinderspiel? Mitnichten, zumal, wenn die Bedingungen verschärft sind! Mit nur einem Sinn – dem Tastsinn – ist diese Übung schon deutlich schwieriger. Und genau damit müssen viele Menschen klar- kommen, nämlich all diejenigen, die nicht sehen können. Eine Frage, die sich Sehenden wie nicht Sehenden damit gleichermaßen stellt, ist die nach der bildlichen Vorstellung, die Blinde von Formen haben. Gleichen sie der von nicht Blinden? William Molyneux, ein Irischer Philosoph und Politiker, stellte bereits 1688 eine ähnliche Frage in einem Brief an seinen Kollegen John Locke: Wenn ein erwachsener, blind geborener Mann, erlernte Würfel und Kugeln per Tastsinn zu unterscheiden und zu benennen und schließlich das Sehvermögen erlangte, könnte er die beiden Gegenstände dann allein mit Hilfe seines neuen Sinns ebenso benen- nen, also ohne sie zu berühren? Diese Frage – das Molyneux Problem – erregt bis heute die Aufmerk- samkeit vieler Wissenschaftler und Philosophen. Die Frage lautet: Ist das Auge in der Lage, die geometrische Form von Objekten durch das bloße Ansehen zu erkennen oder ist dies bloß Ergebnis einer gemeinsam mit dem Tastsinn erlangten Verbindung? Also, wie verstehen Blinde Formen; welches Bild machen sie sich davon? Erst vor kurzem, im Jahr 2011, gelang es Medizi- nern, fünf von Geburt an blinden Kindern im Alter zwischen 8 und 17 Jahren das Sehvermögen zurückzugeben. Per Tastsinn hatten die Kinder schon Kontakt mit den genannten Objekten. Konnten sie sie allein mit ihrem neuen Sinn auch dem Ertasteten zuordnen? Nein! Sie waren nicht dazu in der Lage, konnten die Verbindung nach Betasten aber sehr schnell herstellen. Trotz dieses einmaligen Forschungs- erfolgs sind die Diskussionen zum Molyneux Problem also immer noch nicht am Ende.  Andreas Neidlinger

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